𝐊𝐀𝐏𝐈𝐓𝐄𝐋 𝟒

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KILLIAN

»Fuck...«, fluche ich, allerdings noch so leise, damit Anouk nichts mitbekommen haben dürfte.

Gerade sitze ich in meinem Wohnzimmer und überlege, wie ich es verhindern kann, dass man ihr wehtut. Sie ist immerhin die Schwester meiner Ex-Freundin. Eigentlich sollte es mir absolut egal sein, was mit ihr ist und wie es ihr geht, aber das ist nicht im Ansatz so.

Anouk ist auch die letzten Jahre immer ein wenig meine Zuflucht gewesen, wenn ich wirklich mal was gebraucht habe. Nur ist das Problem hier immer Jess gewesen. Denn seine Eifersucht hat schon einige Personen in Gefahr gebracht, weshalb wir Anouk damals schon alle geschworen haben, dass sie es bereuen wird, wenn sie bei ihm bleibt und jetzt sind sie verlobt. Ich komme bis heute nicht ganz darauf klar, weil es so absurd klingt.

Dass sie sich uns widersetzt hat, hat auf einer Seite zwar bewiesen, dass sie sich nicht manipulieren lässt, zumindest nicht von Familie und Freunden. Jess hingegen hat es wohl vor einiger Zeit schon geschafft, sie in seinen Bann zu ziehen und damit zu verunstalten.

Anouk hat ihre Schönheit vom Äußeren zwar nicht verloren, jedoch hat Jess ihren Charakter deutlich verändert und irgendwo tut es immer noch weh, dass es überhaupt so weit gekommen ist.

Ich zucke zusammen, als ich ein Husten wahrnehme und stehe sofort auf. Ich laufe rüber zu meinem Schlafzimmer, in dem Anouk noch immer liegt und muss zugeben, dass ich mir vermutlich viel zu viele Sorgen darum mache, wie gerade alles abläuft.

Ich spähe ins Zimmer rein, nachdem ich leise die Tür aufgemacht habe, obwohl ich mir sicher bin, dass sie es gehört hat.
Ihre Augen schießen zu mir und sehen mich an.

»Killian?...«, haucht sie, wodurch ich komplett ins Zimmer eintrete. Dann nicke ich stumm.

»Was... was...«
»Das ist nicht wichtig, Anouk. Aber wir beide müssen trotzdem einmal reden...« Ihre Augen strahlen Angst und Panik aus, wodurch ich unruhig werde.
Ich setze mich zu ihr aufs Bett und lasse ihr Zeit, um sich in Ruhe aufzusetzen. Im selben Moment klopft es an der Haustür, wodurch ich durchatme und dann zu Anouk sehe.

Sie nickt, wodurch ich wieder aufstehe, dann aus dem Raum gehe und dann die Tür anlehne, um an die Haustür zu gehen. Ich atme durch und öffne diese dann. Mein Atem stockt kurz, während meine Augen pure Wut ausstrahlen müssen.

»Jess«, brumme ich, weshalb seine Augen fest auf mir liegen.
»Killian.« Seine Augen strahlen pure Bedrohung aus. Jedoch nicht mit mir. Mich bekommt er so nicht eingeschüchtert. Das hat er damals schon nicht geschafft.

»Was kann ich für dich tun?«, frage ich ihn schroff und hoffe, er verschwindet so schnell, wie er auch gekommen ist, jedoch vermute ich, dass das nicht passieren wird.
»Mir meine Verlobte aushändigen. Jetzt.« Ich wusste es.

»Du glaubst nicht wirklich, dass ich das tue, oder Jess?«
»Doch. Genau das wirst du tun. Oder bist du derjenige, der meine Frau jeden Tag fickt?«
Was soll ich tun? Wovon träumt er denn nachts? Hat er denn wirklich nichts zu tun, als sich weiterhin mich zum Feind zu machen?

»Hast du mal daran gedacht, dass ich mit deiner Frau noch nie etwas hatte, weil ich ihre Schwester besser gefunden habe?«, frage ich ihn stumpf, während ich weiß, dass ich einen wunden Punkt in ihm treffe.

»Liebster Cousin«, zischt er, »Nur weil du die Frau gefickt hast, die mir durchaus mehr bedeutet als das Wrack, welches sich gerade bei dir befindet, heißt es nicht, dass ich dich mit deinen ganzen Taten davonkommen lasse und einfach akzeptiere, wenn du jetzt auch noch meine Verlobte fickst.«
Mir schleicht sich ein Schmunzeln auf die Lippen, denn genau die Reaktion habe ich provozieren wollen.

»Killian?«, ertönt die sanfte Stimme von Anouk, was mich sofort zu ihr umdrehen lässt.

»Ich bin...«
»Baby«, ertönt nun auch die tiefe und aggressive Stimme von Jess.

In ihren Augen entsteht sofort eine Angst, während ich selbst vom Weiten sehen kann, dass sich eine Glasschicht auf ihrer Netzhaut bildet.

»Geh wieder zurück. Ich kläre das hier und bin dann bei dir.« Sie erkennt meine Worte als Warnung, obwohl ich sie so sanft ausgesprochen habe. Dementsprechend nickt sie und verschwindet bewusst in mein Wohnzimmer.

»Wir, mein liebster Cousin, klären gar nichts. Alles ist geklärt. Gib mir meine Verlobte oder du wirst es bereuen«, donnert er mir entgegen, was mich noch viel mehr schmunzeln lässt.

»Ich weiß nicht, warum du versuchst, mich zu erpressen, denn ich habe noch nie etwas gegen dich verloren, falls du das vergessen hast.«

Die Wut lodert in seinen Augen, während sie mich nur amüsiert. Jess ist jemand, der sich viel zu einfach provozieren lässt und ich schrecke nicht davor zurück, es weiter durchzuziehen, insofern ich Anouk vor ihm bewahren kann.

»Killian. Händige mir einfach meine Verlobte aus und wir haben keine Probleme miteinander.« Seine Worte sind die reinste Lüge.

»Wir hatten schon immer Probleme miteinander, geliebter Cousin. Wie zum Beispiel, als Reyna sich lieber für mich entschieden hat, statt für dich.« Seine Augen werden zu einem Schlitz und sein Körper zittert vor Wut.

»Reyna hat sich gezwungen gefühlt«, beginnt er zu argumentieren, während ich in seinen Augen erkenne, dass er sich für den Gewinner hält. Aber nicht mit mir.

»Oh. Ja? Hat sie das? Von wem? Von dir? Das kann ich mir gut vorstellen. Immerhin hast du sie zum Sex gezwungen. Ihre eigene Körperkraft ausgenutzt, um davon zu profitieren. Du hast sie geschlagen, immer dann, wenn du die Möglichkeit hattest und niemand in eurer Nähe war. Ja liebster Jess, sie hat sich gezwungen gefühlt.«

Seine Augen weiten sich augenblicklich. Seine Haut wird blass und eine Emotion taucht in seinem Blick auf, die ich nicht erkennen kann. Wobei es mich auch nicht wirklich interessiert, denn so schnell, wie ich ihm zeigen kann, dass Anouk es bei mir am besten hat, kann er gar nicht zusehen.

Tränen rinnen seine Wange hinunter und ich habe offiziell das geschafft, was ich auch davor schon immer wollte. Ihn brechen zu sehen. Denn vor allem und jedem hat er sich stark gemacht, also ist es meine Mission gewesen, ihn mindestens einmal an einen Punkt zu bringen, an dem er es bereuen wird, dass er überhaupt so weit gegangen ist.

»Killian...«, schluchzt er und redet dann weiter, »Ich habe mich doch schon hunderte Male dafür entschuldigt. Reicht das denn nicht?« Denk mal ganz speziell nach Bastard.

»Du denkst, dass es mit ein paar Entschuldigungen getan ist?« Er nickt schuldbewusst. jedoch reicht es mir noch lange nicht.

»Ich kann nichts dafür, wenn du in deinen behinderten Kopf nicht rein bekommst, dass man eine Frau um gar keinen Preis anfasst, wenn sie es nicht möchte.« Sein Körper zittert, denn er merkt die Anspannung meines Körpers.

»Muss es erst so weit kommen, dass du dich gegen Anouks Willen ansetzt und sie vergewaltigst? Oder reicht dir Reyna nach all den Jahren?«, frage ich ihn rhetorisch und vor allem aggressiv, weshalb er zusammenzuckt.

»Wie bitte?«, ertönt Anouks Stimme, wodurch Jess und sowohl als auch ich blitzartig zu ihr sehen.

Ihre Augen sind rot und geschwollen, während ihr vereinzelt noch einige Tränen die Wange hinunterfließen. Mein Herz zieht sich schmerzvoll zusammen und Sorge breitet sich in mir aus. Was hat sie alles mitbekommen?

»Du weißt, wo meine Schwester ist, nicht wahr Jess?«, fragt sie ihn gebrochen, weshalb mein Blick wieder zu ihm schnellt. Allein ein kleines Nicken von ihm bringt mich dazu auf der Stelle zuschlagen zu wollen. Denn all die Jahre habe ich versucht herauszufinden, wie ich wieder Kontakt zu Reyna aufbauen kann. Vor allem zu ihren Geburtstagen.

Im Treppenhaus höre ich Schritte, weshalb ich hinter Jess zur Treppe sehe. Die Person kommt runter und ich sehe meinem Bruder strikt in die Augen. Man könnte fast meinen, wir starren uns in die Seelen. Ruckartig wendet er seinen Blick jedoch zu der Person vor mir.

»Jess?!« Er dreht sich ruckartig um, sieht Kyle genau so wie ich eben in die Seele.

Mr. Wallace | 16+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt