Kapitel 10

73 11 3
                                    

Anna

Er zog sein Shirt aus. "Ich werde jetzt deinen Rücken abtasten, sag mir bitte Bescheid, wenn es zu sehr schmerzt", erklärte ich und begann, seinen Rücken abzutasten. An einer Stelle zuckte er stark zusammen, aber er gab keinen Laut von sich. "Wie soll ich dir helfen, wenn du mich nicht lässt? Du musst mir schon sagen, wo der Schmerz ist. Natürlich verrät dein Körper es, aber zu antworten ist doch nicht so schwer", sagte ich zu ihm. Er sagte jedoch kein Wort. Kopfschüttelnd machte ich weiter und tastete seinen Rücken weiter ab. An einigen Stellen zuckte er immer wieder zusammen. "Herr Bürki, bitte arbeiten Sie mit, sonst kann ich Ihnen wirklich nicht helfen", sagte ich langsam genervt. "Auf einmal Herr Bürki?", fragte er mich. "Ich bin auf der Arbeit", antwortete ich ihm und sagte leise: "Du warst es doch, der sich nicht mehr gemeldet hatte, der meine Anrufe weggedrückt hat". "Es tut mir leid", entschuldigte er sich. "Sie haben sich an der Lendenwirbelsäule verletzt, Sie haben sich durch die falsche Bewegung etwas verschoben, aber das bekommen wir hin, danach strenge Ruhe", sagte ich und führte meine Behandlung fort. Mit etwas Druck und leichten Bewegungen konnte ich die Lendenwirbelsäule wieder richtig einrenken, ohne Schmerzen. Anschließend bekam er noch ein Tape auf seinen Rücken. "Sie können sich wieder anziehen, ich möchte Sie in einer Woche wiedersehen", erklärte ich. Roman nickte, zog sich an und ging. Ich war die letzte, die mit ihren Patienten fertig war. "Hört zu, ich habe euch beobachtet und ich muss sagen, ich bin ziemlich enttäuscht von euch. Zwei eurer Patienten haben in kürzerer Zeit eine Lähmung davongetragen, deswegen habt ihr beide die Prüfung nicht bestanden. Ihr beiden taugt nichts für den Beruf, nehmt euch ein Beispiel an Anna. Sie hat sich mit dem Patienten unterhalten, nach den Schmerzen gefragt, ist auf ihn eingegangen und hat seine Verletzung herausgefunden und ihn richtig behandelt", sagte Jakob.

"Du hast gute Arbeit geleistet, Anna", lobte mich Jakob. "Danke, wie geht es den anderen beiden Patienten?", fragte ich nach. "Beide haben Lähmungen in den Armen, wir vermuten, dass ein Nerv eingeklemmt ist. Wir behandeln sie gerade", antwortete er seufzend. "Soll ich helfen?", fragte ich ihn. "Du kannst es versuchen, aber im Moment sind sie nicht gut auf Auszubildende zu sprechen", antwortete er. "Das macht mir nichts aus, ich drücke nur an ein paar Stellen und schon bin ich weg", sagte ich grinsend zu ihm. Jakob schüttelte grinsend den Kopf und öffnete die nächste Tür. "Sven, brauchst du noch Hilfe? Anna hat ihre Hilfe angeboten", fragte er seinen Kollegen. "Klar, du könntest dich um Herrn Reus kümmern", meinte er. "Auf keinen Fall, eure Auszubildenden tragen doch die Schuld an diesem Problem!", mischte sich Reus ein. "Entweder lassen Sie mich Sie jetzt behandeln oder die Lähmung wird überhaupt nicht mehr verschwinden. Ich denke, Sie wollen Ihre Töchter noch auf den Arm nehmen, oder?", sprach ich ihn auf das Thema an. "Ich weiß, dass die beiden fatale Fehler gemacht haben, aber ich habe Ihrem Kollegen geholfen. Also lassen Sie mich bitte helfen. Ich möchte nur, dass Ihre Töchter ihren Vater gesund wiederbekommen", sagte ich nun sanft. Marco nickte schließlich und ich erklärte ihm jeden Schritt. Es dauerte eine ganze Stunde, aber jetzt konnte Marco seine Arme wieder normal bewegen. "Vielen Dank und entschuldigen Sie, dass ich mich am Anfang so schlecht Ihnen gegenüber verhalten habe", äußerte er sich. "Ich nehme es Ihnen nicht übel. Ich verstehe, dass Sie so reagiert haben. Bitte kommen Sie nächste Woche noch einmal zur Untersuchung", antwortete ich lächelnd und reichte ihm den Termin für nächste Woche. Mit einem Lächeln verabschiedete er sich von uns und verließ den Behandlungsraum. Danach drehte ich mich mit ernstem Gesichtsausdruck zu Jakob um.

"Hast du es schon herausgefunden, oder?", fragte Jakob mich. "Ja, das war kein Zufall. Ein Auszubildender würde nicht wissen, welche Nerven für die Arme zuständig sind. Es hätte nicht viel gefehlt und seine Arme wären für immer gelähmt gewesen", antwortete ich darauf. "Deswegen bin ich eingeschritten, um Schlimmeres zu verhindern. Die Polizei hat die beiden auch schon mitgenommen", meinte Jakob. "Mach Feierabend, draußen wartet jemand auf dich", sagte er zu mir. Da ich schon ahnte, wer es war, seufzte ich und verschwand in der Umkleidekabine. Schnell zog ich mich um und verabschiedete mich von den Kollegen. Draußen an der Wand gelehnt stand Roman und wartete auf mich. "Nenne mir auch nur einen Grund, warum ich dir verzeihen sollte, Roman. Du hast dich die ganze Zeit nicht einmal bei mir gemeldet! Es ist fast ein Monat her, ich bin gespannt auf deine Antwort", sagte ich zu ihm.

Gefundene Liebe  (Roman Bürki ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt