Überraschender Gast

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Miller und James hatten sie am Samstag zusammen besucht und waren beide erstaunt gewesen, einen von Byrnes Bodyguards vor der Tür stehen zu sehen. Unter dem Vorwand, ihr zu dem Bombenanschlag noch ein paar Fragen stellen zu müssen, hatten sie miteinander reden können, aber Miller hatte es noch nicht geschafft, eine neue Wohnung für sie zu finden. Da Mairi nicht das Gefühl hatte, beobachtet zu werden, schlug sie vor, vorläufig in ihre echte Wohnung zurückzukehren, und Miller stimmte dem zu, sollten sie bis zu ihrer Entlassung nichts anderes gefunden haben.

Da ihre beiden Handys in der Explosion vernichtet worden waren, steckte er ihr ein neues zu, überrascht zu sehen, dass sie bereits ein weiteres zur Verfügung hatte, aber er fragte nicht nach.

Mairi bat darum, am Montag ihre Familie besuchen zu dürfen und Miller stimmte dem widerwillig zu, wenn er ihr auch das Versprechen abnahm, vorsichtig zu sein.

Sie hatte in der letzten Woche zu viel mitgemacht, als dass er ihr einen Tag Abstand von all dem verwehren konnte. Dennoch war es wichtig, dass ihre Tarnung nicht aufflog. Mairi war sich dem bewusst und stimmt dem gerne zu.

Chester kam nicht mehr vorbei, aber er schrieb ihr ständig Nachrichten, fragte wie es ihr ging, wollte wissen, was es Neues von den Ärzten gab und ob sie etwas brauchte, oder schrieb einfach nur mal so über Alltägliches. So sehr Mairi sich auch bemühte, seine Angebote abzulehnen und ihre Antworten knapp zu halten, um Chester und auch ihr selbst keine Hoffnungen zu machen, konnte sie sich doch nicht immer zurückhalten, sich selbst mit einem Lächeln über seine Fürsorge oder seine Versuche, sie aufzuheitern zu ertappen.

Bruno verließ seinen Posten nur, wenn er auf die Toilette musste und das auch nur dann, wenn ein Arzt oder eine Schwester bei ihr war. Er nahm seinen Job ziemlich ernst und schlief Nachts im Flur auf einem Stuhl. Nicht einmal, um etwas zu essen in der Kantine zu sich zu nehmen, nahm er sich die Zeit. Deswegen hatte Mairi ihm dank Chesters gut ausgestatteten Handy und der Lieferapp, die mit dessen Kreditkarte verbunden war, täglich Essen bestellt und Bruno auf den Flur liefern lassen, damit er ihr nicht vom Fleisch fiel. Und weil es eben Chesters Kreditkarte war, hatte sie auch nur das Beste und teuerste bestellt, was die Restaurants zu bieten hatten.

Mairi war dann heute, am Montagmorgen, wirklich aus dem Krankenhaus entlassen worden und da sie erst einmal nicht wusste, wohin sie sollte, hatte sie nach einem kurzen Telefonat mit Miller und nachdem sie Bruno zurück zu Byrne geschickt hatte, den Bus nach Tonypridd genommen.

Sie war extrem vorsichtig gewesen und hatte sich auf dem ganzen Weg immer wieder genau umgesehen. Nicht nur wegen Byrnes Schergen, sondern auch wegen Vivi. So wenig sie es sich auch eingestehen mochte, aber dass diese Verrückte hinter ihr her war, machte ihr gerade mehr Sorgen, als bei Byrne aufzufliegen.

In ihrer Wohnung angekommen, hatte sie sich erst einmal ein ausgiebiges Bad gegönnt und hatte ein langes Gespräch mit Mrs. Sullivan geführt, die Mairi beim reinkommen schon das Versprechen abgerungen hatte, mit ihr noch einen Tee zu trinken. Sie konnte der gutherzigen, alten Dame nichts abschlagen, die keine Familie mehr hatte und außer ihrem Senioren-Bingoclub auch nichts, was ihr sonst die Tage angenehm gestalten konnte.

Zum Nachmittag hin hatte sie sich dann verabschieden müssen und war zu Fuß über den Wanderweg im Wald nach Pontypandy gelaufen.

Ihre Mutter hatte es immer geliebt zu joggen, tat es immer noch, um den Kopf frei zu kriegen. Sie selbst bevorzugte das Klettern und lange Spaziergänge und auch wenn es ihr nicht dabei half, eine Lösung für ihre widerstreitenden Gefühle für Chester zu finden, half es ihr doch genug, um ein wenig von der Last abzuwerfen, die der Fall und all das, womit sie bisher konfrontiert gewesen war, auf ihre Schultern geladen hatte.

Bald schon kam sie bei ihrem Bruder, der mit seiner Familie am anderen Ende der Stadt in einem schönen Haus mit großem Garten lebte, an und war die erste, da ihre Eltern und Aidan noch arbeiten mussten. So half sie ihrer Schwägerin noch ein wenig bei den Vorbereitungen fürs Kaffeetrinken und konnte schließlich nicht widerstehen, als ihr Neffe und ihre Nichte sie anbettelten, mit ihnen im Garten zu spielen.

Ties that bind us - GermanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt