shattered dreams

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Der letzte Pfiff und das Jubeln der spanischen Fans waren nur noch ein dumpfes Rauschen in ihrem Ohr, als sie sich langsam zu Boden sinken ließ.
Alles zog sich in der 32-Jährigen zusammen, als sie langsam realisierte, was sie gerade verloren hatte.
Der Titel war so nah und doch schien er plötzlich wieder so weit weg.

Eine Träne bahnte sich ihren Weg über Alex Wange, während eine warme Brise durch das Stadion in Eindhoven wehte.
Ihr Herz schlug immer schneller, als sie den glühenden Rasen des Stadions unter ihren Händen spürte, mit denen sie sich noch aus letzter Kraft abstützte.

Sie konnte die Blicke ihrer Teamkollegen spüren, die gleichermaßen niedergeschlagen und verloren wirkten. Die Stille im Stadion war ohrenbetäubend, und Alex fühlte sich wie in einem Vakuum gefangen, isoliert von allem und jedem um sie herum.

In diesem Moment fühlte sich Alex wie eine Gestrandete auf einem einsamen Planeten, weit weg von allem, was sie kannte und liebte; weit weg von Ida.
Sie schien plötzlich so weit weg, dabei war sie ganz nah bei ihr.

Die Silber Medaille war wie ein schweres Seil, was sich um die Kehle der Stürmerin schnürte und das Gefühl nicht richtig atmen zu können, wollte einfach nicht vergehen.
Ihr Hals schmerzte, die Tränen brannten auf ihren Wangen und ihre Sicht verschwamm erneut, als sie den Spanierinnen zu sah, wie sie den Pokal in die Luft streckten.

Sie hätte dort stehen müssen. Sie, mit ihrem Team, mit Svenja, mit Obi, mit Feli.
Es war nicht fair. Es war einfach nicht fair.
Sie hatte ihn doch schon. Der Traum vom Titel, er war so nahe und nun schien er unerreichbar.
All der Ehrgeiz, all die Kraft, all der Wille nur für den zweiten Platz?

Fast schon frustriert über sich selbst vergrub die 32-Jährige ihr Gesicht in ihren Händen und kniff die Augen fest zusammen, in der Hoffnung der Schmerz würde einfach verschwinden.

Jeder Schritt in Richtung Tribüne fiel ihr immer schwerer. Dabei war es doch der Weg in Richtung des Lichts inmitten der Dunkelheit; in Richtung Ida.
Sie sehnte sich nach ihrer Nähe, nach ihrem Trost, nach ihrem Verständnis.

Schon von weitem erkannte sie den besorgten Gesichtsausdruck der Jüngeren. Ihr mitleidiger Blick heftete wie ein nasses Shirt an ihrem Körper.
Für einen kurzen Augenblick trafen sich ihre Augen
und in diesem Moment wusste die Blondine, dass sie trotz allem nicht allein war.

Vorsichtig legte Ida ihre Hände an Alex Wangen, um ihr die einzelnen Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Idas zarte Berührung sorgten dafür, dass die Ältere für eine Sekunde ihre Augen schloss und lediglich die Nähe der Brünette in sich aufsaugte.
Es versetzte der 24-Jährigen ein Stich ins Herz die Ältere so zerstört und traurig zusehen.
Ihre einst leuchtenden Augen blickten ihr mit einer Leere entgegen, die sie noch nie zuvor bei der Stürmerin gesehen hatte.

Wortlos legte sie die Arme um Alex, die sich wenige Sekunden später gegen die Jüngere sinken ließ.
Sie spürte die Erschöpfung und den Schmerz in Alex Körper, aber auch die Sehnsucht nach Trost und Geborgenheit.

Ganz zaghaft klammerte sich die Ältere an Idas Körper, der gerade ihr einziger Halt war. Ihr Herz schlug noch immer unkontrolliert und erneut schnappte sie nach Luft.
Der Druck auf ihrer Brust wollte einfach nicht verschwinden.

Schützend legte Ida ihre Hand an Alex Kopf, was dafür sorgte, dass die Ältere ihr Gesicht in der Halsbeuge der Jüngeren vergrub.
Immer wieder strich sie der Blondine beruhigend über den Rücken.

Es fiel kein Wort, kein Ton, kein Mucks zwischen den beiden. Vermutlich wäre auch jedes Wort eins zu viel gewesen.

Die Wärme von Idas Körper umschloss sie wie eine schützende Decke, und langsam begann Alex, sich zu beruhigen. Ihre Tränen versiegten, und ihr Herzschlag verlangsamte sich, als sie sich an Idas Nähe festklammerte und sich wenn überhaupt möglich noch näher an ihren Körper schmeigte. Die Zeit verlor in dem Moment ihre Bedeutung und die Welt schien für einen Augenblick stillzustehen.

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