Unangenehme Situation

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Als Mairi am nächsten Morgen erwachte, brauchte sie lange, um gegen die Müdigkeit anzukämpfen, die noch immer von ihr Besitz ergriff. Das nächste, was sie zu spüren bekam, waren bohrende Kopfschmerzen und sie stöhnte gequält auf und musste sich etwas winden, um ihren Arm frei zu kriegen, damit sie sich an den Kopf fassen konnte. Sie konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, was gestern Abend passiert war, oder wie sie nach Hause gekommen war. Sie musste ziemlich viel getrunken haben.

Dann erst registrierte sie, dass sie gar nicht zu Hause war und riss die Augen auf, weil sie den Geruch dieser Räume nur allzugut kannte. Verwirrt schaute sie sich um, um am Wecker neben ihr zu sehen, dass es schon nach Mittag war und entdeckte im nächsten Moment Chester, der den Kopf auf ihre Schulter gelegt hatte und sich an sie klammerte, als hinge sein Leben davon ab, während er friedlich zu schlafen schien.

Sie konnte nicht glauben, dass sie schon wieder in seinem Schlafzimmer aufwachte. Wenigstens war sie dieses Mal angezogen, ging es ihr sarkastisch durch den Kopf.

"Chester!", versuchte sie ihn zu wecken und dabei seinen Arm zu lösen, den er um sie geschlungen hatte, aber er zog sie bei dem Versuch nur noch fester an sich.

"Nur noch 5 Minuten, Mum!", murmelte er und sie konnte sich das Grinsen nicht verkneifen, als er genau so reagierte, wie damals so oft, wenn sie bei ihm übernachtet hatte und seine Mutter sie beide zum Frühstück hatte wecken wollen - der einzigen Familienaktivität, auf die sie wirklich wert gelegt hatten, besonders wenn Mairi da war, um nach Außen einen familenverbundeneren Eindruck zu machen, als sie wirklich hatten. Aber sie waren immer so freundlich gewesen. Sie hatte ihnen niemals böse sein können, genau wie Chester, weil sie es wahrscheinlich nicht einmal gemerkt hatten, wie sehr sie ihrem Sohn doch Liebe und Aufmerksamkeit vorenthalten hatten, nach der er sich so dringend gesehnt hatte. Es war ihnen so wichtig gewesen, Chester alles bieten zu können, was er hatte haben wollen, dass sie vermutlich wirklich nicht realisiert hatten, wie wenig sie für ihn dagewesen waren und das Chester sich das ganz anders gewünscht hätte. Es war ein Wunder, dass er als Kind nicht verwöhnt gewesen war. Heute dagegen...

"Chester! Wach auf!", rief sie ihm nun lauter zu und er schrak hoch, schaute sich verwirrt um, nur um zu realisieren, dass sie nicht mehr 16 und 18 Jahre alt und bei seinen Eltern zu Hause waren, wie grade noch in seinen Träumen,

"Ich war 14 Jahre zurückversetzt", gab er ihr verlegen zurück, als er ihr freches Grinsen sah.

"Ich habs gemerkt", stellte sie schmunzelnd fest, bevor sie wieder ernst wurde."Warum bin ich hier?", fragte sie ihn dann wieder ernst, als sie sich ebenfalls aufrichtete.

"Damit ich dich im Auge behalten kann?", merkte er an, als wäre es das logischste der Welt.

"Du hast geschlafen", erwiderte sie ihm skeptisch und er verdrehte genervt die Augen. Dennoch verstand sie unter 'im Auge behalten' etwas anderes.

"Entschuldige, dass ich vor...vier Stunden eingedöst bin, als du wieder aufgehört hast, wie im Delirium vor dich hinzubrabbeln", gab er ihr nach einem schnellen Blick auf seine Armbanduhr zurück und Mairi zuckte zusammen.

"Was habe ich denn gesagt?", fragte sie verlegen nach, während sie hoffte, dass sie nichts Peinliches gesagt hatte.

"Oh, nichts Besonderes. Du hast nach deiner Mummy gerufen und deinem Daddy gesagt, wie sehr es dir leid tut, weil du ein böses Mädchen warst", winkte er beinahe schon gelangweilt aber mit einem frechen Grinsen, dass seinen Tonfall lügen strafte, ab, während er aufstand und zum Kleiderschrank ging, um ihn zu öffnen, wandte sich ihr aber noch einmal zu."Und dass du mich liebst", fügte er dann noch hinzu und jetzt war es an Mairi die Augen zu verdrehen, um von ihren knallrot werdenden Wangen abzulenken, bevor sie die Decke zurückschlug und sich aufsetzte.

Ties that bind us - GermanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt