REYNA
»Mama?«, die Stimme meines Sohnes klingt so weit entfernt, dass ich nicht weiß, ob er nicht vielleicht sogar Kilometer weit von mir entstehen könnte.
»Ja?«, antworte ich ihm und realisiere, dass er nur im Flur steht und es sich einfach leise angehört hat, weil er näher an der Haustür stand als an der Wohnzimmertür.
»Kommt Onkel Jessai heute wieder?« Diese Frage plagt mich seit Jahren immer wieder durchgängig. Jessai hat nicht nur mich, sondern auch meinen Sohn traumatisiert und das ist etwas, was ich ihm nie wieder verzeihen werde.
Allein ich habe ihm etwas getan, ihm etwas genommen, was so nicht sein sollte. Ich weiß nicht, wie oft ich noch darum flehen muss, dass er meinem Sohn nichts antut. Dass er Killians Sohn nichts antut.
Ich atme tief durch und sehe zu ihm und registriere, dass er sich gegen den Türrahmen gelehnt hat. Innerlich zerbricht mein Kopf, mein Herz und so langsam auch wieder ich. Meine Seele hingegen kann das alles ab. Aber meine Psyche kein weiteres Mal. Wie oft das schon der Fall war... Ich habe schon längst aufgehört zu zählen, denn es ist einfach absurd.
»Mama, nicht weinen...«, bringt mein Sohn hervor und kommt auf mich zu. Er setzt sich zu mir und zieht mich in seine Arme, obwohl das eigentlich meine Aufgabe ist.
Eigentlich müsste ich für meinen Sohn da sein und ihn in meine Arme nehmen, wenn es ihm nicht gut geht, und ich sollte meine Bedürfnisse hinten anstellen. Aber der Vorsatz scheitert jedes Jahr aufs Neue. Mein Sohn sieht mich seit 12 Jahren nur leiden, wovon er aber nur 6 wirklich wahrgenommen hat. Ich sollte mich für ihn stark machen, mich nicht von Jessai manipulieren lassen, aber ich weiß nicht, was ich tun kann, damit das nicht mehr passiert.
Selbst wenn ich versuche, aus seinen Machenschaften rauszukommen, droht uns der Tod. Das kann und möchte ich meinem Sohn nicht antun. Nur fällt es mir immer schwerer, keinen Widerstand zu leisten. Es ist schwer und es bringt mich um. Und das nicht nur seelisch.
Ich habe Sätze in meinem Kopf hallen, die maximal mein Sohn versteht. Denn er war zu den meisten Sachen anwesend, weil Jessai es nicht geschafft hat, seine ekelhaften Spiele zu spielen, wenn mein Sohn nicht dabei ist.
Egal wann, versucht Jessai dass ich ihm das gebe, was ich will, allerdings hätte er es sich verdienen müssen bevor er mir das hier antut. Mich zwingt jemanden zu verlassen, den ich geliebt habe und zu jeder Zeit geehrt habe. Auch wenn die Zeit nicht einfach war, dann weiß ich, dass ich das auch noch Jahre länger durchgehalten hätte. Wenn nicht, hätte ich ihn unterstützt. Zu jeder Zeit in meinem verdammten Leben.
Dass ich ihm heute sogar seinen Sohn verschweigen muss, weil ich nicht weiß, wie ich ihn erreichen soll macht alles noch viel schlimmer.
Jess hat alles viel schlimmer gemacht und ich muss mir selber eingestehen, dass ich nicht darauf vorbereitet gewesen bin, dass ich mir jemals eingestehen muss, jeden verloren zu haben, den man hätte verlieren können.
Den Mann, den ich liebe, meine Schwestern, meine Familie und alles, was dazugehört. Selbst meine engsten Freunde habe ich bis heute nie wieder gesehen und habe nur noch zu Athena ab und zu Kontakt, da ich sie erst hier kennengelernt habe.
Allerdings muss ich zugeben, dass Jessai auch hier versucht hat, den Kontakt zu kürzen und sogar komplett zu verbieten. Doch ich bin froh, dass Athena das nie mit sich hat machen lassen und auch, dass ich es geschafft habe, mich gegen ihn zu wehren, auch wenn ich mich offiziell deshalb als lebensmüde abstempeln kann.
»Es tut mir leid, Dylan«, hauche ich zu meinem 12 jährigen Sohn, denn ich merke immer wieder, dass er zu viel mitmacht, was er nicht mitmachen sollte.
DU LIEST GERADE
Mr. Wallace | 16+
Romance𝘢𝘣𝘨𝘦𝘴𝘤𝘩𝘭𝘰𝘴𝘴𝘦𝘯 𝐊𝐢𝐥𝐥𝐢𝐚𝐧 𝐮𝐧𝐝 𝐀.𝐂. | 𝐚 𝐰𝐨𝐫𝐤𝐩𝐥𝐚𝐜𝐞 𝐫𝐨𝐦𝐚𝐧𝐜𝐞 »Spielen wir ein Spiel, Wallace.« Ihre Worte hallen in meinem Kopf. Was für ein Spiel möchte sie mit mir spielen? Bin ich bereit dafür? Wenn ich wüsste, w...