Von Einsamkeit und Verständnis

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Die Flammen erschienen Yona plötzlich wärmer, angenehmer, als würde die Hitze sie unterstützen anstatt sie zu verbrennen.

Wie schon beim letzten Mal flüchtete sie sich darin, Ofris Hals zu tätscheln. Es war ein Wunder, dass das Pferd immer noch so ruhig war, trotz des Kampfes, der stattgefunden hatte.

Schweigen breitete sich zwischen Acarion und Yona aus. Eine seltsame Stimmung hing zwischen ihnen, dünn und zerbrechlich, aber auch klar wie Glas. Yona kramte in ihrem Kopf nach den richtigen Worten.

Schließlich wurde ihr die Entscheidung von Acarion abgenommen. Er breitete die Arme in einer fast schon aggressiven Geste aus. „Na komm. Verurteile mich endlich."

Yona atmete zittrig aus und wickelte eine Strähne von Ofris Mähne um ihre Finger. „Dieses Mal nicht. Ich hasse, was du getan hast. Aber es musste wohl sein."

Endlich schaffte sie es, Acarion ins Gesicht zu schauen. Er musterte sie und eine schmale Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen. Etwas wie Überraschung lag darin. Die Arme ließ er sinken.

Yona schob das Bild von Foks' Blick zur Seite, das sich in ihre Gedanken drängen wollte. Auch das hatte sein müssen.

„Du wirst mich nicht los", brachte sie schließlich hervor und wünschte sich einen Moment später, sie hätte irgendetwas Anderes gesagt.

„Das kann ich sehen", sagte Acarion kühl, aber nicht so abweisend, wie sie es von ihm kannte. Im Gegenteil, er sah sie an, als würde er auf etwas warten. Ihm verliehen die Flammen nichts Weiches, eher schienen sie die Schatten zu vertiefen, die ihn umgaben.

„Ich weiß, dass du mich eigentlich nur loswerden willst. Dass ich dir auf die Nerven gehe. Ich bin nicht blöd." Zu Yonas Überraschung wirkte Acarion so, als wollte er widersprechen. Widerwillig. Doch er tat es nicht, also redete sie einfach weiter. „Du hast versucht, mir Zeit zu erkaufen, damit ich wegrennen kann – im Blutdorngebirge. Nachdem wir uns so – angeschrien haben."

Yona löste den Knoten aus Ofris Haaren um ihre Finger, begann aber direkt wieder damit, seine Mähne abwesend zu kämmen. Sie musste ihren Händen irgendetwas zu tun geben.

Acarion schwieg zu ihrer Feststellung, aber es lag beinahe greifbar in der Luft, was keiner von ihnen aussprechen wollte: eine Entschuldigung. Dafür, sich gegenseitig ausgenutzt zu haben. Dafür, sich Dinge an den Kopf geworfen zu haben, die nur gesagt wurden, um sich selbst zu schützen.

„Ich habe nichts gegen dich", seufzte Acarion schließlich. „Du bist nur so unberechenbar, dass ich nie weiß, wohin du deinen nächsten Schritt setzen wirst und ob das darauf folgende Beben alle meine Pläne zum Einsturz bringt."

Sonst würden wir hier wahrscheinlich nicht stehen, schoss es Yona durch den Kopf. Hättest du mich von Anfang an durchschaut, wären wir nie so weit gekommen. Ich zumindest nicht.

„Dann lass mich erklären", sagte sie leise. „Ich wollte nie ... eine – das sein, als das du mich da bezeichnet hast." Eine Hure, die aus ihrem Puff weggelaufen ist.

Sie hob das Kinn. Sie würde sich jetzt nicht wieder zurückziehen. Er sollte nicht glauben, dass sie sich schämte. „Ich bin es jetzt nicht mehr. Witzigerweise hat es den Krieg gebraucht, dass ich da weggekommen bin. Er sorgte dafür, dass ein – Freund von mir da vorbeikam. Er gehörte zu einer Gruppe Kämpfer und er hat mich aufgenommen. Hat mir beigebracht, auf eigenen Füßen zu stehen."

Kaedras. Was er sich wohl denken würde, wenn sie so lange nichts von sich hören ließ? Ofris Mähne zwischen ihren Fingern erinnerte sie plötzlich schmerzhaft an ihn. Er war es gewesen, der ihr das Reiten beigebracht hatte. Wie so vieles mehr.

Die Seele des MagiersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt