Zu Beginn meiner Flucht drehten sich in meinem Kopf die Gedanken um meinen Plan. Um die Jungs. Um Ramon. Und wie er wohl reagierte, wenn er herausfand, dass ich abhauen konnte. Ein Teil von mir würde sehr gern sein Gesicht in diesem Moment sehen, nur seine darauffolgenden Taten bereiteten mir Sorge. Immer wieder sagte ich mir, dass er den Jungs nichts antun wird. Er brauchte sie lebend. Aber tief in mir hatten sich Zweifel eingenistet, die immer wieder leicht an meinem Herzen kratzten.
Irgendwann geriet das alles in den Hintergrund. Ich begann mich zu fragen, wie lange ich schon lief. Wie weit es noch war. Wie ich das schaffen sollte. Ob ich scheitern würde. Mein Körper begann schmerzvoll gegen meinen Marsch zu demonstrieren.
Jeder Schritt wurde zur Qual. Ich erlaubte es mir nicht, eine Rast zu machen. Denn ich wusste, wenn ich einmal stehen blieb, würde mir die Kraft fehlen wieder weiter zu gehen. Also lief ich weiter. Immer am Rand der Straße entlang. Kein einziges Auto kam vorbei. Ich vergaß die möglichen Tiere die mich anfallen könnten. Vergaß meine Mission und die Jungs. Ich dachte nur noch daran, einen Schritt vor den anderen zu machen.
Mein Atem ging abgehakt. Meine Glieder schmerzten.
Und irgendwann hörte ich ganz auf zu denken. Ich funktionierte nur noch. Einen Fuß vor den anderen setzen. Immer und immer wieder. Durch den dichten Dschungel.
Einmal hörte ich ein gefährliches Knurren. Mein rasendes Herz sackte ein Stück ab. In meinem Kopf sah ich meinen Tod. Aber mein Körper funktionierte. Schritt. Schritt.
Mein Kopf blickte stur geradeaus. Und kein Tier fiel mich an.
Mein Schutzengel musste seine Finger an diesem Abend im Spiel haben. Der Vollmond. Das offene Fenster. Eine verletzte Frau, die es durch den nächtlichen Dschungel schaffte.
Ich konnte mein Glück kaum glauben, als ich die Lichter der Häuser sah. Ich hatte es geschafft. Eine Hand drückte auf meine schmerzende Wunde. Aber auf meinen Lippen lag ein siegreiches Grinsen.
Ich hatte es geschafft.
Erleichterung überkam mich, bevor ich mich daran erinnerte, dass es noch nicht vorbei war. Ich musste mich irgendwo ausruhen. Und morgen früh schnellstmöglich Russos Frau aufsuchen.
Mir wurde schwummrig. Mein Körper hatte sein Limit erreicht. Das Adrenalin schwand. Suchend flog mein Blick umher. Irgendetwas zum Ausruhen.
Ein kleiner Laden hatte noch geöffnet. Ich stolperte auf ihn zu. Kein Laden, erkannte ich, als ich näher kam, eine Bar. Zwei Männer standen davor und rauchten. Ich schleppte mich stumm an ihnen vorbei. Erhielt schräge Blicke. Öffnete die Tür. Stimmengewirr schlug mir entgegen. Musik spielte im Hintergrund. Ich erkannte die Theke, lief darauf zu, aber bevor ich sie erreichen konnte, packte mich jemand am Arm.
Sie haben mich. Einer von Ramons Leuten. Wie dumm von mir in eine volle Bar zu gehen. Mir fehlte die Kraft mich zu wehren. Das war's. Meine Flucht war sinnlos.
»Simi.«
Hände packten mich an den Schultern, drehten mich frontal zu sich. Und meine Augen wurden groß. Meine Schmerzen verschwanden. Für einen Moment fühlte es sich so an, als könnte ich den ganzen Weg hierher noch tausendmal erneut bestreiten.
»Nino.«, hauchte ich seinen Namen.
Seine Haare waren zerzaust. Sein Bart ungepflegt. Schürfwunden zierten sein mit Sommersprossen bedecktes Gesicht. Aber er war es. Keine Frage. Mein Schutzengel hatte hier wirklich seine Finger im Spiel.
Nino zog mich in eine feste Umarmung. Er krallte sich regelrecht an mich. Seine Stimme gepresst. »Du lebst. Gott, du lebst.«
Ich brachte kein Wort hervor. Mein Kopf konnte es nicht verstehen. Konnte das alles nicht verarbeiten. Ich schlang nur meine zitternden Arme um ihn. Hörte ihn an meinem Ohr schluchzen. »Schieße, du lebst.«
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HATE LOVING YOU - Fighters of Justice
Action*Update jeden Freitag* Hass und Liebe liegen manchmal so nah beieinander, dass wir sie kaum unterscheiden können. 4 Männer, 1 Frau. In den Medien hört man immer wieder von den unabhängigen Kämpfern, die Terroranschläge verhindern und Mafiosi vor Ger...