Kapitel 19

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Ihr Kleid lag verstreut auf dem Bett, die Tür zum Kleiderschrank standoffen. Eine Handvoll ihrer Kleidung und Schuhe, sowie ihre Unterwäsche waren aus der Truhe verschwunden. Severus löste die Fliege und ließ sie über seinen Hals hängen. Er seufzte schwer und setzte sich auf die Fensterbank. Wo war sie hin?

Sicherlich nicht weit....

Severus hoffte inständig, dass sie bei den Potters war. Allerdings bezweifelte ein kleiner Teil von ihm das und befürchtete, sie sei in den Armen eines anderen Mannes oder noch schlimmer ... verschwunden. Wenn er sich genug Sorgen machte, könnte er das Flohnetzwerk aufspüren, oder ... Nein. Das war falsch. Lass ihr ihren Freiraum, dachte er. Severus stöhnte und versuchte, seine Gedanken von Hermine abzulenken.

Unfähig sie aus seinen Gedanken zu schütteln, eilte Severus die Treppe hinunter und zum Barwagen neben dem Esstisch und schenkte sich ein Glas Feuerwhiskey ein. Er ließ sich am Feuer nieder und nahm die ganze Flasche mit.

Als sie das Schloss verließ, packte Hermine eine kleine Tasche und disapparierte nach London. Anstatt die Potters zu wecken, beschloss die Hexe ein Hotelzimmer zu nehmen. Sie bezahlte es mit Muggelgeld, um nicht aufgespürt zu werden und entschied sich dafür, dorthin zu gehen, wo sie sich am wohlsten fühlte: in die Bibliothek. Vor ihr lagen tausende Muggelbücher ordentlich gestapelt, geordnet nach Genre und Autor. Hermine zog einen Titel aus dem Regal, den sie schon als Kind gerne gelesen hatte. Peter Rabbit, eine fröhliche Geschichte. Es trieb ihr trotzdem Tränen in die Augen, als sie mit dem Lesen fertig war und die Rückseite schloss. Sie konnte nicht anders als zu weinen, die Emotionen strömten aus ihr heraus.

Wie konnte Severus so ein Geheimnis vor ihr verbergen? Sie schlief wochenlang an seiner Seite und hatte keine Ahnung von den Qualen die er erlitten hatte. Hermine analysierte die Situation weiter und legte das Buch wieder an seinen Platz. Als sie zurück zum Hotel ging, hatte sie die Hände in den Taschen ihres Mantels vergraben. In der Stadt herrschte geschäftiges Treiben, leuchtende Lichter spiegelten sich auf dem nassen Asphalt. Tief in ihrem Inneren wusste Hermine, dass ihre Reaktion auf die Wahrheit, die Severus gesagt hatte, nicht aus echter Wut bestand, sondern aus Angst. Sie hatte schreckliche Angst, ihn zu verlieren, ungeachtet ihrer heißen und kalten Beziehung.

Endlich hatte Hermine das Gefühl gehabt, dass sie ihre Deckung ein wenig lockern und Severus ihre wahren Gefühle mitteilen konnte. Aber wie konnte sie das jetzt tun? Wenn sie es ihm sagte, würde er sie wegstoßen - das wusste sie. Als sie sich dem Hotel näherte, einem kleinen Gebäude mit einem breiten Vordach über dem Bürgersteig, hatte Hermine eine Entscheidung getroffen. Sie und Severus würden den Trank herstellen, um ihn zu heilen. Aber er musste mit ihr zusammenarbeiten - sie brauchte mehr. Hermine biss sich auf die Lippe und stellte sich alles vor, was er ihr geben könnte. Severus musste den Bedingungen zustimmen, damit sie ihm helfen konnte und ehrlich gesagt brauchte er ihre Hilfe. Als Hermine an die Prophezeiung zurückdachte, stellte sie fest, dass ihre Entscheidung konkret war. Die Hexe könnte ohne ihre Hälfte nicht existieren. Und sie wollte überhaupt nicht ohne ihn existieren.

Hermine wachte am nächsten Morgen desorientiert und erschöpft auf. Die halbe Nacht hatte sie sich unbehaglich hin und her gewälzt. Das Hotelzimmer war zum Schlafen ausreichend, entsprach aber nicht ihrer gewohnten Umgebung. In den letzten Wochen hatte sie sich an Severus an ihrer Seite im Bett gewöhnt. Die Hexe zog sich schnell einen cremefarbenen Rollkragenpullover aus Wolle an. Sie knöpfte eine enge schwarze Hose zu und setzte sich auf die Bettkante, um in ein Paar braune Wildlederstiefeletten zu schlüpfen. Nachdem sie schließlich ihre Sachen in die Reisetasche warf, zog die Hexe ihren schwarzen, knielangen Wollmantel an.

Hermine stürmte durch das Schloss, eine Frau auf einer Mission. Die Hexe öffnete die Tür zu ihren Gemächern und trat vorsichtig ein, darauf bedacht Severus nicht zu wecken, von dem sie annahm, dass er oben schlief. Sie schauderte und sah, dass das Feuer bis auf ein paar glühende Glut erloschen war. Hermine ließ ihre Tasche an der Tür fallen und griff nach unten, um Krummbein am Kopf zu kratzen. Sie richtete sich auf und ging durch das Wohnzimmer, um das Feuer erneut anzuzünden. Als sie näher kam, blieb sie plötzlich stehen, als sie Severus bemerkte. Er saß auf dem Stuhl, die Augen blutunterlaufen und ausdruckslos, als er dem Feuer entgegensah.

Komme was wolleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt