7. Kapitel

50 10 1
                                    

Schweißgebadet wache ich in der Nacht auf und setze mich hin. Durstig sehe ich mich um und habe natürlich in meinem neuen Zimmer keine angetrunkenen Flaschen herum stehen. Genervt stehe ich auf und laufe nach unten in die Küche. Bis ich dort angekommen bin, ist die halbe Nacht vorbei gegangen, so groß war das Haus.

Ich öffne den breiten Kühlschrank und nehme mir eine Wasserflasche heraus. Ich schließe die Tür wieder und laufe los, als ich gerade noch so bremsen konnte, um einer fremden Person nicht reinzulaufen.

Ich reiße die Augen auf und stolpere ein paar Schritte zurück, um Platz zwischen mir und dem Jungen zu schaffen.

"Wer bist du? Und was tust du in meinem Haus?", fahre ich ihn scharf an. Ich sehe kurz an mir runter und lege schützend meine Arme um mich, da mein weißes bauchfreies Top ohne BH nicht wirklich blickdicht ist. Alles abwärts kann ich nicht ändern, da ich nur in meinem Slip da stehe.

Ich dachte aber auch wirklich nicht, dass ich jemand fremdes in meinem neuen Zuhause begegnen werde...mitten in der Nacht.

"Ich wohne gegenüber, dein Dad hat kein Problem damit, wenn ich manchmal hier schlafe", flüstert er und sieht mir höflicherweise nur in meine Augen und nicht an mir runter.

Ich mustere ihn genauer. Er hat dunkelbraune Haare und wenn ich mich bei der Dunkelheit nicht täusche grüne Augen. Blau sind sie auf alle Fälle nicht, soviel kann ich erkennen.
Er hat eine kurze Hose an und ein schwarzes T-shirt. Seine Muskeln an der Brust und an den Oberarmen spannen sein T-shirt. Jetzt erkenne ich auch, dass er der Junge von heute Morgen besser gesagt heute Nachmittag, als ich aufgestanden bin, ist.

"Hat das eventuell etwas mit dem Streit heute Nachmittag zu tun, dass du heute hier schläfst?", frage ich ihn interessiert.

"Wie.."

"Es war kaum, bei geöffnetem Fenster zu überhören, dass es bei euch im Haus eskaliert ist", erkläre ich ihm ehrlich. "Wie heißt du denn jetzt?", will ich nochmal wissen. Er schläft in dem selben Haus wie ich, steht vor mir, während ich halbnackt bin. Da will ich tatsächlich seinen Namen wissen.

"E-"

Plötzlich geht das Licht an und wir kneifen beide unsere Augen etwas zusammen.

"Was macht ihr hier?", sagt mein Vater mit lauter und ernster Stimme.
"Wir hatten beide Durst. Kein Stress, Adam", gibt der Junge von sich.

"Oh Gott, du hast ja fast nichts an. Rachel, geh bitte hoch in dein Zimmer", meint mein Vater dann gestresst.

Ich nicke nur, da ich mich selbst nicht wirklich mit so wenig Bekleidung vor dem fremden Jungen wohl fühle.
Der Junge und ich werfen uns beim vorbeigehen nochmal einen letzten Blick zu. Der Namenlose dreht sich in meine Richtung und mein Vater ruft:"Nein! Dreh dich weg."

Oh Gott, ist das peinlich. Schnell ergriff ich die Flucht und hörte den Jungen noch sagen:"Entspann dich, Adam. Sie ist eh nicht mein Typ."

Autsch. Obwohl ich ihn nicht kenne, nicht mag oder er mir anderweitig wichtig ist, tut der Satz trotzdem irgendwie weh. In meinem bisherigen Leben waren mir die Meinungen von anderen einfach immer extrem wichtig gewesen. Scheinbar immer noch.

Eilig ging ich mit meiner Wasserflasche wieder nach oben in mein Zimmer und legte mich in mein Bett zurück. Frustriert sehe ich um mich. Jetzt ging die lange Nacht weiter. Eine Nacht voller Alpträume. Jetzt wäre ich tatsächlich wieder froh, halbnackt vor dem Jungen zu stehen, statt alleine mit meinen Gedanken.

Ich versuchte erneut mein Glück beim Einschlafen. Nach ewigem hin und her gewälze in meinem Bett, stehe ich doch wieder auf. Dieses Mal ziehe ich mir eine kurze Jogginghose an und eine bequeme dünne Jacke. Ich will nicht wieder überrascht werden.

Leise öffne ich meine Zimmertür und tapse die Treppe hinunter. Ich schiebe die Terassetür auf und laufe wieder barfuß über das immer noch weiche und angenehm warme Gras. Ich steuere auf den Pool zu und lasse meine Beine dann in das warme Wasser hängen. Ich spiele mit meinen Füßen im Wasser etwas herum, bis mich jemand antippt und ich vor Schreck fast in den Pool gehüpft wäre.

"Sorry", kam es von dem Jungen.

Ich atme laut aus und schließe kurz genervt meine Augen, weil ich nicht fassen kann, dass er schon wieder da ist.

"Was willst du?", murre ich und möchte eigentlich lieber alleine sein.

"Eigentlich wollte ich nur fragen, ob ich mich setzen darf, aber ich glaube das hat sich erledigt", gibt er deutlich von sich. Sofort knicke ich ein und hasse es, wie ich im Moment zu anderen bin. So bin ich nicht, aber so fühle ich mich einfach gerade.

Am besten fühlt es sich für mich an, wenn ich meine frustrierten Gefühle an anderen auslasse. So egoistisch es sich auch anhört, es ist einfach so.

"Tut mir leid. Du kannst dich natürlich setzen", murmel ich dann schuldbewusst.

Er setzt sich.

Der Junge hat eine eingefrorene Mimik, was es einem schwer macht herauszufinden, in welcher Stimmung er gerade ist. Ich hasse solche Menschen. Ich möchte jeden einschätzen können und es verunsichert mich, wenn manche so verschlossen sind, wo ich nicht weiß was der andere gerade denkt und fühlt.

"ETHAN!", schreit jemand laut.

Der Junge zuckt zusammen und sieht an mir vorbei. Ich folge seinem Blick bis hin zu seinem Haus. Dort erkenne ich im Dunkeln einen Mann an der Terassentür stehen.

"Komm sofort her. Du lässt mich die ganze Zeit wie blöd suchen. Das findest du lustig was", brüllt der Mann weiter und ich spüre ganz deutlich Ethans Unsicherheit.

"Ich muss gehen", kommt es leise von dem Jungen, während er aufsteht. Sofort stehe ich mit ihm auf und folge ihm bis zum Zaun, was er in seiner Trance gar nicht bemerkt.

"Entschuldigen Sie, Sir. Ich bin wohl Ihre neue Nachbarin und wollte unbedingt Ihren Sohn kennen lernen und habe ihn einfach nicht mehr gehen lassen. Einen tollen Sohn haben Sie da großgezogen", schleime ich mich für Ethan bei seinem Vater ein. Zumindest vermute ich, dass er sein Vater ist.

Der Mann kommt auf uns zu.

Das Einzige was uns trennt ist der Zaun.

◇◇◇◇◇

Wie findet ihr Ethan?

Wie findet ihr Rachel?

Und was haltet ihr von dem Vater?

Eure
Melli♡

You don't pay no rent - to live in my headWo Geschichten leben. Entdecke jetzt