GEFÄHRLICHES KNISTERN

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Stumm folgte ich Ramon in das große Anwesen. Wir hatten die Rückfahrt schweigend verbracht und in meinen Gedanken hing noch immer Ramons wütender Blick und die hervortretenden Knöchel als sich seine Hände ins Lenkrad krallten. Während unserem Anschweigen hatte sich eine ordentliche Portion Sorge in mir eingenistet. Was würde er jetzt tun? Würde er einen der Anderen bestrafen?

Das würde ich nicht zulassen.

Nicht noch einmal.

Aktuell war unser Ziel noch nicht klar, aber ich schaffte es nicht, den Mund zu öffnen und die Stille zu durchbrechen um ihn zu fragen. Als wir dann den ersten Stock erreichten, bog er in einen Gang ein und ging nicht die Treppen weiter nach oben. Ich wusste sofort wohin es ging. In sein Büro.

Obwohl ich wusste, dass es keinen Zweck hatte, blieb ich stehen. Mein Blick lag kurz, fast schon sehnsüchtig, auf der Treppe in den zweiten Stock. Dort wo die Jungs waren. Wo der grimmige Riese vor der Tür stand.

»Ist was?«

Ich drehte den Kopf. Ramon war stehen geblieben ohne sich umzudrehen. Ich presste sauer die Lippen aufeinander. Ohne, dass er mir befiehl ihm zu folgen, ohne, dass er mir drohte oder mich mit sich zog, blieb mir trotz allem nichts anderes übrig als ihm zu folgen.

»Nein.«

Stumm setzte sich Ramon wieder in Bewegung und ich folgte zerknirscht. Immerhin wusste ich es jetzt. Irgendetwas würde passieren. Ramon wird über meine Worte nicht einfach hinweg sehen.

Vor seinem Büro stoppte er und hielt mir die Tür auf. Ich ging, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, hinein. Direkt hinter mir trat auch Ramon ein und zog die Tür mit einem Knall zu. Ungewollt zuckte ich zusammen, drehte mich zu ihm und trat sicherheitshalber einen Schritt nach hinten.

Seine Ruhe und Gleichgültigkeit, mit der er mich auf der Rückfahrt gestraft hatte, begann schlagartig zu bröckeln. In seinen Augen loderte es wieder. Der Ozean schlug hohe Wellen, die mich in die Tiefen ziehen wollten.

»Eigentlich sollte ich einen der Anderen für dein loses Mundwerk bestrafen.«, knurrte er.

Ich wusste es. Er würde es wieder darauf schieben wollen.

Ich wagte es den Mund zu öffnen und mich zu verteidigen. »Ich habe mich keinem deiner Befehle widersetzt.«

Ramon schnaubte und legte den Kopf schief. Trat einen selbstsicheren Schritt auf mich zu. »Hältst du es für schlau, mich jetzt weiter zu reizen?«

Stocksteif blieb ich an Ort und Stelle stehen. Verbot es mir Schwäche zu zeigen und vor ihm zurück zu weichen. Ich straffte die Schultern und blickte ihm herausfordernd in die Augen, aber sein durchdringender stechender Blick machte mir dies schwer. Er strömte pure Autorität aus. Er hatte hier das Sagen. Er ist der Wolf, ich das Kaninchen.

»Gibt es keinen anderen Weg?«, wollte ich wissen und meine selbstbewusste Stimme wackelte.

Er machte einen weiteren Schritt auf mich zu, dabei dachte ich, dass sei gar nicht mehr möglich. Jetzt berührten sich unsere Schuhspitzen und sein Atem streifte über meine Haut. Ich starrte direkt auf seine hervorstehenden Schlüsselbeine. Sein Geruch umhüllte mich. Ich roch Kaffee. Mein Herz schlug aufgeregt schneller und seine Nähe nahm mir die Fähigkeit klar zu denken. Seine Finger legten sich unter mein Kinn und drückten es sanft aber bestimmt etwas höher, bis sich unsere Blicke miteinander verhakten. Dunkle blaue Augen zogen mich in ihren Bann. Mein Herz setzte einen Schlag aus, als seine tiefe Stimme die leisen Worte sprach.

»Du könntest etwas für mich tun.«

Seine Finger auf meiner Haut sendeten Stromstöße aus. Das hier war falsch. Dieses gefährliche Knistern in der Luft musste aufhören. Irgendwie schaffte ich es, mich dem dunklen Ozean zu entziehen. Mein Blick wurde wieder klarer.

HATE LOVING YOU - Fighters of JusticeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt