Von Entscheidungen und Konsequenzen

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Das Heulen ließ eine Gänsehaut Acarions Arme hinunterlaufen. Und es half nicht, dass das Geräusch durch die Eigenheiten des Schlachtfelds mittlerweile wieder unangenehm laut gegen seine Ohren drückte.

Sie waren kaum fünf Schritte weit gekommen, als sich die Lichtverhältnisse schlagartig änderten. War die Sonne bis dahin schon als helle Scheibe am Himmel zu sehen gewesen, schien sie nun auf dem besten Weg zu sein, auf sie hinunterzustürzen. Geblendet hob Acarion die Hand.

Gleißende Hitze überspülte die kleine Gruppe. Acarion konnte die Augen nicht mehr öffnen, sah nur noch grelles Weiß selbst durch die geschlossenen Lider. Das Jammern, dem sie gefolgt waren, wurde durch einen Schreckens- oder Schmerzensschrei abgelöst.

„Wir gehen weiter", kommandierte Acarion. Es würde keinen Sinn ergeben, sich aufhalten zu lassen. Höchstwahrscheinlich würde die Anomalie vergehen, wie die vorangegangenen auch.

„Wenn ich in irgendetwas reintrete, das ich nie an meinen Füßen haben wollte, mache ich dich verantwortlich", teilte Yona ihm mit, doch er konnte die Anspannung in ihrer Stimme hören.

„Ist da jemand?", rief Corrion.

Acarion hätte ihn gern zurechtgewiesen, kam dann aber zu dem Schluss, dass es unnötig gewesen wäre. Wahrscheinlich waren sie ohnehin schon längst entdeckt worden.

Und tatsächlich antwortete ihnen jemand, ein dünner Hilfeschrei, der dann von einem halblauten Fluch einer anderen Stimme überdeckt wurde.

Blind taumelten sie weiter. Acarion glaubte förmlich zu spüren, wie die Sonne die unbedeckte Haut in seinem Gesicht verbrannte. Schweiß sammelte sich auf seiner Stirn und unter seiner Kleidung, doch noch immer konnte er die Augen nicht öffnen.

„Hier!" Eigentlich hätte es Acarion früher auffallen müssen. Vielleicht hatte er einfach so wenig damit gerechnet, dass er nicht einmal auf die Möglichkeit geachtet hatte: Er kannte diese Stimme. Und er ahnte nun auch, wer sie mit einem Fluch zum Schweigen zu bringen versucht hatte.

Wie aufs Kommando ließ die brennende Hitze nach. Das blendend helle Licht vor Acarions Lidern wurde zu einem hellen Rot und er konnte die Augen blinzelnd wieder öffnen. Es war kein erfreulicher Anblick, der ihn erwartete.

In geringer Entfernung kauerte Fiona auf dem Boden. Grimor türmte sich neben ihr auf und hatte seine Keule angriffslustig erhoben. „Haltet euch fern", bellte er, sobald Yona, Corrion und Lira sich ebenfalls über die tränenden Augen gerieben und die Situation erfasst hatten. „Wir haben nichts mehr miteinander zu schaffen."

Die Gedanken in Acarions Kopf rasten. Was machten die zwei Sklavenhändler am gefährlichsten Ort Tavagariens? Was konnte sie dazu gebracht haben? Was bedeutete das für ihn?

Er hob abwehrend die Hände. „Wir wollen euch keinen Schaden zufügen."

„Da wäre ich anderer Meinung." Lira war nach vorne getreten. Sie hatte Tónyas Axt nach ihrem Tod erobert und schien nun darauf zu brennen, sie einzusetzen. Grimor hob seine Keule ebenfalls.

„Dann finde heraus, wie sich die hier auf deinen Knochen anfühlt."

„Halt." Acarion legte alle Autorität, die er aufbringen konnte, in den Befehl. Und auch, wenn es Grimor nicht kümmerte, so zuckte zumindest Liras Blick zu ihm. „Was ist mit ihr?"

Er nickte mit dem Kinn zu Fiona hin, die noch immer auf dem Boden saß, beide Hände um ihr rechtes Bein geklammert.

„Sie ist umgeknickt", erwiderte Grimor knapp. „Hat sich den Knöchel verstaucht."

Acarion hätte Fionas irritierten Blick nicht gebraucht, um zu wissen, dass Grimor log. „Lügen, Grimor?", fragte er leise. „Ich dachte, das hätten wir hinter uns gelassen."

Die Seele des MagiersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt