Unter Feinden

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Mairi hatte ihre Arbeit an der Bar zu Ende gebracht und kaum dass sie in ihrer falschen Wohnung angekommen war, mitten in der Nacht noch Miller angerufen, um ihm von dem Drogenhandel und ihrem Verdacht zu erzählen, dass es einer der beiden englischen Geheimdienste gewesen war, die dies Übergabe gestört hatten. Er hatte versprochen, sich sowohl um Informationen über den Einsatz der Agency zu bemühen wie auch darum zu kümmern, die Bande ausfindig zu machen, die gestern Abend die Drogen von ihr gekauft hatten, und sie auf dem Laufenden zu halten.

Von Chester hatte sie erneut nichts erzählt. Alles in ihr sträubte sich noch dagegen, ihn ans Messer zu liefern. Es würde wahrscheinlich zu einer Razzia führen, bei der die Beamten darauf gedrillt werden würden, einen Grund zu finden, um Chester festzunehmen, egal wie fadenscheinig der war. Die Hauptsache würde sein, dass sie ihn festsetzen und in harten Verhören über alles ausfragen konnten, was er wusste, ihn ständig mit seiner falschen Identität konfrontierend, vielleicht sogar seine Eltern einschalten würden, die mehr als nur enttäuscht darüber sein würden, welchen Weg ihr Sohn gewählt hatte.

Milller hatte sie Mittags zurückgerufen und ihr bestätigt, dass es sich um das MI5 gehandelt habe. Er war außer sich gewesen, zu erfahren, dass diese parallel im selben Fall ermittelten, doch abhalten ließen die sich nicht. Immerhin hatte er erwirken können, dass sie versprachen Mairi in Zukunft außen vor zu lassen, sollten sie sie bei einem ihrer Einsätze entdecken. Das beruhigte Mairi nicht wirklich. Sie kannte diese großspurigen Typen der Spezialeinsatzkommandos Großbritanniens. Sie hielten sich immer für etwas Besseres und agierten daher oft, als wären sie unantastbar, ohne Rücksicht auf Verluste.

Als Mairi an diesem Nachmittag zum Arbeitsbeginn den Club betrat, kreisten ihre Gedanken immer noch um das gestern und heute Erfahrene. Zu allem Überfluss erwischte sie sich aber auch zum unzähligen Mal dabei, dass sie sich fragte, wie es Chester wohl mit seiner Verletzung ging. Sie wollte es nicht. Er war ein erwachsener Mann. Er war 14 Jahre ohne sie klar gekommen und wer wusste schon, wie lange er tatsächlich in diesen Kreisen verkehrte, in denen er sich jetzt aufhielt. Wieso machte sie sich nur auf einmal so oft Gedanken um ihn?

Ronald ließ sie rein und sie ging zielstrebig den Gang entlang, um zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen. Ein bisschen Spaß und ein kleiner Flirt mit Finlay würde sie schon genug ablenken, um wieder bessere Laune zu kriegen.

Sie kam allerdings nicht weit, als sie mit derselben Person zusammen prallte, wie an ihrem ersten Tag, die wie von der Tarantel gestochen aus einem der Zimmer stürmte, als sie daran vorbei kam. Doch was Mairi erst noch für einen Unfall gehalten hatte, stellte sich schnell als Absicht heraus, denn Vivi ließ es nicht mit dem Zusammenprall gut sein, sondern stieß ihr noch ihre Hände gegen die Schultern.

"Vivi, was...?!", begann Mairi, erstarrte aber, als sie den feindseligen Blick der Tänzerin entdeckte.

"Was spielst du hier für ein Spiel, Schlampe?", keifte die schlecht blondierte Frau sie an und Mairi wusste nicht, ob sie schockiert oder beleidigt sein sollte. Hatte Chester mit ihr über irgendetwas gesprochen, was Mairis wahre Identität hätte preisgeben können oder zumindest den Verdacht erregen würde, dass sie nicht die war, die sie vorgab zu sein?

"Ich weiß nicht, was du meinst", erwiderte sie daher nur und wollte sich an Vivi vorbei drängen, um dieser Konfrontation aus dem Weg zu gehen und so hoffentlich zu vermeiden, aufzufliegen.

"Stell dich nicht dumm! Du machst dich an meinen Ches ran, obwohl ich dir gesagt habe, dass du die Finger von ihm lassen sollst!" Innerlich atmete Mairi erleichtert auf, dass das Verhalten der Blondine nur auf einer Eifersuchtsszene beruhte. Andererseits konnte sie nicht fassen, dass sie hier wirklich so eine Szene wegen diesem falschen und verlogenen Kerl machte.

Ties that bind us - GermanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt