Gegenwart
Es dauerte nur wenige Sekunden bis meine Klamotten komplett durchnässt waren, nachdem ich mich aus der geschützten Umgebung herausgewagt hatte. Doch weder der Fakt, dass es gerade aus Strömen regnete, noch dass ich keinen Regenschirm dabeihatte oder die letzten paar Tage mein Leben wieder einmal komplett auf den Kopf gestellt hatten, konnte mich von meinem Vorhaben abhalten.
Ungehindert, welche wirren Gedanken sich in meinem Kopf schlichen, bewegten sich meine Beine komplett selbstständig – als wüssten sie bereits was ihr nächsten Ziel sein würde – bevor ich überhaupt realisierte worauf ich zusteuerte.
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Einige Tage zuvor
Seitdem traumatischen Einsatz bei dem Jay vor meinen Augen angeschossen wurde, waren schon einige Wochen verstrichen. Jay wurde damals von den Sanitätern ins Chicago MED gebracht und dort nochmals gründlich auf innere Verletzungen untersucht. Glücklicherweise konnten im Krankenhaus keine weiteren Verletzungen festgestellt werden. Ohne seine schusssichere Weste wäre der rothaarige Polizist wohl nicht so glimpflich davongekommen. Nur bei dem alleinigen Gedanken daran, was hätte passiert können, überzog eine spürbare Gänsehaut meinen Körper. Schnell verwarf ich diesen Gedanken wieder. Es ging ihm gut. Jay ist wohlauf und es geht ihm gut, rief ich mir schnell wieder im Kopf vor.
Ich konnte nicht abstreiten, wie gross meine Angst um Jay war – oder auch immer noch ist. Es war so unglaublich leichtsinnig vom ihm, den Verdächtigen alleine ohne Unterstützung zu verfolgen, abgesehen davon, dass er eigentlich von Sergeant Voight vom Fall abgezogen wurde. Er war geblendet vor Trauer und Wut um seinen Vater, welcher an den Folgen des Feuers starb. Auch dieses junge Mädchen fiel dem Feuer zum Opfer.
Am nächsten Tag wurden Matt und ich vom Chicago P.D. zum Tatvorgang verhört. Chief Boden war ebenfalls vor Ort und liess es sich nach dem Verhör natürlich nicht nehmen, uns bzw. vor allem mich mehr oder weniger freundlich darauf hinzuweisen, dass ich mich mit meinem Verhalten ebenfalls in grosse Gefahr begeben hatte. Nachdem sich Chief Boden wieder einigermassen beruhigt hatte, betonte er, dass er froh war, dass uns nichts passiert war.
Und ich? Ich war eindeutig verwirrt. Irgendwie war die Verwirrtheit ein ständiger Begleiter seit meiner Ankunft in Chicago.
Jay und ich waren in seinem Appartement. Die Stimmung zwischen uns war spürbar angespannt. Bisher hatten wir uns erfolgreich um ein Gespräch zum Vorfall gedrückt – weder er noch ich waren scharf darauf das Vergangene neu aufzurollen. Ob es für unsere...nun was waren wir denn? War es eine Beziehung? Ich hatte keinen blassen Schimmer.
«Jay, ich denke es wird Zeit, dass wir reden.», begann ich das Gespräch. Gerade sassen wir gegenüber auf der Couch.
Murrend versteifte sich Jays Körperhaltung. «Können wir das Ganze nicht einfach vergessen?»
«Vergessen?!», war das sein verdammter Ernst?!, «Du wurdest angeschossen, Jay! Ich musste dabei zusehen, wie er auf dich geschossen hat und konnte nichts tun! Glaubst du nicht, dass es Gesprächsstoff gibt?!»
Seine Lippen verzogen sich zu einer schmalen Linie und er stand energisch von der Couch auf.
«Verstehst du den nicht, dass ich mir nur Sorgen um dich mache?», inzwischen war ich ebenfalls aufgestanden und stand direkt hinter ihm. «Ich liebe dich!».
«Ich weiss.», antwortet er viel leiser als zuvor und macht eine kurze Pause, bevor er weitersprach, «Aber ich weiss auch, dass du ihn mehr liebst.». Diese Aussage traf mich unterwartet hart. «Ich wollte es mir lange nicht eingestehen, aber je öfter ich Casey und dich beobachtet habe, desto offensichtlicher wurde es. Ich wünschte, du würdest mich so ansehen, wie du ihn ansiehst, aber du scheinst es selbst nicht einmal zu erkennen.». Inzwischen hatte er sich wieder umgedreht.
«Jay, i-ich..», stotterte ich vor mich hin, «ich...ich wollte nicht.»
«Auch das weiss ich. Und nun ist es an der Zeit, dass du mit ihm redest. Ich komme klar, ich benötige ein wenig Zeit, um das Vergangene zu verarbeiten, aber mir wird es gut gehen.», dabei drückte er sanft meine Hände.
«Ich werde immer für dich da sein, Jay.», eine leise Träne fand ihren Weg aus meinem Auge.
«Und ich für dich, Sophia.»
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Gegenwart
Das Gespräch und die Trennung von Jay waren nun schon einige Tage her. Auf der einen Seite schmerzte die Trennung sehr, aber gleichzeitig war da auch ein Gefühl von Erleichterung in mir. Die Trennung machte ziemlich schnell die Runde zwischen der Feuerwehr, der Polizei und auch der Notaufnahme, aber so war das wohl in einer Grossstadt wie Chicago. Bisher konnte ich mich aber noch nicht dazu überwinden mit Matt zu reden. Bestimmt hatte er die Gerüchte schon mitbekommen.
Gerade waren die Meisten der Feuerwache 51 wieder einmal im Mollys zu Gast. An unserem Tisch herrschten angeregte Gespräche über die letzte Schicht und verschiedene Sportanlässe, jedoch beteiligte ich mich kaum an den Gesprächen. Immer wenn sich die Tür der Bar öffnete, keimte eine kleine Hoffnung in mir auf, dass der blonde Lieutenant durch die Tür trat. Denn von ihm war bisher noch keine Spur zu finden, aber auch jetzt war es leider nur ein weiterer unbekannter Gast.
«Er wollte nach der Schicht noch etwas erledigen – einen Bauauftrag oder so.», flüsterte mir Stella leise zu, als sie unsere leeren Gläser abräumte, bevor sie mit einem Zwinkern wieder hinter der Bar verschwand.
Entweder konnte ich jetzt noch Ewigkeiten auf ein Wunder hoffen oder die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen. Kurzerhand kratze ich jeden kleinen Krümel von Mut in mir zusammen und verabschiedete mich von meinen Freunden, bevor ich in den kalten Regen von Chicago trat.
Die Chance, das Matt gerade zuhause war, war ziemlich gering und höchstwahrscheinlich wäre es besser gewesen, wenn ich ihn vorgängig angerufen hätte, aber nun stand ich hier – vor seiner Haustüre. Meine Kleidung war durch den Regen komplett durchnässt und trotzdem stand ich nun vor seiner Wohnung. Kurz atmete ich nochmals tief ein, bevor ich mich überwand und an die hölzerne Tür klopfte. Oh Gott, was tat ich hier gerade? Kurz bevor ich schon wieder verschwinden wollte, öffnete sich die Tür und hinter ihr erschien ein verblüffter Matt. «Hi.», lautete meine schüchterne Begrüssung.
«Sophia, ist alles in Ordnung bei dir? Bist-bist du etwa im Regen hierhergelaufen? Komm schnell rein, bevor du dich noch erkältest.». Rasch folgte ich Matt in das Innere. Schnell umhüllte mich eine angenehme Wärme.
«Ich hol dir schnelle trockene Kleidung, warte hi-»
«Jay und ich haben uns getrennt.», unterbrach ich ihn schnell.
«Oh,...dass tut mir leid.», unsicher blieb er an Ort und Stelle stehen, «Bist du hergekommen, um mir das zu erzählen?»
«Erzählt man seinen Freunden sowas nicht?», antwortete ich leise und ging dabei einige Schritte auf ihn zu. Für wenige Sekunden herrschte Stille zwischen uns.
«Ich möchte nicht mir dir befreundet sein, Sophia. Ich habe genug Freunde.», lautete seine Antwort, während auch er einige Schritte auf mich zu ging. Seine Stimme klang rauer als zuvor. Sanft strich er eine lose Strähne hinter mein Ohr und legte seine Hand anschliessend an meiner Wange ab.
Für wenige Sekunden schauten wir uns tief in die Augen, ehe er den Abstand zwischen uns überbrückte und seine Lippen auf meine legte. Der Kuss war intensiv und gleichzeitig sanft. Meine Hände verfingen sich in seinem Nacken, bevor er mich an der Taille näher an sich zog.
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Flames of Love
FanficAuch ein "Neuanfang" führt irgendwann "zum Ende". Aber das ist noch lange kein Grund, es nicht zu wagen - oder? Der Umzug nach Chicago steht vor der Tür. Gemeinsam mit meinem Verlobten, Ryan würde ich Seattle, meine Freunde und meinen Job hinter mi...