𝐊𝐀𝐏𝐈𝐓𝐄𝐋 𝟏𝟑

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KILLIAN

Mein Kopf dröhnt. Ich habe überall Schmerzen und alles ist zugleich hell und dunkel. Ich versuche meine Augen zu öffnen, jedoch geht es nicht. Irgendwas hindert mich daran und ich verstehe nicht was. Bin ich tot? Denn wenn ja, dann kann ich mir erklären, warum es irgendwie so hell ist. Ich wäre im Himmel, bei den Menschen, die mir noch gezeigt haben, wie es ist, geliebt zu werden.

»Killian?«, höre ich eine Stimme, von der ich gedacht habe, ich höre sie nie wieder. Und ich bin froh, dass ich sie höre. Wie sehr ich sie vermisst habe.

»Fuck, Ainara, was habt ihr mit ihm gemacht?!«, fragt die Stimme hektisch, bedeckt mit Sorgen und dennoch zornig.

Aber natürlich steckt Ainara dahinter... Es wundert mich nicht, denn Jessai hat mir oft genug gezeigt, dass zwischen den beiden irgendetwas ist, was nicht sein soll. Und das ist die logischste Antwort. Jessai ist in den Knast gewandert und Ainara macht für ihn weiter. Was hätte auch sonst passieren sollen? Alles wird wieder normal? Alle sind wieder glücklich? Na klar! In den nächsten 5 Leben nicht.

»Meine Männer hatten doch nur ein wenig Spaß mit ihm, Maus. Sieh ihn dir doch an, dem geht es gut. Der hat nichts«, meint sie zu ihr und in meinem Kopf entsteht ein riesiges Chaos. Ich komme nicht ganz hinterher.

»Lass mich einfach mit ihm allein, Ainara. Ich will mit ihm reden, sobald er wach ist...« Ich bin wach, keine Sorge...
Ich höre die Schritte, die nur von Ainara ausgehen können und höre dann auch, wie die Tür zuknallt. Scheiße, bin ich jetzt mit jemandem alleine, der gleichzeitig mein Segen und gleichzeitig auch mein Tod bedeuten könnte?

»Killian?«, »Hm?« Jetzt ist es wieder still. Hat sie damit gerechnet, dass ich ihr nicht antworte?
»Warst du... die...«, stottert sie, wodurch ich mit Schmerzen meine Augen öffne, sie ansehe und dann ruhig nicke.

»Scheiße... Es tut mir alles so leid, Killian...«, murmelt sie, sieht mich an und ich erkenne sekündlich den Schmerz in ihren Augen. Aber da ist nicht nur Schmerz, sondern auch Leid, Reue und Verlust. Gleichzeitig aber auch eine so große Leere, die in meinem Herzen sticht.

»Sag mir, wofür du dich entschuldigst. Du hast doch gar keinen Grund dazu?...« Ihre Ansicht, wie sie vor mir steht und kurz davor ist, zusammenzubrechen, bricht mich komplett. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen muss, denn eigentlich bin ich jeglicher Situation in diese Richtung aus dem Weg gegangen.

»Es tut mir leid, dass ich dich verlassen habe, Killian. Ich habe nie das Recht gehabt zu gehen. Zumal ich dir die Jahre, bis heute, danach, etwas verschwiegen habe, wovon du als erstes hättest erfahren müssen...«, haucht sie, als sie sich vor mir hockt und ihre Stirn gegen meine legt.

»Wovon... redest...«, »Du bist Vater, Killian...« Ihre Worte schockieren mich. Ich komme nicht damit klar und ich weiß nicht, wie ich das in dieser Sekunde verarbeiten soll. Kann man das überhaupt verarbeiten?

»Fuck, willst du mir gerade sagen, dass ich 11 Jahre lang nichts von einem Kind wusste?!« Sie sieht mich ängstlich an und kann es ihr nicht einmal verübeln. Aber wie kommt sie auf die scheiß Idee, mir ein verdammtes Kind zu verschweigen?

»12, Killian, 12... Es tut mir leid. Ich hätte es dir früher sagen müssen, ich weiß. Eigentlich hätte ich abtreiben müssen, aber verdammt, ich habe es viel zu spät erfahren. Ich war im 5. Monat schwanger, als ich es erfahren habe. Ich hätte nicht viel ändern können. Ich war doch selber nicht bereit. Ich habe mich so überfordert gefühlt, so wie du dich gerade fühlst. Ich... Ich wünschte, ich hätte es anders machen können. Wirklich. Aber ich weiß einfach nicht, wie ich das hätte machen sollen...« Sie sagt mir so viel und irgendwie auch nichts. Ihre Worte sind so schwer zu verarbeiten und ich habe das Gefühl, dass sie nicht einmal richtig ankommen. Sie gehen ins eine Ohr rein und durchs andere raus und ich kann es nicht mal verhindern. Mir bleiben nur einzelne Bestandteile hängen und ich kann es einfach nicht verhindern, dass all die Trauer, die sich in den Jahren in mir angestaut hat, jetzt zu Wut wird und ich es möglicherweise an ihr auslassen könnte, auch wenn ich es nicht möchte.

»Killian, bi-«, »Sei einfach still.« Sie ist schockiert davon, wie kalt ich reagiere und das ist okay. Mich interessiert es nicht und mich wird es auch nicht interessieren. Sie muss immerhin nicht diesen krassen Verrat spüren, den ich gerade spüre. Wie auch? Sie kennt es nicht und sie hat es nie gekannt. Ich hingegen habe es mir auch schon vor 12 Jahren antun müssen.

»Killian bitte, lass es mich...« Ich handle unüberlegt und lasse meine Gefühle mich übernehmen. Meine Augen fixieren sie direkt und ich packe an ihren Hals, um ihr die Luft abzudrücken. In diesem Moment ist mir egal, wer vor mir steht - wer sie ist. Es ist mir egal, was für eine Bedeutung diese Frau einmal für mich hatte. Obwohl ich das alles gerne wieder gehabt hätte, mit ihren vielen Worten treibt sie mich an die Grenze meiner Geduld und ich kann ihr nicht weiter zuhören. Es geht einfach nicht.

Sie schnappt unter meinem Griff nach Luft, hält jedoch still und wehrt sich nicht. Währenddessen geht die Tür auf und ich spüre einen verdammt bekannten Blick auf mir. Und es interessiert mich überhaupt nicht.

»Oh? Störe ich beim Vögeln?«, ertönt Ainaras Stimme und den Spott in ihrer Stimme. »Sieht das für dich nach vögeln aus, Schlampe?«, zische ich ihr entgegen, wodurch ich den Hass in ihren Augen aufflackern sehe. Ich schmunzle, denn ich liebe es, wenn ich irgendwen provozieren kann und das mit der Wahrheit. Allerdings sehen die einzelnen Personen es niemals ein.

»Hast du verdammter Wichser mich gerade als Schlampe betitelt?!«, zischt sie aggressiv und ich nicke selbstverständlich. Glaubt sie wirklich, ich habe ein Problem damit, ihr klarzumachen, dass sie nicht die ist, die sie sein möchte? Wenn sie glaubt, dass sie in irgendeiner Art Macht ausüben kann, dann hat sie sich in der Person geirrt. Denn ich reagiere selten auf Befehle von anderen. Ich mache mir meine eigenen Regeln und habe auch kein Problem damit, mich anderen zu widersetzen.

»Wie kannst du nur...«, gibt sie gespielt enttäuscht ab und ich lasse mich davon nicht beirren. »Möchtest du mit ihr tauschen?«, frage ich sie und bekomme nur den geschockten Blick ab.

»Nur, wenn du mich dann auch fickst, so wie du sie damals gefickt hast.« Natürlich. Alle wollen gevögelt werden, na vielen Dank auch!

»Mein Schwanz würde bei deinem Anblick nicht mal stehen, außer ich habe eine Morgenlatte. Aber ansonsten werde ich wohl die nächsten Jahre keinen mehr hochkriegen.« Und wieder bekomme ich nur einen geschockten Blick ab, bei dem ich schmunzeln muss.

»Kö.. könntest du...«, höre ich und ich löse sofort meinen Griff. Ich sehe ihr in die Augen und sehe, dass sie bereut, dass sie Dinge zu mir gesagt hat, die falsch gewesen sind, oder dass sie meine Grenze nicht respektiert hat, deshalb ist es für mich in Ordnung.

»Ohhh, wie schön. Du reagierst ja immer noch auf ihre Bitten! Das ist ja süß...« In mir steigt Wut auf und das in unwahrscheinlicher Geschwindigkeit. Ich gehe auf Ainara zu, denn ich ertrage ihre verdammten Kommentare gegenüber mir und meinem Verhalten nicht mehr. Die habe ich damals schon gehasst und es wird sich auch nicht ändern.

Ich gehe immer weiter auf sie zu und ich erkenne, dass nun auch sie den Ernst der Lage verstanden hat. Sie geht einige Schritte zurück, nur hinter ihr leider die Wand, durch die sie definitiv nicht einfach wie ein Geist verschwinden kann. Auch wenn ich mir das gerade mehr als Wünsche, weil ich sonst nicht weiß, ob ich sie nicht vielleicht umbringe, denn eigentlich muss sie genauso wie mein Cousin in der Hölle schmoren und nie wieder zurückkommen. Sie sollen darin verrecken, damit der Albtraum wieder aufhört, damit jeder wieder in Ruhe leben kann und sich nie wieder jemand verstecken muss.

»Killian! Bitte lass es! Sie...« Ich gehe noch immer auf Ainara zu und hoffe, dass Reyna jetzt nicht etwas ausspricht, bei dem ich brechen könnte und sie somit leichtes Spiel hat.

»Sie... Sie hat die Kontrolle über unser Kind, Killian... Ainara könnte ihn ohne Probleme umbringen, wenn sie es will...« Und genau damit trifft sie mich.

Mr. Wallace | 16+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt