Die ersten Sonnenstrahlen drangen durch die Vorhänge und füllten das Schlafzimmer mit einem sanften, goldenen Licht. Merle Frohms drehte sich auf die Seite und betrachtete Klara Bühl, die noch tief und ruhig schlief. Ihr Atem war gleichmäßig, ihr Gesicht entspannt. Merle liebte diese Momente – diese stillen, intimen Augenblicke, in denen sie das Gefühl hatte, dass die Zeit nur für sie beide anhielt.
Doch heute war es anders. Ein schwerer Gedanke lag wie ein Stein auf Merles Brust. Es war der gleiche Gedanke, der sie seit Wochen quälte, den sie aber noch nicht laut ausgesprochen hatte. Ihre Hände zitterten leicht, als sie sanft Klaras Schulter berührte. „Klara?“
Klara murmelte etwas Unverständliches, drehte sich jedoch nicht sofort um. Erst als Merle ihre Berührung verstärkte, öffnete sie langsam die Augen. „Morgen“, flüsterte Klara mit einem verschlafenen Lächeln und zog Merle näher an sich.
Merle schloss kurz die Augen und genoss die Nähe, doch die Sorgen, die in ihr tobten, waren stärker. „Ich… ich muss mit dir reden“, sagte sie leise, und sofort wich Klaras Lächeln einem besorgten Ausdruck.
„Was ist los?“, fragte Klara und setzte sich auf, während sie mit ihrer Hand beruhigend über Merles Rücken strich.
Merle holte tief Luft, unsicher, wie sie die richtigen Worte finden sollte. „Ich… ich habe Angst“, begann sie stockend. „Wegen dem, was wir besprochen haben. Wegen des Kindes.“
Ein paar Sekunden vergingen in angespanntem Schweigen. Merle konnte sehen, wie Klaras Stirn sich in Falten legte, als sie die Worte in sich aufnahm.
„Angst?“, wiederholte Klara vorsichtig, „Aber… wir haben doch darüber geredet. Wir haben gesagt, wir sind bereit.“ Ihre Stimme war sanft, aber auch ein wenig verwirrt.
Merle senkte den Blick. „Ich weiß. Und ich dachte auch, ich wäre bereit. Aber jetzt, wo wir wirklich darüber nachdenken, es wirklich planen… Ich habe plötzlich so viele Zweifel. Was, wenn wir das nicht schaffen? Was, wenn ich nicht die Mutter sein kann, die ich sein will? Was, wenn wir beide es nicht sind?“
Klara war still. Sie lehnte sich zurück und schloss kurz die Augen, als ob sie nach den richtigen Worten suchen würde. Merle wusste, dass auch Klara diese Zweifel hatte – sie musste sie haben. Keiner von ihnen war leichtfertig in dieses Gespräch gegangen, und doch waren sie hier, zerrissen zwischen dem Wunsch nach einem Kind und der Angst, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein.
„Merle“, begann Klara schließlich, ihre Stimme leise und sanft. „Ich… ich habe auch Angst. Vielleicht nicht die ganze Zeit, aber manchmal, mitten in der Nacht, liege ich wach und frage mich, ob wir wirklich wissen, worauf wir uns einlassen. Es wird nicht einfach, das weiß ich. Vor allem mit unseren Karrieren, dem Druck von außen, und all den Erwartungen, die die Leute an uns haben. Aber…“ Sie machte eine Pause und legte ihre Hand auf Merles. „Ich glaube, es ist normal, diese Zweifel zu haben. Es bedeutet nicht, dass wir es nicht schaffen können.“
Merle sah Klara an, ihre Augen suchten nach Bestätigung, nach einem Funken Sicherheit in all diesem Chaos ihrer Gedanken. „Aber was, wenn wir es wirklich nicht schaffen?“, flüsterte sie, fast als würde das Aussprechen der Worte sie noch realer machen.
Klara nahm einen tiefen Atemzug, ihre Augen leuchteten jetzt entschlossen. „Wir sind ein Team, Merle. Nicht nur auf dem Platz. Wenn wir das wirklich wollen, dann schaffen wir das auch. Es wird schwierig, das weiß ich. Aber wir schaffen das zusammen.“
Merle spürte, wie sich ein Knoten in ihrer Brust langsam zu lösen begann. Doch ein Gedanke ließ sie nicht los. „Und was ist, wenn wir das nicht vereinbaren können? Unsere Karrieren und ein Kind?“
Klara lächelte schwach. „Ich denke, das wird die größte Herausforderung. Aber wir wussten immer, dass Fußball nicht ewig dauern wird. Irgendwann müssen wir sowieso anfangen, unser Leben auch außerhalb des Sports zu planen. Und vielleicht wird es hart, aber andere schaffen das doch auch. Warum sollten wir es nicht können?“
Merle wollte Klara glauben. Sie wollte diesen Optimismus teilen. Aber die Realität des Fußballerlebens war gnadenlos. Ständige Reisen, Training, Druck. Ein Kind bedeutete Veränderung. Eine große Veränderung.
„Ich liebe dich“, sagte Merle plötzlich, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Und ich will dieses Leben mit dir. Ich will eine Familie mit dir. Aber ich habe solche Angst, dass wir uns überfordern.“
Klara nahm Merles Gesicht sanft in ihre Hände und zwang sie, ihr in die Augen zu sehen. „Ich liebe dich auch“, sagte sie mit fester Stimme. „Und genau deshalb werden wir das schaffen. Weil wir uns gegenseitig haben. Ich werde dich nie allein lassen, egal wie schwer es wird.“
Merle ließ die Worte auf sich wirken. Langsam, ganz langsam, begann sie, daran zu glauben. Sie legte ihren Kopf auf Klaras Schulter und schloss die Augen. „Vielleicht hast du recht“, flüsterte sie. „Vielleicht schaffen wir das wirklich.“
Klara drückte einen sanften Kuss auf Merles Stirn. „Wir schaffen das“, wiederholte sie. „Zusammen.“
Die beiden blieben noch eine Weile in dieser stillen Umarmung, während die Sonne höher am Himmel stand und das Licht des Morgens in das Zimmer strömte. Zweifel und Ängste verschwanden nicht über Nacht, aber sie wussten jetzt, dass sie sie gemeinsam bewältigen konnten. Es war kein einfacher Weg, der vor ihnen lag, aber es war ihr Weg, und sie würden ihn zusammen gehen.
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Einige Wochen später saßen Merle und Klara in einem gemütlichen Café, umgeben von lachenden Menschen und dem Duft von frisch gebrühtem Kaffee. Sie hatten einen wichtigen Termin hinter sich – ein Gespräch mit einer Familienplanungsberaterin, die ihnen geholfen hatte, einige der praktischen Aspekte durchzudenken.
„Wie fühlst du dich jetzt?“, fragte Klara, während sie Merle aufmerksam ansah.
Merle nahm einen Schluck von ihrem Kaffee und ließ den Blick schweifen. „Besser“, antwortete sie nachdenklich. „Es ist immer noch beängstigend, aber… ich habe das Gefühl, dass wir das hinkriegen können. Es wird nicht leicht, aber ich glaube, wir sind stärker, als wir denken.“
Klara lächelte. „Das sind wir.“
Sie beide wussten, dass es noch viele Hindernisse auf ihrem Weg geben würde. Aber sie hatten die wichtigste Entscheidung bereits getroffen: Sie würden sich diesen Herausforderungen gemeinsam stellen, mit Liebe, Geduld und der Entschlossenheit, ihren Traum von einer Familie zu verwirklichen.