𝐊𝐀𝐏𝐈𝐓𝐄𝐋 𝟑

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KILLIAN

23 Uhr am Abend, 3 Stunden im Überzug und 1 1/2h Stau später, komme ich zu Hause an. In aller Ruhe schließe ich meine Tür auf, mit dem Gewissen, dass ich gleich noch eine viel zu späte Runde mit meiner Dame laufen muss.

Das ist das erste und letzte Mal, dass ich mich noch ewig im Büro aufhalte. Dass mein Bruder es nicht hinbekommt, seine Finanzen zu klären, und sie wie immer bei mir landen, geht mir gewaltig auf die Nerven.

Natürlich liebe ich meinen Bruder, jedoch ist es nicht einfach mit ihm. Er weiß, wie man Finanzen verwaltet, er hat mehr Ahnung als ich, und dennoch muss ich seine Finanzen gleich mit übernehmen, was mir so gar nicht passt. Denn eigentlich sollte er meine mit übernehmen, statt ich seine. Dafür haben wir immerhin einen anderen Deal, der das belegt.

Eine kurze Minute setze ich mich auf die Couch im Wohnzimmer, während meine Rottweiler Dame auf mich wartet. Sie sitzt vor mir und sieht mich an. Sie sieht so aus, als würde sie das Chaos in meinem Kopf verstehen. Als würde sie wissen, dass es mir aktuell wieder nicht gut geht und ich alles dafür tue, um nicht wieder zu Alkohol oder Substanzen zu greifen. Allein meine Dame ist für mich da, weil ich mich nicht einmal meinem Bruder anvertrauen kann. Denn bei ihm besteht leider auch nach 10 Jahren noch die Gefahr, dass er mir mit der Entzugsklinik droht, auch wenn er darauf jetzt wirklich sehr wenig Einfluss hat.

Ohne mich würde das Unternehmen nicht laufen und das ist Kyle absolut bewusst. Deswegen wendet er seit über 2 Jahren nichts mehr dagegen ein, wen und weshalb ich im Unternehmen einstelle, insofern es nur für meine Seite ist. Natürlich habe ich auch bereits für ihn Mitarbeiter eingestellt, aber immer nur unter seiner Einstimmung, weshalb wir uns einzeln immer selbst jemanden suchen.

Dass ich jetzt Adéle gegen eine andere Frau eintausche, war uns beiden bewusst. Dass Adéle die Eifersucht-Schiene fährt, auf die sie nicht einmal ein Anrecht hat, hätte ich mir selbst jedoch denken müssen. Nur bin ich absolut nicht darauf vorbereitet gewesen, denn ich suche einfach nur jemanden, der mir unter die Arme greift, damit ich mich einfach wieder mehr auf mich konzentrieren kann.

Ich erhebe mich wieder von der Couch, sehe zu meiner Dame herunter, wodurch sie aufsteht und zwei Schritte nach hinten läuft. Ich beginne zu schmunzeln, zeige ihr an, sich zu setzen und laufe dann in den angrenzenden Flur.

Von der Kommode nehme ich mir die Leine, während mein Blick auf den Bilderrahmen fällt. Wie kann es eigentlich sein, dass ich die Bilder nach 12 Jahren immer noch nicht aus meiner Wohnung entfernt habe? Ich blicke strikt auf die grünen Augen, die mich fixieren, obwohl sie nicht einmal vor mir stehen. Kann ich mir sicher sein, dass ich diese Augen noch einmal wiedersehe? Ich glaube nicht.

»Neva.« Nur wenige Sekunden später steht meine Dame schwanzwedelnd vor mir, denn sie weiß offensichtlich ganz genau, dass wir jetzt noch eine Runde drehen.

Ich lege ihr die Leine an, nehme mir dann noch mein Handy von der Kommode, genauso wie meinen Schlüssel und gebe ihr dann ihre eigene Leine, die sie hält.

Gemeinsam begeben wir uns dann in den Hausflur, wo ich gleichzeitig mit meinem Nachbar den Lichtschalter betätige. Um die Uhrzeit? Nur steht mir nicht mein Nachbar gegenüber, sondern jemand anderes.

»Anouk?«, frage ich vollkommen verwirrt, denn ich komme überhaupt nicht darauf klar, dass sie vor mir steht.
»Killian«, bringt sie kalt und offenbar desinteressiert hervor, jedoch komme ich nicht dahinter, weshalb sie hier ist.
»Warum..« Sie unterbricht mich.

»Halt die Klappe und komm mit runter. Wir reden unten.« Der kalte Ton in ihrer Stimme lässt mich erschaudern. Geht es um Reyna? Geht es Anouk um sich selbst? Braucht sie Hilfe? Schlägt Jess sie? Ich komme einfach nicht dahinter.

Mr. Wallace | 16+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt