Es war Yona, als würde sie sich durch Schlamm wühlen, als sie sich auf die Füße kämpfte. Alles in ihr schrie Gefahr, du musst kämpfen, aber ihre Gliedmaßen reagierten träge. Der Geruch der Kräuter hing noch in ihrer Nase, ihrem Hals, ihrem Mund. So oft sie auch ausspuckte, sie wurde ihn nicht los.
Schemen huschten vor dem Feuer hin und her. Kämpfende Schatten, die für sie keinen Sinn ergaben. Was war geschehen? Was waren das für Leute? Wer stand auf wessen Seite?
Eine Silhouette näherte sich ihr. Schmal, schmaler noch als die Leute, die – Foks. Yona trat einen Schritt zurück. Foks hielt einen Speer in der Hand.
„Foks –"
Er war nun nah genug, dass sie die Tränen auf seinem Gesicht sehen konnte.
„Du hast mich angelogen."
„Ich habe nicht –" Wieder wünschte Yona sich, ihre Gedanken klarer ordnen zu können. „Ich wusste nicht, wie sich diese Nacht entwickeln würde, bitte glaub mir, ich hätte niemals –"
„Sie sind tot."
Wer, wollte Yona fragen, doch sie ahnte, dass die Antwort keinen Unterschied gemacht hätte. Jemand, der Foks wichtig war. Jemand, von dem sie gesagt hatte, dass ihnen nichts geschehen würde.
„Es tut mir so leid."
Aber Foks hörte ihr nicht mehr zu. Mit einem wütenden Schrei sprang der Junge auf Yona los und als sie zur Seite auswich, wusste sie, dass sie hier nichts mehr würde ändern können.
Sie zog ihre Ruhka und wieder fühlte es sich an, als würde sie gegen Schlamm ankämpfen. Dieses Mal jedoch war der Grund ein anderer.
„Foks –" Die Bitte war so leise, dass sie selbst sie kaum hören konnte.
Ihr ganzer Körper vibrierte, als sie Foks' Waffe abwehrte.
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Eine unsichtbare Mauer stieß Sorkan zu Boden, gerade noch rechtzeitig von Acarion in die Luft gezogen. „Hast du immer noch nicht genug?", höhnte er. „Soll ich dir veranschaulichen, was wahre Schmerzen sind?"
Er hatte seinen Degen noch nicht zurück, doch das war nicht von Bedeutung. Stattdessen setzte er einen Fuß auf Sorkans Brust. Die Veralenergie pulsierte in ihm. „Willst du nicht davon absehen, mich weiter zu verärgern?"
Wieder verstärkte Acarion das Schmerzempfinden des Sklavenhändlers. Sorkan verkrampfte und wand sich unter dem Stiefel. Acarion hätte nicht zu sagen vermocht, woher die plötzliche Anwandlung der Grausamkeit stammte, aber er wollte sich dieses Gegners ein für alle Mal entledigen.
„Lass ihn in Ruhe!", kreischte eine neue Stimme und Tónya mischte sich in den Kampf ein. Sie hatte sich irgendwo einen Dolch organisiert.
Acarion war gezwungen, zurückzuweichen und Sorkan freizugeben. Vielleicht hätte er ihn direkt töten sollen.
Unbewaffnet war es eine Herausforderung, zwei Menschen gleichzeitig fernzuhalten.
Er konzentrierte sich und sammelte die Veralenergie in seinen Händen.
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Yona riss die Ruhka hoch und schlug eine Kerbe in Foks' Speer. Wassertropfen regneten von den beiden Waffen auf sie herab.
Im Feuerschein konnte sie die Angst in den Augen des Jungen sehen, die wilde Entschlossenheit dahinter. Er hatte sich entschieden, sie für ihren Betrug zu bestrafen.
Es zerriss Yona innerlich, aber was erwartete sie, was geschehen würde? Sie konnte Foks nicht bis in alle Ewigkeiten hinhalten. Die anderen brauchten sie. Wer auch immer die anderen waren.
Der Kampf hatte sie auf das Lagerfeuer zugetrieben, das heller loderte als noch zuvor. Die Hitze flutete über Yonas Gesicht, als sie Foks' Angriff ein weiteres Mal auswich.
