13 | Im Restaurant

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Sophie war nicht weit gekommen, da hörte sie, wie sich Toni ebenfalls durch die Zweige des Gebüsches schob und ihr nachrief: "Hey, jetzt warte doch mal! Ich tu dir nichts, ich will dir nur helfen, wirklich." Auf leichten Pfoten dribbelte er neben ihr her, während sie sich weiterhin vorkam, als würde sie auf sehr dünnen Stöcken balancieren müssen. Zu allem Überfluss fing ihr Magen jetzt auch noch an zu knurren. Und Toni gluckste belustigt vor sich hin: "Irgendetwas sagt mir, dass du ziemlich großen Hunger hast. Wieso lässt du dir denn nicht von mir helfen? So wie ich die Situation deute, bin ich gerade der Einzige, der dir helfen kann, dein Problem zu lösen."

Da hatte er Recht. Sophie hatte heimlich nach weiteren Menschen Ausschau gehalten, die ihr Essen unbeaufsichtigt herumliegen ließen, so dass Sophie sich heimlich etwas davon stibitzen konnte. Aber der Park war gerade wie leer gefegt. Und ihr Hunger wurde immer stärker. Sie musterte Toni von der Seite. Sah so ein gefährlicher Killer-Kater aus? Eher unwahrscheinlich. Und wäre er doch ein Killer-Kater, wäre es nicht leichter, sich ein Opfer zu suchen, das wesentlich bereitwilliger mit ihm mitgehen würde als Sophie? Als ihr Magen wieder lautstark protestierte, fasste sie einen Entschluss und sagte: "Na schön. Ich komme mit. Aber wehe, das ist eine Falle!"

"Das ist keine Falle, versprochen. Wie gesagt, ich möchte dir nur helfen", antwortete Toni belustigt. "Mir ist aufgefallen, dass du irgendwie anders bist, als die anderen Katzen, die ich so kenne. Und keine Angst, du musst mir nichts erzählen, wenn du das nicht möchtest. Aber es wäre vielleicht für uns beide einfacher, wenn ich deinen Namen kennen würde?"

Sophie atmete erleichtert aus. "Mein Name ist Sophie", antwortete sie Toni. Sie hatte nicht damit gerechnet, bereits so früh mit anderen Katzen Bekanntschaft zu machen. Deswegen hatte sie sich auch noch keine passende Geschichte ausgedacht, die sie den fremden Katzen erzählen könnte, die sie nach ihrer Herkunft fragten. Deswegen beschloss sie, fürs erste Verschwiegenheit walten zu lassen. Toni musste nicht wissen, wo sie herkam oder wer sie früher einmal gewesen war, um ihr zu zeigen, wo es etwas zu essen gab.

"Es freut mich, dich kennenzulernen, Sophie", mit diesen Worten bog Toni aus dem Park heraus in eine kleine Seitenstraße ein. Sie hatten nun den Schutz der Bäume und Sträucher verlassen und Sophie spürte den harten Beton unter ihren Pfoten. Ein ungutes Kribbeln machte sich in ihr breit. Hoffentlich war das kein Fehler gewesen, den Park zu verlassen. Toni schien Sophies Nervosität zu spüren und rückte ein Stück näher an sie heran, so dass sich ihre Pelze berührten. "Keine Sorge, Sophie, wir sind gleich da."

Und tatsächlich, nach wenigen Schritten konnte Sophie plötzlich die köstlichen Düfte eines Restaurants wahrnehmen. Toni bog in den Hinterhof eines Hauses ein, das musste das Restaurant sein. Sophie verlangsamte ihre Schritte und wurde misstrauisch. Wieso führte Toni sie in den Hinterhof eines Restaurants, nachdem er ihr groß und breit erklärt hatte, dass es zum Scheitern verurteilt war, dass sie versucht hatte, bei den Menschen Essen zu stehlen? Aber ihr Hunger war so groß, dass sie es nicht über sich brachte, umzudrehen und davon zu laufen. Zur Sicherheit versteckte sie sich aber trotzdem hinter ein paar leeren Kartons, die dort herumstanden und beobachtete die Szenerie.

