Kapitel 33

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Mit langsamen, geschickten Bewegungen strich Hermine Severus die klebrigen Haare aus dem Gesicht. Sie hatte einen Sessel aus der Ecke gezogen und eine kleine, angeschlagene Porzellanschale auf die Sitzfläche gestellt. Die Hexe drückte die Ärmel des weißen, geknöpften Hemdes ihres Mannes über ihre Arme und beugte sich vorsichtig über seinen Körper. Ihre lavendelfarbene Unterwäsche, das einzige noch saubere Paar, war unter dem abgenutzten Stoff seines Hemdes zu sehen. Sie schmiegte sich an den Kragen und schloss die Augen, um die Reste seines Duftes einzuatmen.

Nachdem sie eine großzügige Schicht Schaum auf seinen dicken, pelzigen Bart aufgetragen hatte, entfaltete die Hexe das Rasiermesser ihres Mannes und legte die scharfe Klinge auf seine Haut. Sie atmete tief aus und begann, ihn zu rasieren. Nach jedem zug beugte sich Hermine zum Stuhl und spülte das mit Haaren bedeckte Rasiermesser im Wasser ab.

Hermine war so auf die bevorstehende Aufgabe konzentriert, dass sie, als sie innehielt um auf das vor ihr zu schauen, nicht erkannte, was vor ihr lag. Keuchend hielt sie sich den Mund zu. Der Anblick der Leiche ihres Mannes reichte fast aus, um ihr den Magen zu leeren. Hermine warf das Rasiermesser durch den Raum, warf die Porzellanschüssel um und rannte aus dem Raum. Sie eilte die Treppe hinunter, durch die blaue Tür hinaus und durchbrach das weiße Zauntor.

Als sie den kurzen Hügel zum Strand hinunterlief, stürzte die Hexe in eine der Dünen, wobei ihre Hände und Knie sich durch den Sand aufrieben. Eine Kälte durchzuckte ihren Körper und hämmerte durch ihre Knochen, als der Aprilwind vom Meer getragen wurde. Ihr Outfit, das Shirt von Severus und ein einfaches Höschen, reichten für das Wetter nicht aus. Wieder stolperte Hermine und landete auf dem Boden, diesmal fiel sie nur auf ihre Knie.

,,Was soll ich machen? Wohin soll ich gehen? Warum musste er mich verlassen?" schrie sie in die Luft und blickte zum Himmel auf, als gäbe es eine Stimme, die ihr die Antwort auf die Frage geben würde, die sie gestellt hatte. Ihre Hände griffen nach ihrer Kehle - es war, als könnte sie nicht atmen, als würde eine unsichtbare Kraft ihr den Sauerstoff entziehen. Hermine schluchzte heftig, warf ihre Fäuste auf den Boden und stieß ein kehliges Stöhnen aus. ,,Ich hätte alles für ihn gegeben! Ich hätte mein Leben für seines gegeben!"

Dann stand sie langsam auf. Sie hatte Recht - vielleicht würde er zurückkehren, wenn sie ihr eigenes Leben geben würde. Hermine wusste, dass es ihn zurückbringen würde, wenn sie sich selbst opfert. Er hatte der Welt mehr zu bieten als sie ... Für Hermine gab es keine Hoffnung auf eine sinnvolle Zukunft. Kein Teil ihres Lebens war mehr lebenswert.

Sie begann ins Wasser zu gehen, das eiskalte Meer schwappte um ihre Zehen. Es tat weh, als ob eine Million Dolche aus allen Richtungen in sie eindrangen. Ihre Zähne klapperten und ein Teil von ihr wollte sich umdrehen, um aus dem Wasser zu klettern. Dennoch ging sie ihrem Ende entgegen.





Als er seine Augen öffnete, konnte Severus nur Schwärze um sich herum sehen. Er hob die Hand, um sich den Schlaf aus den Augen zu wischen und blinzelte ihn weg. Es war, als wäre er aus einem langen Nickerchen aufgewacht, ohne zu wissen, wo er sich befand.

,,Was ist los?" fragte er, seine dunkle Stimme halte an den Wänden wider. ,,Hallo?"

Trotz der erschreckenden Unfähigkeit, etwas zu sehen, begann der Zauberer vorsichtig durch den Raum zu gehen, die Arme vor sich ausgestreckt. Severus hatte keine Ahnung, wo er war, aber er war entschlossen, einen Ausweg zu finden.

Das Letzte, woran er sich erinnern konnte, war, dass er in Culduie in seinem Bett lag und neben seiner jungen Frau schlief. Sein letztes Bild von ihr war, wie sie ihm zugewandt war und ihre haselnussbraunen Augen glasig vor Tränen waren. Severus schloss seine Augen in dem Versuch, den Moment noch etwas länger festzuhalten. Als er die Augen wieder öffnete, blitzte etwas vor ihm auf. Ein kleiner goldener Schimmer begann vor ihm zu schweben, eine weibliche Gestalt schwebte vorbei. Severus kniff die Augen zusammen und betrachtete es genauer.

Komme was wolleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt