Sophies Körper krampfte sich immer und immer wieder zusammen. Die Schmerzen waren fast unerträglich und so stark, dass sie keine Kraft hatte um Hilfe zu rufen. Und selbst wenn, es war mitten in der Nacht, wer sollte um diese Uhrzeit am Flussufer mitten über eine einsame Wiese spazieren?
Ein erneuter Krampf machte sich in ihrem Körper breit und Sophie grub ihre Finger in die feuchte Erde und biss die Zähne zusammen. Ihre Fingerkuppen brannten wie Feuer und als sie sich eine Hand vor die Augen hielt, stöhnte sie erschrocken auf. Ihre kurzen Fingernägel waren zu langen, spitzen und scharfen Krallen herangewachsen. Mit der anderen Hand wollte sie die Krallen befühlen, doch auch hier waren ihre Fingernägel durch scharfe Krallen ersetzt worden. Das Brennen in ihren Fingerkuppen hörte schlagartig auf und Sophie atmete tief ein und sog die kühle Nachtluft durch ihre Nase.
Doch die Luft die sie einatmete schien ihr die Nase von innen zu verbrennen. Erneut fing ihr Körper an, sich unter Krämpfen zu winden. Tränen des Schmerzes liefen ihr die Wange hinab und fielen ins nasse Gras. Aus Reflex wollte Sophie sich an die Nase greifen und kratzte sich versehentlich selbst mit ihren neuen Krallen. Im Mondlicht sah sie kleine Blutstropfen an ihren Krallen. Mit größerer Vorsicht näherte sich Sophie erneut ihrer Nase und ihr entfuhr ein Heulen der Verzweiflung. Seitlich an ihren Nasenflügeln wuchsen dicke, borstenartige Haare. Und so schnell der Schmerz in der Nase gekommen war, war er auch wieder verschwunden.
Doch Sophie blieb kaum Zeit nach Luft zu schnappen, als die Schmerzen wieder von vorne begannen. Ihre Zähne fingen an zu kribbeln, aber dieses Kribbeln wurde immer stärker, bis Sophie das Gefühl hatte, als würde sich das Zahnfleisch aus ihrem Mund ablösen. Als sie dann einen metallenen Geschmack im Mund hatte, öffnete sie ihn und spuckte eine kleine Blutlache in das feuchte Gras. Doch Blut war nicht das einzige, was sie ausspuckte. Im Gras lag einer ihrer Zähne. "Nein!", keuchte sie. Nicht ihre Zähne. Ein Zahn nach dem anderen löste sich aus ihrem Zahnfleisch und fiel ins Gras. Zeitgleich pochte ein höllischer Schmerz in ihrem zahnlosen Mund.
Weinend krümmte sich Sophie im Gras zusammen. Die Schmerzen nahmen ihr immer wieder die Sicht und sie verlor beinahe das Bewusstsein. Mit ihren Krallen bohrte sie tiefe Furchen in die Erde und riss das Gras heraus. Als der Schmerz nachließ, befühlte sie vorsichtig ihren Mund. Alles war noch sehr empfindlich. Als Sophies Finger auf ihre neuen Zähne stießen, fing sie an zu schreien und hörte nicht mehr auf. Sie hatte ihre alten menschlichen Zähne verloren und stattdessen waren ihr neue Zähne nachgewachsen. Ihre Eckzähne wurden durch messerscharfe Reißzähne ersetzt.
Was passierte hier bloß? Was geschah mit Sophie? Hatte sie sich ein seltenes Virus im Labor eingefangen und hatte Halluzinationen? Waren die Halluzinationen die letzte Stufe der Krankheit, bevor sie sterben würde? Sie dachte an ihren Vater. Er hatte kein einfaches Leben mit ihr gehabt. Sie hatte ihm viel Kummer bereitet und doch hatte er sich stets Mühe gegeben, ihr ein gutes Leben zu ermöglichen. Ihr Vater würde daran zerbrechen, wenn seine Tochter sterben würde. Auch wenn sie nicht im Guten auseinander gegangen waren, wusste sie, dass er sie liebte. Plötzlich vermisste sie ihren Vater so sehr. Sophie würde alles dafür tun, noch ein letztes Mal mit ihm sprechen zu können. Wenn sie hier am Flussufer sterben würde, wer würde sie hier finden? Und vor allem wann? Verzweiflung und Panik machte sich in Sophie breit, als die Krämpfe von neuem begannen.
Dieses Mal befielen die Krämpfe den kompletten Körper. Sophie hatte das Gefühl, als würde ihr Kopf gleich zerspringen. Ihr Herz in ihrer Brust schlug so heftig und so schnell, dass sie Angst hatte, es würde ihr gleich aus der Brust hüpfen. Ihre Eingeweide krampften sich so heftig zusammen, dass es sich anfühlte, als würden unsichtbare Hände ihre Innereien mit den Händen zerquetschen.
Es hatte keinen Sinn mehr. Sophie kapitulierte. Sie akzeptierte den Tod. Sie wusste nicht, wie lange sie bereits hier auf der Wiese lag und um ihr Leben kämpfte. Aber was sie wusste, war, dass ihr langsam die Kräfte ausgingen. Immer wieder tanzten kleine Sterne und Lichtblitze vor ihrem inneren Auge. Und als Sophie an ihrem Arm herunter sah, erkannte sie, dass dort Haare wuchsen. Ihre eigenen Arm Haare wurden immer länger und dichter, fast wie ein Pelz. Ein Brennen durchzog Sophies gesamten Körper und dann gingen ihr endgültig die Kräfte aus. Um sie herum wurde alles schwarz und sie verlor das Bewusstsein.
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Der Fluch der Khepri
FantasySophie wuchs unter keinen guten Bedingungen auf. Ihre Mutter war noch eine Schülerin, als sie Sophie direkt nach der Geburt vor der Haustür ihres Vaters absetzte und sich aus dem Staub machte. Ihr Vater war selbst fast noch ein Teenager. Er hatte di...