𝐊𝐀𝐏𝐈𝐓𝐄𝐋 𝟔

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A.C.

»Darling...«

Ich erblicke die Augen des Mannes, den ich liebe. Mein Magen dreht sich um und ich habe den Drang meinen Mageninhalt ausschütten zu wollen. Hier, jetzt und vor ihm.

Den Grund dazu kann ich mir nicht erklären, jedoch muss ich mich zurückhalten nicht auch noch vor ihm zu weinen.

Dass er mich so gekränkt sieht, macht mich fertig. Ich möchte so nicht weiterleben, allerdings ist es ein Muss, den auch meine Familie vorsieht, solange Reyna nicht wieder zurückkommt.

»Pshh...« Er zieht mich in seine Arme. Ich habe unbewusst angefangen zu weinen. Nicht einmal das realisiere ich noch. Wie soll ich es dann schaffen, noch länger zu leben, wenn ich meine eigenen Gefühle unterdrücke?

»Was ist los, Darling?«, fragt er mich behutsam, während er sich gemeinsam mit mir auf Killians Bett setzt. Ich kann ihm seine Frage nicht beantworten, denn es schmerzt so sehr. Ich vermisse meine Schwester und ich vermisse die Harmonie zwischen den Jungs. Sie sind mal beste Freunde gewesen und hätten sich als Geschwister ausgeben können und jeder hätte ihnen geglaubt.

Doch heute? Heute ist da nichts mehr außer Hass, Feindseligkeit und purer Neid gegeneinander. Es macht mich einfach alles so unglaublich runter. Ich komme nicht damit klar und ich wünschte, ich würde nicht ganz so tief in der Scheiße stecken, wie ich es aktuell tue. Ich habe mich selbst in einen Zwiespalt geworfen und muss mit den Drohungen eines Mannes zurechtkommen.

»Ist es wegen Reyna?«, fragt er mich ruhig, denn er scheint zu merken, dass ich sonst die Fassung verlieren könnte. Auf seine Frage hin allerdings nicke ich nur, denn die Fähigkeit, Worte zu nutzen, ist verschwunden.

»Ich habe dir doch beim letzten Mal schon gesagt, dass es ihr gut geht. Das verspreche ich dir, Darling.« Ich sehe in seine Augen und versuche herauszufinden, ob er mich ein weiteres Mal anlügt oder ob er die Wahrheit sagt.

Jedoch muss ich mir selbst eingestehen, dass ich keinen blassen Schimmer habe, ob er mich jemals angelogen hat oder ob er immer ehrlich zu mir gewesen ist. Allerdings ist mir hier bewusst, dass kein einziger Mensch jemals zu 100% ehrlich war. Weder ich, noch mein Mann, noch meine Freunde, noch meine eigene Schwester und Familie. Alle von uns haben mindestens einmal gelogen und selbst wenn, ist das noch untertrieben. Denn die Menschheit lebt hinter Lügen.

»Ich habe Angst...«, beiche ich ihm, wodurch er mir einen sanften Kuss auf die Stirn haucht. Er vermittelt mir mit so kleinen Gesten seine Treue, seine Nähe und seine Sicherheit und ich kann nicht beschreiben, wie ich mich fühlen würde, wenn er von heute auf morgen nicht mehr bei mir ist.

»Um dich? Um uns? Um Reyna? Um wen, Baby?« Seine sanften Worte sind das, was ich in diesem Moment brauche und dass er das zu jeder Zeit weiß ist ein Segen.

»Ich weiß es doch auch nicht... Um uns alle? Wenn ich das wüsste, dann würde ich doch etwas dagegen tun!« Ich bin verzweifelt. In meinem Kopf herrscht Chaos und ich kann nicht damit umgehen. Ich brauche die Struktur in meinem Leben wieder. Die, bevor Reyna gegangen ist, denn ohne sie halte ich es nicht aus.

»Ist schon gut. Ich kann es verstehen und es ist nicht einfach. Vor allem nicht für dich...« Auf seine Worte nicke ich nur, denn Worte fallen mir nicht ein. Zumindest keine, die am Ende einen sinnvollen Zusammenhang bilden.

»Wenn ich dir eins verspreche, Darling...« Ich antworte ihm nicht und lasse ihn weiterreden. »Dann ist es, dass Jessai dir nichts mehr antun kann. Nie wieder. Und wenn, dann wird er dafür bluten.« Auch ihm läuft eine Träne die Wange hinunter und versetzt damit einen Stich durch mein Herz.

Mr. Wallace | 16+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt