Kapitel 6

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,,Y..ka? Yi..ka wa..! Yinka wach auf!" jemand rüttelt an mir und langsam finde ich das Bewusstsein wieder. ,,Was ist passiert?" ich halte mir den Kopf und sehe mich um. ,,Der Boden ist eingestürzt. Ich weiß nicht, wo Tsutāi und Loran sind, aber sie scheinen nicht bei uns zu sein." Kurīme schnieft. Er hat wohl geweint. ,,Es wird alles gut. Komm, wir sollten erst einmal einen Weg hier rausfinden." ich stehe auf und klopfe mir den Staub von der Hose, ehe ich Kurīme auf helfe und seine Hand nehme. Mit der einen Hand Kurīme leitend und mit der anderen an der Wand, tasten wir uns langsam in der Höhle voran. ,,Glaubst du es ist noch weit?" Kurīme zittert. ,,Ich weiß es nicht." ich fange an zu Summen, um Kurīme etwas zu beruhigen. ,,Ich hoffe Tsutāi geht es gut. Hoffentlich hat er sich nicht verletzt." wimmert Kurīme, ich drücke seine Hand. ,,Er ist ein starker Drache. Ich bin mir sicher es geht ihm gut. Die beiden sind erwachsen und sehr robust." er nickt. ,,Hoffentlich hast du recht. Eigentlich hast du ja immer recht." er muss lachen. ,,Hm?" ,,Ja, Ja. Immer wenn ich dich was frage, hast du recht. Du hast immer eine Antwort." ich schüttle den Kopf. Nicht zu allem, nicht immer. Wir gehen weiter. Diese unterirdische Höhle ist sehr groß, ich kann nicht sagen, wie lange wir schon um her irren. ,,Ich beneide dich." ,,Wie meinst du das?" Ich verstehe nicht. ,,Du empfindest nie Angst, Zweifel oder Wut. Du verlierst nie die Kontrolle und bist immer sachlich. Und du kannst sehen, die Farben, die Welt ... Loran." Kurīme wird immer leiser. ,,Ja, ich empfinde nichts. Ich kann das Gefühl nicht verstehen, was Loran für mich empfindet. Ich kann seine Wut auf Gājiā nicht verstehen und auch nicht die Trauer um seine Mutter. Ich kann zwar sehen, aber für mich ist die Welt grau und kalt. Du kannst Tsutāi so lieben wie er dich. Das werde ich niemals können." ,,So habe ich das noch nie gesehen. Tut mir leid." ich schüttle den Kopf. ,,Ist schon gut, mir kann so was ja nicht weh tun." Kurīme nickt langsam. ,,Trotzdem, es war einfach unhöflich." ich lasse es so stehen und sage nichts mehr. Er soll sich nicht noch schlechter fühlen. Wir setzen unseren Weg fort, dieses Mal schweigend.

Ein Brüllen lässt die Höhle erbeben. ,,Was ist das?!" ,,Nicht was, wer." Kurīme klammert sich an mich. Ein Stampfen kommt auf uns zu. ,,Wir müssen rennen! Hier in der Höhle haben wir keine Chance." vor uns ist eine Abzweigung und wir nehmen den Weg, der weg von dem brüllen führt. ,,Yinka, mach langsam! Ich komme nicht hinterher." ich festige meinen Griff um seine Hand. ,,Halt durch. Wir sind fast draußen, ich kann schon das Licht sehen." wirklich, nach etlichen Biegungen und Abzweigungen sehe ich Licht. In dem Moment sehe ich auch schon den Ausgang und renne noch etwas schneller und halte Kurīme fester. Endlich draußen halte ich an. ,,Was ist? Haben wir ihn abgehängt?" ich stelle mich vor Kurīme. ,,Nein, er kennt anscheinend eine Abkürzung." der Drache, der vor kurzem noch hinter uns war, steht jetzt vor uns. Er senkt seinen großen Kopf und sieht mir direkt in die Augen. Der schwarze Drache steht vor uns und blockiert den Weg. Die Flügel hat er bedrohlich ausgebreitet und sein Stacheln besetzter Schwanz schneidet uns jegliche Möglichkeiten ab, um ihn herumzulaufen. ,,Shòmono, ich weiß, dass du wütend bist." er schnaubt und Rauch kommt aus seiner Schnauze. Die Stacheln, die sich den ganzen Schwanz und Rücken hoch, bis zum Kopf reichen, enden am Kopf in einer Art Krone. Er wirkt wie der König dieser Berge. ,,Es tut mir leid ... ich war noch ein Kind." Kurīme kommt hinter mir hervor. ,,Warte, also ist das?" ich nicke. ,, Das ist mein innerer Drache." Shòmono sieht mich böse an. ,,Er ist wohl immer noch wütend." stellt Kurīme fest und versteckt sich wieder hinter mir. ,,Kannst du es ihm verübeln? Nach allem, was ich gesagt habe und ich ihn ausgestoßen habe?" Kurīme schüttelt den Kopf. ,,Wer könnte das?" ich seufze. ,,Auch wenn du mir nicht glaubst. Nachdem du fort warst, verspürte ich eine tiefe Leere. Wie könnte ich auch nicht, die beißt ein Teil von mir. Ich erinnere mich, dass ich tiefe Reue enpfunden habe, nachdem du fort warst." der Drache schnaubt. Ihm wurde von den ansässigen zwar ein Name gegeben, aber eigentlich trägt er keinen. Ich habe ihm nie einen gegeben. ,,Die Anwohner haben Unrecht, du bist keine Bestie. Du bist einfach nur traurig, verletzt und fürchtest die Menschen. Du hast nur Angst, nicht wahr Bàtoko?" der Blick des Drachen wird sanfter und er legt seinen Kopf auf die Erde. ,,Ver..misst." ,,Ich dich auch." ich lege meine Hand auf seine Schnauze. Seine Schuppen fangen an, sich zu lösen und auf meinen Körper überzugehen, bis er ganz verschwunden ist. ,,Glücklich." ich habe Bàtoko wohl genauso gefehlt wie er mir. Wir sind nun mal ein Teil voneinander, der eine ist ohne den anderen nicht komplett. ,,Doch wenn ich irgendwann nicht länger mehr als Mensch verbleiben könnt', würdest du mich dann noch immer und selbst dann noch wirklich lieben könn? Diese Wahrheit, die ich fürchtete, hielt ich stets vor dir geheim." singe ich das Lied von vorhin weiter. ,,Und die letzte Feder zog ich mir ganz allein." Kurīme beendet die Strophe und nimmt meine Hand. ,,Jetzt bist du wieder vollständig." ich nicke. ,,Ja, das bin ich." einen Moment bleiben wir dort stehen und lauschen der Stille. Eine leere in meinem inneren ist jetzt gefüllt und trotzdem scheint noch etwas zu fehlen. ,,Aber ich habe keine Federn und das Gleiche gilt auch für dich." Kurīme nickt. ,,Ich weiß, aber es war ja nicht immer so." sagt er traurig und drückt meine Hand noch etwas fester. ,,Was früher mal war, ist Vergangenheit. Diese Zeit ist vorbei und es gibt kein Zurück mehr, nur noch den Weg nach vorne." wieder nickt Kurīme, er setzt sich auf den Boden und fängt an, mit der Erde zu spielen. Er schiebt die Erde von einer, auf die andere Seite. Ich setze mich neben ihn und sehe den Wald vor uns an. Jetzt können wir nichts tun außer auf Loran und Tsutāi zu warten.

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