Toni stellte sich direkt vor die Hintertür des Restaurants und fing lautstark an zu Miauen. Es dauerte nicht lang, da öffnete sich die Tür und ein junger Mann stand im Türrahmen. Als er Toni erkannte, hellte sich seine Miene auf und er bückte sich, um ihm über den Kopf zu streicheln. Toni schmiegte seinen Kopf in die Hand des Mannes und begann zu schnurren.

"Hey Kumpel", begrüßte ihn der junge Mann. "Heute bist du aber sehr früh dran."

Toni und der Mann schienen sich schon eine Weile zu kennen, trotzdem blieb Sophie in ihrem Versteck. Dann trat Toni einen Schritt zurück und löste sich von der Hand des jungen Mannes. Toni dribbelte zwischen ihm und Sophies Versteck hin und her. Erst verstand der junge Mann nicht, doch dann sagte er: "Oh, ich verstehe, du willst mir etwas zeigen, richtig?"

Während der junge Mann sich den Kartons näherte, hinter denen sich Sophie versteckte, duckte sie sich immer tiefer in den Schatten.

"Du brauchst keine Angst vor ihm zu haben. Er ist einer von den Guten. Er versorgt die Straßenkatzen immer mit dem übrig gebliebenen Essen aus diesem Haus", erklärte ihr Toni, dem es nicht entgangen war, wie ängstlich Sophie war.

Aus irgendeinem Grund glaubte Sophie Toni und ging zögerlich ein paar Schritte vorwärts, bis der junge Mann sie sehen konnte. Seine Augen weiteten sich und er rief: "Hey Kumpel, hast du etwa eine Freundin gefunden? Sie ist wirklich wunderschön. Komm her, Kleine. Ich tu dir nichts, du kannst mir vertrauen."

Sophie machte ein paar Schritte auf den Mann zu. Doch als dieser die Hand hob, um sie zu streicheln, wich sie wieder zurück in den Schatten der Kartons.

"Verstehe, du möchtest nicht gestreichelt werden. Das ist ok, dann hole ich euch zwei Hübschen mal was zu essen", mit diesen Worten stand der junge Mann auf und verschwand in dem Haus, aus dem er gekommen war.

"Siehst du Sophie, er tut uns nichts, er holt uns was zu essen und dann können wir wieder verschwinden", Toni sah sie mit seinen ruhigen, hellblauen Augen an und Sophie war ihm dankbar, dass er sie für ihre Vorsicht nicht tadelte. Nach ein paar Augenblicken kam der junge Mann wieder. In den Händen hielt er zwei Teller. Er stellte sie auf den Boden des Hinterhofes und sagte:"Bitte schön, heute gibt es Hähnchenschenkel, lasst es euch schmecken. Und wir sehen uns bald wieder, Kumpel", zum Abschied streichelte der Mann Toni noch einmal über den Kopf und verschwand dann im Restaurant und kam auch nicht wieder heraus.

Toni hatte sich bereits über seinen Teller gebeugt und fing an, das Fleisch vom Knochen der Hähnchenschenkel zu zupfen. Sophies Hunger war so groß, dass sie sich nicht weiter Gedanken darum machte, ob sie in eine Falle getappt sein könnte. Mit hungrigen Schritten ging sie auf ihren Teller zu, das Hähnchen duftete so köstlich, dass ihr das Wasser im Maul zusammen lief.

Es war das erste Mal, dass sie mit ihren neuen Zähnen etwas aß, aber nach ein paar unbeholfenen Bissen gewöhnte sie sich schnell daran, wie sie mit ihrem neuen Beißwerkzeug umgehen musste. Gierig verschlang sie das Hühnchen vom Teller, bis nur noch die Knochen übrig waren.

Sophie drehte sich zu Toni um, sah ihm in die hellblauen Augen und sagte: "Ich danke dir, Toni."

Der Fluch der KhepriWo Geschichten leben. Entdecke jetzt