Kapitel 20

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Die nächsten Wochen verliefen ohne Ereignisse. Vater hatte verkündigt, dass Fili Thronfolger wird, die Zwerginnen mussten sich entschuldigen und er erkannte mich offiziell als seine Tochter an. Ich jagte weiterhin Wild und nahm manchmal Gimli, Gloin's Sohn mit. Fili war ja mit Königskram, Regieren und sowas beschäftigt. Ich bekam ihn nur noch Abends zu Gesicht, wenn er nicht schon schlief. Aber es machte mir eine Freude mit Gimli jagen zu gehen. Und für Gloin und seine Frau war es auch eine Erleichterung. Er war zwar noch ein Zwergling, aber wir kamen gut miteinander aus. Gestern konnten wir sogar ein Reh erlegen. Das Problem war aber, dass es zu schwer war. Also haben wir es zum Vordereingang gezogen, wo uns Dwalin dann zu Hilfe kam. Gimli war ein Abenteuer lustiger Zwerg, der Elben absolut hasste. Er zeterte während des jagens immer über sie. Hoffentlich begegnet er nie Legolas. Das könnte übel ausgehen. Mich aber mochte er. Jetzt lief ich mit ihm durch den Wald und sammelte die Kaninchen ein, welche uns in die Falle getappt waren. "Guck mal Alanah, ein Biber." Ich lächelte ihn an. "Hier, versuch du ihn zu erlegen. Deine Mutter würde dir aus seinem Pelz bestimmt eine tolle Mütze machen." Ich reichte ihm meinen Bogen und seine Augen fingen an zu glänzen. Er traf den Biber sogar, weshalb ich ziemlich stolz auf ihn war. Dann liefen wir wieder in den Berg. Wir gaben das Wild ab und ich lief mit Gimli zu der Wohneinheit seiner Familie. Dort gab ich ihn an seine Mutter ab. Sie lächelte mich an und bedankte sich. Ich verstand mich gut mit ihr. Dann ging ich zurück zu Fili's und meiner Wohneinheit. Dort angekommen begann ich die Waffen abzulegen, meine Sachen auszuziehen und lief dann zur Dusche. Ich machte sie an und atmete erleichtert auf. Ich streckte mein Gesicht nach oben, sodass das Wasser auf mich herabprasselte. Ich liebte dieses Gefühl. Nach einer halben Stunde ging ich raus und begann mich abzutrocknen, als sich plötzlich zwei Arme um meine Taille legten. Überrascht drehte ich mich um und sah in die blauen Augen meines Zwerges. "Was machst du denn-" Mein Satz wurde unterbrochen, weil Fili mich küsste. Ich erwiderte ihn natürlich, denn es war ein wunderbares Gefühl, seine Lippen auf meinen zu fühlen. Ich musste lächeln, weshalb er den Kuss unterbrach und mich ansah. "Was ist?" fragte er. "Ich habe mich nur gefragt ob dieses wunderschöne Gefühl irgendwann verschwinden wird. Ich hoffe nämlich nicht." Dann presste ich meine Lippen wieder auf seine. Diesmal war ich diejenige, die den Kuss unterbrach. "Ähm Fili?" "Ja?" "Ich habe nur ein Handtuch um..." Er grinste mich böse an. "Und? Gleich hast du garnichts mehr an." Ich riss die Augen auf und klammerte mein Handtuch fest um mich. Er verdrehte die Augen. "Das wird mich nicht abhalten." Er hob mich hoch, weshalb ich kurz aufschrie und trug mich dann zu unserem Bett. Dort legte er mich sanft ab und begann meinen Hals herunterzuküssen. Ich wachte gutgelaunt, wie seit langem nicht mehr auf. Fili neben mir, seine Arme um mich geschlungen. Er hatte extra frei bekommen um einen schönen Nachmittag mit mir zu haben. Ich war ziemlich froh darüber. Ich merkte wie er sich bewegte und drehte mich zu ihm um. "Hey, wie spät ist es?" grummelte er. "Ich schätze es ist früh." "Oh, dann muss ich gleich wieder los. Du weißt wie dein Vater ist." Er stand hektisch auf und zog sich wieder an. Jetzt war meine Laune wieder im Keller. Ich verdrehte die Augen, stand auf und zog mich ebenfalls an. Ich band meine Haare und machte mich fertig, danach lief ich in das Waffenzimmer. Ich nahm mir meine Dolche und steckte sie in meine Stiefel, dann folgten meine Pfeile und mein Bogen. "Wo willst du hin?" fragte Fili, welcher plötzlich hinter mir stand. "Raus." antwortete ich knapp. Damit verschwand ich in die Küche und machte mir ein paar Brote, füllte eine Wasserflasche und packte alles in einen Beutel, welchen ich mir auf den Rücken band. Darüber kam mein Köcher. Fili kam mir wieder entgegen. "Wieso bist du sauer?" Ich drehte mich um. "Wirklich jetzt? Ich bekomm dich und Vater und Kili genauso kaum noch zu Gesicht. Denkst du, dass es mir besser geht, wenn du alle paar Wochen einen Tag frei machst und mit mir schläfst? Ich glaube nicht." Damit ging ich an ihm vorbei und aus der Tür raus. Ich lief mit schnellen Schritten zum Ausgang, wo ich Dwalin anrempelte. "Entschuldige Dwalin." Er winkte ab. "Was ist dir denn über die Leber gelaufen?" Ich rollte die Augen. "Wohl eher wer. Naja egal, ich muss los." Damit begann ich an den Zwergen vorbei zurennen und in den Wald hinein. Ich rannte weiter, als nur bis zum See, wie üblich. Als ich nicht mehr konnte hielt ich an. Der Wald war ziemlich spärlich hier. An dieser Stelle war ich noch nicht. Ich begann mich umzusehen, aber entdeckte nichts großartig. Ich beschloss noch ein bisschen weiter zu laufen. Es war schön ruhig und ich konnte meiner Wut freien Lauf lassen. Ich schrie herum, fluchte, kickte Steinchen aus dem Weg und trat gegen größere Steine. Ich meine was soll dass denn? Denkt er, ich nehme das als Entschuldigung für die fehlende Zeit an? Dann ganz klar: Nein. Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als ich ein Wimmern hörte. Ich lief eine Weile, bis es lauter wurde. Ich sah hinter ein paar Findlingen nach und entdeckte eine tote Zwergenfamilie. Ich rannte sofort auf sie zu um zu sehen, ob noch jemand am Leben war. Aber allen wurde die Kehle durchgeschnitten. Wer tat so etwas bloß? Und was ist hier passiert? Woher kam das Wimmern? Ich blickte mich um und zwischen den Findlingen entdeckte ich ein kleines Mädchen. Eine klitzekleine Zwergin. Ich ging in die Hocke und sah sie an. "Keine Angst Kleines. Ich tue dir nichts." Ich breitete die Arme aus. Zögerlich kam sie dahinter vor. Sie konnte grade so laufen. Ich stand auf, ging auf sie zu und hob sie hoch. Sie krallte ihre kleinen zarten Ärmchen in meine Sachen und drückte sich an mich. "Sssh, jetzt bist du in Sicherheit. Wie heißt du?" Sie sah mich mit ihren verweinten blauen Augen an. Dann versuchte sie ein paar Worte herauszubekommen. Aber es war mehr ein Gebrabbel. "Du kannst nicht sprechen, oder?" Sie schüttelte den Kopf. "Okay, hast du einen Namen?" Sie schien zu überlegen. Dann schüttelte sie den Kopf. "Okay. Aber wie soll ich dich dann nennen?" Erneutes Schulterzucken. Ich war ratlos. Ich stand hier mit einem Kind auf dem Arm, welches keinen Namen und keine Eltern hatte. "Ich bringe dich erstmal zu mir nach Hause, okay?" Sie nickte. Offenbar verstand sie mich gut. Also lief ich mit ihr auf dem Arm wieder nach Hause. Unterwegs hielten wir an und tranken und aßen etwas. Die Kleine hatte riesigen Hunger. Zwar musste ich ihr erst alles in kleine Stücke brechen, damit sie überhaupt etwas zu sich nahm, aber wenigstens aß sie es. "Emma." murmelte ich. Kurz darauf erhielt ich ein Lachen. Es war wie ein Babylachen. So wunderschön hell. "Na Kleine, willst du, dass ich dich Emma nenne?" Sie nickte und lachte wieder. Es wurde langsam Abend als ich zurück lief. Man musste ich lange gerannt sein. Mittlerweile schlief die Kleine braunhaarige in meinen Armen und kuschelte sich an mich. Was machen wir bloß mit dir, dachte ich. Als ich am großen Tor ankam, sah ich Ori auf mich zu kommen. "Ori, was gibt es denn?" "Alle suchen nach dir. Wer ist das?" Er sah auf die Kleine in meinen Armen. Ich sah ihn an und lächelte. "Emma."

the silent disastrousWo Geschichten leben. Entdecke jetzt