Kapitel 1

81 3 1
                                    

Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Ich wusste noch nicht einmal, wo nun mein Kopf stand.

Ich fühlte mich ... verloren.

Einsam.

Es war das schrecklichste Gefühl, das es gab.

Irgendwann schnaubte eine warme Pferdenase in meinen Nacken. Ich erwischte mich selbst dabei, wie ich lächelte, jedoch nur für eine Sekunde. Es musste schon weit nach Mitternacht sein und ich fror am ganzen Leib. Mein Atem bebte und mein ganzer Körper zitterte wie Espenlaub, und dabei half es noch nicht einmal, die Arme um meine Taille zu schlingen.

Aber vor allem fror meine Seele. Sie fühlte sich an, als hätte sie jemand entzwei gerissen.

Aber es war mir egal.

Denn es war alles meine Schuld.

Noch vor einen Tag hätte mich Leon gewärmt, egal ob einfach nur seelisch oder körperlich.

Er hätte mich getröstet, egal auf welcher Weise. Er wäre für mich da gewesen

Jetzt ist alles kaputt.

Und daran war nur ich Schuld.

Ich drehte den Kopf und strich Marcur kurz über die Nase. Dann wischte ich mir mit dem Handrücken über die tränenüberströmten Wangen und stand auf. Ich sollte gehen.

Ich nahm Marcurs Zügel und legte meine Hände auf den Sattel. Ich schloss die Augen.

Was gibt's, Clara?

Seine Stimme ist kalt gewesen. So kalt.

Kälter als ich es für möglich gehalten hätte.

Leise aufschluchzend schwang ich mich in den Sattel und nahm die Zügel auf.

Dann gab ich Marcur Schenkeldruck und der schwarz-weiße Hengst galoppierte davon.

***

Das Gestüt wurde von ein paar schwachen Laternen beleuchtet. Noch vor der Einfahrt stieg ich ab und führte Marcur über den Hof.

Am Horizont hatte sich der Himmel bereits rosa gefärbt. Es war nur noch eine Frage von Sekunden, wann sich der erste Sonnenstrahl über die Horizontlinie schleichen würde. Keine einzige Wolke war zu sehen, was ich zu diesem Zeitpunkt gar nicht ausstehen konnte.

Nachdem ich Marcur abgesattelt und ihn in seine Box geführt hatte, verließ ich seine Box und schloss die Tür zu. Dann machte ich mich auf dem Weg zum hinteren Ausgang des Stalls. Wenn es nötig ist, werde ich mich zu Fuß auf den Weg zur Akademie Lennox machen.

Ich war gerade mal nur noch ein paar Meter von der riesigen hinteren Stalltür, lief gerade an den Zuchtstuten vorbei, als neben mir eine Stimme ertönte.

>>Clara?<<

Beinahe wäre mir ein Schrei über die Lippen gekommen. Mit bebendem Herzen schoss ich herum.

Cornelius betrachtete mich von Fayes Box aus, er runzelte die Stirn. >>Ist alles in Ordnung mit dir?<< Er verließ die Box, schloss die Tür und machte einen Schritt auf mich zu.

Ich schluckte schwer. >>Ja.<< Meine Stimme war kaum mehr als ein Krächzen.

Nicht schon zum ersten Mal fiel mir auf, wie unglaublich jung Cornelius aussah. Er war schlank und groß gewachsen, und sah dabei sehr sportlich aus. Für seine vierunddreißig Jahre sah er viel jünger aus. Kein Wunder also, dass sich meine Klassenlehrerin Ms Jun während der Klassenfahrt in ihn verguckt hatte.

Und dann hatte er auch noch sein Aussehen eins zu eins an seinen Sohn weitergegeben. Und genau das war das Schlimmste an der ganzen Sache. Ich sah in ihn Leon.

L & C Just one promise (?)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt