Kapitel 24

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Im Stall brannte noch Licht. Ich runzelte die Stirn, als ich auf die Stallgasse trat und mich umsah. Weit und breit war niemand zu sehen.

Der Einzige, der mich bemerkte und erwartungsvoll ansah, war Phönix. Trotz der letzten Tränen, die meine Augenwinkel verließen, schmunzelte ich leise und strich dem roten Wallach über die samtweichen Nüstern. Wie jedes Mal auch, wenn Phönix das tat, erinnerte ich mich an den Tag zurück, an dem ich ihm das erste Mal begegnet bin, als er vollkommen verängstigt gewesen ist und er sich kaum an die Menschen herangelassen hat.

Phönix schnaubte mir in die Hand und rieb seinen Kopf gegen meinen Oberarm.

>>Na, kannst du auch nicht schlafen?<<, flüsterte ich leise. Der Wallach spitzte die Ohren und hob den Kopf. Mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen ließ ich zu, dass Phönix sein Maul über meinen Kopf und die Schläfe gleiten ließ, ehe er seinen warmen Atem in mein Ohr prustete.

Ich lachte leise auf, dabei verließ eine letzte Träne meinen Augenwinkel und ich streichelte ihm weiter den Hals.

>>Scheinbar genauso wenig wie du.<<

Meine Augen weiteten sich und ich wirbelte erschrocken herum. Kaum, dass ich in die grün-blauen Augen meines Gegenübers blickte, musste ich lächeln. >>Tobias<<, hörte ich mich sagen.

Tobias´ Blick wanderte von meinen Augen hinab und blieb an meinen Wangen hängen und sein Lächeln erstarb auf der Stelle.

Er hat die Tränen bemerkt. Oder zumindest die Spuren von ihnen.

Ich drehte den Kopf weg und wischte mit dem Handrücken über meine Augen. >>Tut mir leid, ich ...<< Was sollte ich sagen? Sollte ich ihm davon erzählen, was ich geträumt hatte? Oder sollte ich –

>>Wofür entschuldigst du dich?<< Mein Blick schoss zu meinem Lehrer zurück und ich biss die Zähne zusammen. Wie ich es hasste, Schwäche zeigen zu müssen. >>Ehrlich gesagt, weiß ich es selber nicht.<<

>>Möchtest du mir erzählen, was passiert ist?<< Seine Stimme klang einfühlsam und in seinen Augen blitzte eine Spur von Sorge auf und das ertrug ich nicht.

>>Ich … hatte bloß einen Albtraum, der mich gerade etwas beschäftigt.<<

Tobias nickte verständnisvoll. >>Das ist verständlich. Albträume können es ziemlich in sich haben, nicht wahr?<<

Ich nickte knapp. Eine Gänsehaut schlich sich über meinen gesamten Rücken und erinnerte mich daran, dass ich nichts weiter als ein dünnes Schlaftop mit Spaghettiträgern trug und eine Schlafhose, die mir nicht mal bis zu den Knien reichte.

>>Hier, zieh die an. Nicht, dass du dich noch erkältest.<< Kurzerhand hatte Tobias seine Jacke ausgezogen und kam zu mir, um sie mir um die Schultern zu legen. Verblüfft blickte ich zu ihm hoch. >>D- danke.<< Ich zog mir den Kragen der Jacke enger an den Hals und lächelte ihn dankbar an.

Er lächelte zurück und nickte mir zu. >>In solchen Situationen bricht immer wieder mein Vaterinstinkt aus. Ich hab es nicht gerne, mit ansehen zu müssen, wie jemand bei dieser Nachttemperatur so dünne Kleidung trägt.<<

Jetzt starrte ich ihn nur noch mehr an. Hatte ich mich da gerade eben verhört? Sein Vaterinstinkt bricht in solchen Situationen immer wieder aus?

Ich betrachtete Tobias von oben bis unten und meine Lippen teilten sich. Als Tobias meinen Blick bemerkte, fasste er sich an die Stirn und lachte kurz auf. >>Ach, ihr wisst es ja noch gar nicht, entschuldige bitte. Ich bin Vater einer kleinen Tochter.<< Seine Augen leuchteten wie zwei Aquamarine auf, während er sprach und ich betrachtete den Stolz, der sich mit einem leuchtenden Strahlen durch seine Augen schlich.

L & C Just one promise (?)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt