Special chapter - Silvester

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Ich lehnte mich unglücklich auf meine Handflächen und starrte hinaus in den dunklen Abend. Die Fensterscheibe war von einer leichten Frostschicht überzogen, welche in der einfallenden Abendsonne wie Diamanten funkelten.

Doch mir fehlte jegliche Freude an dem Glitzern oder der Voraussicht,  dass bald Mitternacht sein würde. Es war der Beginn eines neuen Jahres. Einer neuen Möglichkeit sein Leben zum Besseren zu verändern. Sich völlig neu zu entfalten und Lebensziele zu erreichen.

Oder vielleicht war es nur eine Nacht wie jede andere.

Silvester traf mich jedes Jahr wie ein verdammt harter Schlag in den Magen. Eine Erinnerung daran, dass ich ein Angsthase und eine absolute Versagerin war. Ich liebte die wundervollen Raketen, welche zum Beginn des neuen Jahres den Himmel erleuchteten. Die Konfetti-Kanonen und Tischknaller, aus denen die eigenartigsten Plastikfrösche hervor kamen. Der Geruch von Raclette und im Hintergrund die schrecklichen Aufnahmen von Schlagerparaden, welche bereits mehrere Jahre zurückliegen und dennoch von niemandem vermisst wurden. 
All das liebte ich von ganzem Herzen und doch hatte mich das Schicksal nunmal so getroffen, dass ich zu Beginn des neuen Jahres traurig vor dem Fenster saß und in den Himmel blickte.

Zu meinem eigenen größten Bedauern, konnte ich das laute Knallen der Raketen und Batterien nicht ertragen. Immer wieder probierte mich meiner Angst zu stellen und hinaus in die Nacht zu gehen. Sobald mich jedoch das Knallen der Raketen packte, geriet mein ganzer Körper in Panik. Mein Herz bebte in meiner Brust. Mein Puls raste. Jegliche Reaktion war völlig unmöglich.

Und so lief es bereits seit Jahren.

Mit der Zeit hatte ich mich daran gewöhnt und begonnen, die Silvesterraketen nurnoch vom Fenster aus zu beobachten. Während alle anderen draußen waren und feierten, saß ich am Fenster und beobachtete die Wunder am Himmel. Es brach mir das Herz. Jedes Jahr.

Dieses Jahr war das erste, was ich mit Gonzo und der Skatergang verbrachte. Mir graute bereits seit mehreren Wochen vor diesem Moment der Trauer. Es zog mich so sehr in meine Gedanken zurück, dass ich nicht einmal bemerkte, wie Gonzo sich mir langsam näherte.

"Hey, mein kleiner Stern." Flüsterte Gonzo und legte eine Hand auf meine Schulter. Ich blickte überrascht auf und lächelte ihn schwach an, nicht beabsichtigt sondern eher aus einem Gefühl heraus. Mir war nicht bewusst, dass Gonzos Blick augenblicklich etwas kälter wurde.

"Was ist los?" Fragte er. Ertappt starrte ich auf den Boden. Ich hatte bereits vor einiger Zeit erwähnt, dass ich nicht hinaus gehen würde an Silvester. Dennoch erschien es mir viel zu peinlich, um es tatsächlich auszusprechen in seiner Gegenwart.

"Nichts, alles gut." Behauptete ich bestimmt und machte mich bereit sozusagen fluchtartig meinen aktuellen Aufenthaltsort zu verlassen.

"Sicher?"

"Absolut."

"Absolut?"

"Ja." Sein Blick verfinsterte sich nich mehr als zuvor und er trat einen Schritt näher an mich heran. Uns trennte kaum mehr als eine Hand breit.

"Y/n...du weißt ich mag es nicht, wenn du mich anlügst." Eine plötzliche eisige Kälte kroch durch meine Adern. Er hatte es bemerkt. Er hatte meine Lüge durchschaut. Doch was sollte ich sagen?

"Gonzo es tut mir leid, ich bin leider unfähig mich lauten, knallenden Geräuschen entgegenzustellen und freue mich nicht auf Silvester." Das könnte ich wohl kaum ernsthaft sagen.

"Tut mir leid..." murmelte ich schließlich, um überhaupt irgendetwas sagen zu können. Gonzo nickte akzeptierend, legte seine Handflächen an meine Wangen und beugte sich leicht zu mir.

Gonzo Gonzales X Reader // Die wilden KerleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt