Kapitel 5

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Seit dem Vorfall sind zwei Wochen vergangen. Loran hat mich die ersten Tage nicht mehr aus den Augen gelassen. Mittlerweile ist es besser geworden, aber eine Sache, die sich die letzten Wochen nicht geändert hat ist, dass ich immer noch in seinem Zimmer schlafe. Wir verbringen den ganzen Tag und die ganze Nacht zusammen. Es gibt kaum einen Moment, in dem wir voneinander getrennt sind.
Der Tagesablauf ist so ziemlich immer gleich. Wir stehen auf, frühstücken mit Kuàng, gehen wieder auf unser Zimmer oder in die Stadt, essen Mittag, entweder in der Stadt oder mit Kuàng und Sārén. Danach sitzen wir meistens im Garten, bis es Zeit zum Abendessen ist. Manchmal trainiert Loran auch vor dem Essen, meistens aber danach. Zum Abschluss sehen wir uns immer den Sonnenuntergang an.
In den letzten Tagen machen wir vermehrt wieder etwas mit Kurīme und Tsutāi. Nach dem Vorfall haben wir uns ein paar Tage nicht mehr gesehen. Wir alle brauchten etwas Zeit, um alles zu verarbeiten.
Heute wollen wir zusammen in die Stadt, es findet das alljährliche Pàtduì Fest statt. Mit diesem Fest heißt man den Herbst willkommen und verabschiedet den Sommer. ,,Wann gehen wir los?" frage ich und gucke in die Runde. Wir sitzen im Teehaus und essen eine Kleinigkeit. ,,Am besten in ein paar Minuten. Wenn es zu voll wird, macht es keinen Spaß mehr." meint Loran und ich nicke. ,,Wir holen schon mal die Rucksäcke." Tsutāi und Loran gehen los, um die Rucksäcke zu holen, die sie heute Morgen gepackt haben. ,,Sag mal, stört es dich nicht, dass Loran so an dir klebt?" fragt Kurīme und rührt in seiner Tasse. ,,Nein, sollte es?" er lächelt nur. ,,Ich glaube, du magst ihn, sehr sogar." ich schüttle den Kopf. ,,Du weißt, dass ich das nicht kann. Ich kann nicht mögen oder hassen. Und lieben erst recht nicht." ,,Aber du hast ihn gerne um dich." ich erwidere nichts und wir warten bis die beiden wieder zurück sind. Bei ihnen sind Sārén und Banté, Banté ist Kurīmes persönlicher Diener. Von seiner Statur her sieht er Sārén sehr ähnlich, aber da hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Banté ist sehr blass, was einen großen Kontrast zu seinen dunkelgrauen Schuppen bildet und auch seine Hörner sind größer als Sāréns und seine Augen ziert ein Gelbton. ,,Wollen wir dann los?" fragt Tsutāi und gibt Kurīme seinen Stock. ,,Jap." er grinst breit und wir machen uns auf den Weg. Banté und Sārén begleiten uns ein Stück, sie wollen noch Einkäufe erledigen. Da auf dem Pàtduì viel los ist und auch viele Sicherheitskräfte vor Ort sind, sehen sie keinen Grund uns zu begleiten.
An der Stelle an der sonst immer der Markt seinen Platz findet sind jetzt ganz viele Buden mit Süßigkeiten und herzhaftem Essen aufgebaut. Weiter hinten sind auch einige Fahrgeschäfte. Es spielt Musik und die verschiedensten Gerüche liegen in der Luft. ,,Man, dass riecht lecker." Kurīme sieht begeistert hin und her und versucht so viele Gerüche wie möglich aufzunehmen. Tsutāi muss bei dem Anblick schmunzeln und legt seine Arme um Kurīme. ,,Soll ich dir was süßes kaufen?" eifrig nickt Kurīme. ,,Geht ihr doch schon mal vor, wir finden euch schon wieder." die beiden verschwinden in der Menge und Loran und ich gehen weiter. Ein Stand an dem man Bogen schießen kann fällt in meinen Blick. ,,Willst du es mal ausprobieren?" ich drehe mich zu Loran. ,,Was denn?" er lacht. ,,Na was denn wohl? Ich habe genau gesehen wie du zu dem Stand dort geschaut hast." er grinst breit und zusammen gehen wir zu dem Stand und er kauft uns beiden drei Versuche. ,,Na dann zeig mal was du kannst." Loran grinst und schießt seinen Pfeil ab. Treffer, aber nicht die Mitte. Einen Rand vor der Mitte bleibt der Pfeil in der Scheibe stecken. ,,Ich bin dran." ich Ziele und schieße. ,,Wow, Volltreffer." begeistert sieht Loran mich an. ,,Du bist voller Überraschungen." ich schüttle den Kopf und schieße den nächsten Pfeil. Zwei Pfeile später steht es drei zu eins für mich und Loran kauft mir einen Plüschdrachen. Einen großen lila Plüschdrachen. An einem anderen Stand kauft er noch Zuckerwatte und wir machen uns auf die Suche nach Kurīme und Tsutāi. Die beiden haben sich in eine ruhige Ecke gesetzt und essen eine Brezel. ,,Na, ihr beiden? Uh, der erste Schatz ist ergattert. Ein Schatz für deinen Schatz." Kurīme und Tsutāi lachen. ,,Haha, ihr teilt euch ne Brezel und ich weiß genau das du Kurīme ein Herzchen Anhänger gekauft hast." Tsutāi läuft knallrot an und auch Kurīme wird erstaunlich still. Jetzt ist es an Loran zu lachen. ,,Ok, ist gut. Du hast mich erwischt. Lass gut sein." ich schüttle den Kopf. ,,Ihr zwei seit wirklich Brüder." Loran nimmt meine Hand. ,,Wie währe es wenn wir weiter gehen. Ich will dir unbedingt etwas zeigen." ich nicke und jetzt wieder zu viert, gehen wir weiter. Da es hier so voll ist, ist es Kurīme unmöglich mit seinem Stock weiter zu gehen. Also hakt er sich bei Tsutāi ein, der ihn führt. Viele Farben in Form von Neonlichtern und bunten Glühbirnen tauchen alle in buntes, flackerndes Licht. Es ist interessant an zu sehen, aber der Seelensammler Garten ist noch ansehnlicher. Die Farben sind anders.
Vor einem großen Fahrgeschäft bleiben wir stehen. ,,Die Wasserbahn. Man bin ich froh, dass du jetzt jemanden hast, der mit dir da rein geht." Loran streckt Tsutāi die Zunge raus. Ehe dieser etwas erwidern kann, drücke ich ihm den Drachen in die Arme. ,,Wehe er wird nass." wir stellen uns an. ,,Ich schätze, du bist so etwas noch nie gefahren, oder?" ich schüttle den Kopf. ,,Sieht aber interessant aus." geduldig warten wir bis wir dran sind und steigen anschließend in das 'Boot' ein. Das Gefährt, welches wir gerade bestiegen haben, ist ein Baumstamm mit einer Einkerbung zu sitzen. Von dem was ich sehen kann, sieht es so aus als befasse sich das Fahrgeschäft mit der Thematik der Natur. Es sind Bäume und Berge zu sehen, dass meiste ist jedoch nur aufgemalt. Trotz dessen kommt es einem fasst so vor, als würde man auf einer Wiese in den Bergen stehen.
Loran setzt sich hinter mich und legt seine Arme um meine Taille. ,,Halt dich gut fest." ich nicke und halte mich an dem Griff vor mir fest. Das Boot setzt sich in Bewegung. Es geht aufwärts, weit nach oben. Die Schwerkraft drückt mich nach hinten und mein Rücken prallt gegen Lorans Brust. Das Fahrgeschäft wird wenig überraschend mit Magie betrieben. Es ist allein das verhexte Wasser, was den Baumstamm trägt. Als wir ganz oben angekommen sind, bleiben wir einen Moment stehen, damit man sehen kann, wie tief es heruntergeht. Lorans griff um meine Taille verstärkt sich und das Boot kippt vorne über. Zwanzig Sekunden geht es steil bergab, bis die wilde Fahrt in einem Auffangbecken abrupt endet. Etwas von dem Wasser, welches durch unser Ankommen herumspritzt, trifft Loran.  ,,Hey!" ich habe mich noch rechtzeitig weggeduckt. ,,Ich will halt nicht nass werden." Loran lacht und zieht mich an sich. Mein Rücken ist wieder an seine Brust gelehnt. ,,Ein mal geht es noch runter." wie als hätte das Boot ihn gehört, dreht es sich und wir fahren rückwärts weiter. Wieder geht es aufwärts, aber nicht so hoch wie beim ersten Mal. Ohne irgendeine Warnung geht es nach unten. Ich japse. Das ging schnell. So schnell wie wir oben sind, sind wir auch wieder unten. ,,Toll. Jetzt bin ich komplett nass." Loran kratzt sich am Kopf. Ich schüttle den Kopf und nehme beim Aussteigen seine Hand. ,,Dafür ist eine Wildwasserbahn ja da. Damit man nass wird. Außerdem ist es nicht so kalt. In ein paar Minuten bist du wieder trocken." Breit grinsend geht Loran neben mir her. ,,Stimmt."
Tsutāi nehme ich den Drachen ab und wir gehen weiter. Das Lachen kann sich Tsutāi aber nicht verkneifen. Loran grinst hinterhältig und umarmt seinen Bruder. Jetzt sind beide nass und Loran lacht. Tsutāi schimpft zwar etwas, aber ich kann eindeutig ein kleines Lächeln auf seinen Lippen sehen.
Der Rummel ist größer als ich es zunächst angenommen habe. Wir sehen uns den ganzen Rummel an, was deshalb einige Zeit in Anspruch nimmt, ehe wir uns am Rand des Rummels mit kandierten Früchten hinsetzen. ,,Die Sonne geht bald unter." stelle ich fest und sehe in den Himmel. Loran nickt. ,,Das heißt, es fängt bald an." er und Tsutāi grinsen sich an, während sie uns im Dunkeln lassen. ,,Was fängt bald an?" hakt Kurīme nach. ,,Werdet ihr bald sehen und hören." ein Knall ertönt und dann noch einer.
Ganz viele laute Knalle übertönen die Musik vom Rummel. ,,Ein Feuerwerk." stelle ich fest, als ich das helle Licht am Himmel bemerke. ,,Ganz genau. Und wir haben den perfekten Platz, um es zu sehen." Loran legt einen Arm um mich. Das Feuerwerk bildet Blumen und Explosionen. Heute Nacht ist der Himmel hell erleuchtet. Die Farben erinnern mich wieder an den Seelensammler Garten, wenn die Sonne untergeht. Nur sind diese Farben noch bunter und heller, Ja fast schon grell. ,,Schade, dass ich es nur hören kann." Kurīme seufzt. ,,Es ist bunt, es erinnert mich an eine Blumenwiese." Versuche ich zu erklären, was ich sehe. ,,Aber eine Blumenwiese riecht besser." ,,Stimmt" Ich sehe weiter in den Himmel und betrachte die Farben. ,,Wir holen was zu trinken, sind gleich wieder da." Loran und Tsutāi stehen auf und gehen. Ein Vogel landet vor uns und hüpft auf und ab. ,,Es ist so laut." Beschwert sich Kurīme. Aber trotzdem lächelt er. ,,Ich wünschte, ich könnte es verstehen." Kurīme dreht sich zu mir. ,,Ich wünschte, ich könnte es sehen." Er seufzt. ,,Es ist, wie es ist. Daran ist nichts zu ändern, es liegt nicht in unserer Hand." Ich nicke, was anderes kann ich nicht tun.  Wir lassen das Thema fallen und wende meinen Blick wieder gen Himmel.
Das Feuerwerk scheint seinen Höhepunkt zu erreichen. Gerade rechtzeitig kommen Loran und Tsutāi zurück. ,,Puh, gerade noch mal geschafft." Die beiden setzen sich wieder neben uns und geben uns die Getränke. Am Himmel schießen Fontänen aus Licht und Explosionen in die Höhe.


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