Dann machte sie einen falschen Schritt, wahrscheinlich war sie auf einen aus dem Feuer hinausgerollten Ast getreten. Sie rutschte weg, war nur den Bruchteil eines Herzschlages aus dem Gleichgewicht gebracht.
Foks war gut genug, um seine Chance zu erkennen. Die Speerspitze schoss auf Yona zu.
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Die flackernden Schatten des Feuers machten die Orientierung im Kampf schwierig. Acarion wusste, dass Tónya und Sorkan ihn vor sich hertrieben, aber es gab keine Wand, in die er laufen konnte.
Aus dem gleichen Grund fürchtete er den Moment, in dem sich ihm jemand von hinten nähern würde. Er hatte Grimor und Fiona noch nicht gesehen.
Jemand ein Stück abseits schrie. Yona?
„Du brauchst nicht zufällig Hilfe?" Es warder junge Mann, der sich gegen Múran aufgelehnt hatte. Diese Konstellationhatte Acarion noch nicht durchschaut.
Acarion antwortete nicht, aber als er sich unter Tónyas Angriff hinwegduckte, nahm Erion seinen Platz ein und fing die Klinge auf. Es gab Acarion einen winzigen Moment, um zu atmen.
Im nächsten sandte er ein Lichtbündel in die Richtung von Sorkan, verfehlte in knapp und konzentrierte sich auf ein Neues.
Das Blatt hatte sich gewendet.
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Es war der pure Instinkt, der Yona ausweichen ließ und es war der pure Instinkt, der ihre nächste Bewegung steuerte. Abläufe, die Kaedras ihr geduldig, aber gnadenlos antrainiert hatte, bis sie ihr in Fleisch und Blut übergegangen waren.
Noch halb in der Ausweichbewegung verlagerte Yona bereits ihr Gewicht nach vorne, drehte sich aus der Richtung des Angriffs weg und führte die Ruhka in einem weiten Bogen um sich herum.
Es war ein Manöver, das eigentlich darauf abzielte, den Gegner am Hals oder wenigstens an der Schulter zu treffen. Jedoch war Yonas Angreifer in diesem Fall kleiner. Und so bohrte sich die Klinge tief in Foks Schläfe.
Schlagartig wurde es still.
Mit einem Aufschrei wich Yona zurück und ließ ihre Waffe los, noch während Foks' Speer sich aus dessen erschlaffendem Griff löste und zu Boden fiel.
Langsam sackte Foks nach vorne.
Ein Teil von Yona wollte hinzu schnellen, wollte den Jungen auffangen, während er fiel, auch wenn sie wusste, dass sie ihm nicht mehr helfen konnte. Aber ihre Muskeln reagierten nicht, als er neben seiner Waffe auf dem Boden aufschlug, als das Blut aus seiner Wunde langsam eine Lache im feuerroten Lichtschein bildete.
Yonas Körper wurde taub. Kurz sah sie ihr Gesicht in der Lache, in der sich Foks' Blut mit dem Licht des Feuers vermischte und ihr einen blutigen Spiegel vorhielt.
Aber sie konnte nicht warten, konnte nicht reflektieren, was sie gerade getan hatte. Sie hatte zu tun.
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Tónya war zu sehr auf Acarion und Erion konzentriert, um zu sehen, was hinter ihr geschah. Der ältere Mann, der Acarion schon einmal zur Seite gesprungen war, hatte seinen bisherigen Gegner offenbar hinter sich gelassen.
Er trug einen unterarmlangen Dolch mit sich und in dem Moment, als Acarion einen Blick in seine Richtung warf, stieß er Sorkan die Klinge in den Rücken.
Der Menschenhändler schrie nicht. Er gab lediglich einen erstickten Laut von sich, als wäre er überrascht. Seine Augen wurden bereits dumpf, als er neben dem Feuer auf den Grasboden sackte.
Es war, als hätte Tónya sofort gespürt, was geschehen war. Mit einem animalischen Schrei fuhr sie herum. Unwillkürlich wich Acarion einen Schritt zurück. Sein letztes Lichtbündel zerstob in einer Funkenwolke.
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Die Seele des Magiers
Fantastik„Die Welt ist kein Märchen. Sie ist auch kein heldenhaftes Epos. Sie ist dreckig und mörderisch und die Helden haben am Ende genauso blutige Hände wie die Bösewichte. Ich weiß nicht, wie schwer es sein wird, sich den Verox zu nähern. Ich weiß nicht...