Die Lichter des Weihnachtsbaums glitzerten sanft im Halbdunkel des Wohnzimmers. Es war ein kleiner, aber liebevoll geschmückter Baum – goldene Kugeln, weiße Lichterketten, und an den Zweigen hingen einige handgemachte Sterne, die Sara Doorsoun aus Papier gefaltet hatte. Draußen fiel leise der Schnee, und das ganze Haus roch nach frisch gebackenen Plätzchen und warmem Kakao.Lena Lattwein saß auf dem weichen Sofa, eine Decke über ihre Beine geworfen, und beobachtete das ruhige Flackern der Kerzen auf dem Tisch. Es war das erste Mal seit vielen Jahren, dass sie sich an Weihnachten nicht allein fühlte. Der Gedanke daran ließ ihr Herz aufgehen, während sie leise seufzte. Sie erinnerte sich an die Jahre, in denen Weihnachten für sie eine Mischung aus Einsamkeit und Melancholie gewesen war. Die Tage, die sie früher alleine in ihrer Wohnung verbracht hatte, nur begleitet vom Fernseher und gelegentlichen Anrufen ihrer Familie. Doch dieses Jahr war anders. Dieses Jahr war Sara da.
„Lena? Alles in Ordnung?“, erklang Saras Stimme aus der Küche. Sie klang besorgt, aber dennoch sanft.
Lena drehte sich um und sah, wie Sara in der Tür stand, ein Backblech voller frisch gebackener Zimtsterne in der Hand. Ihr Lächeln war warm, so wie immer, wenn sie Lena ansah – ein Lächeln, das Lena sofort das Gefühl gab, angekommen zu sein.
„Ja, alles in Ordnung“, antwortete Lena und schmunzelte, als sie Saras Backwerk betrachtete. „Ich glaube nur, dass ich gleich platze, wenn du noch mehr Plätzchen machst.“
Sara lachte leise und stellte das Blech auf den Tisch. „Weihnachten ohne Zimtsterne ist kein richtiges Weihnachten. Und außerdem, wer soll sie denn sonst alle essen, wenn nicht du?“
„Stimmt auch wieder“, murmelte Lena und zog die Decke fester um sich. Sie spürte, wie Saras Nähe eine Wärme in ihr aufsteigen ließ, die viel tiefer ging als die der Kerzen oder des Feuers im Kamin.
Sara setzte sich neben Lena und reichte ihr einen der noch warmen Plätzchen. „Also, erzähl mir mal“, sagte sie und lehnte sich zurück. „Wie fühlt sich dein erstes Weihnachten in Gesellschaft an?“
Lena kaute einen Moment lang schweigend auf dem Plätzchen herum, während sie ihre Gedanken sortierte. Es fühlte sich merkwürdig an, darüber zu sprechen – über die Einsamkeit, die sie so lange gefühlt hatte, über die stille Sehnsucht, die sie jedes Jahr begleitet hatte. Aber bei Sara konnte sie ehrlich sein. Das wusste sie.
„Es ist... seltsam“, gab Lena schließlich zu. „Aber im besten Sinne. Ich glaube, ich habe mich so sehr daran gewöhnt, Weihnachten allein zu sein, dass ich gar nicht wusste, wie schön es sein kann, jemanden an meiner Seite zu haben.“
Sara legte einen Arm um Lenas Schultern und zog sie näher an sich. „Du bist nicht allein, Lena“, sagte sie leise, ihre Stimme voller Zärtlichkeit. „Nicht mehr. Und auch nie wieder, wenn es nach mir geht.“
Lena schluckte schwer und legte den Kopf an Saras Schulter. Diese Worte, so simpel sie waren, bedeuteten ihr alles. Es war, als würde jemand zum ersten Mal laut aussprechen, was sie sich insgeheim so sehr gewünscht hatte. Nicht allein zu sein. Nicht mehr diese Leere zu spüren, die sich besonders an Feiertagen breit machte.
„Ich weiß“, flüsterte sie schließlich, während sie Saras Nähe genoss. „Aber es ist trotzdem neu für mich. Und ich schätze, ich habe ein bisschen Angst, dass es zu gut ist, um wahr zu sein.“
Sara zog die Stirn kraus und drehte sich leicht zu Lena, sodass sie ihr in die Augen sehen konnte. „Du hast nichts zu befürchten. Wir beide sind hier, zusammen, und das ist alles, was zählt. Egal, was kommt, ich werde an deiner Seite sein.“
Lena lächelte schwach, und ein Teil von ihr begann zu glauben, dass es wirklich wahr sein konnte – dass sie diese Wärme, diese Geborgenheit verdient hatte. Sie hatte Sara, und das war mehr, als sie sich jemals hätte erträumen können.
„Danke“, sagte Lena leise und sah Sara tief in die Augen. „Für alles. Für dieses Weihnachten, für die Zimtsterne – und dafür, dass du da bist.“
Sara legte ihre Stirn sanft gegen Lenas. „Danke, dass du mich in dein Leben gelassen hast. Es ist für mich genauso besonders.“
Sie saßen eine Weile schweigend beieinander, nur das leise Knistern des Kamins und das sanfte Ticken der Uhr im Hintergrund. Es war ein friedlicher Moment, einer, der Lena zeigte, dass es manchmal die kleinen, stillen Augenblicke waren, die den größten Eindruck hinterließen.
„Wollen wir noch einen Weihnachtsfilm schauen?“, fragte Sara nach einer Weile und brach damit die Stille. „Ich habe gehört, dass du ein großer Fan von kitschigen Weihnachtsfilmen bist.“
Lena lachte und fühlte, wie die Schwere in ihrem Herzen sich endgültig löste. „Okay, erwischt. Ich liebe kitschige Weihnachtsfilme. Aber nur, wenn sie ein Happy End haben.“
Sara grinste und stand auf, um die Decke zu richten und den Fernseher einzuschalten. „Na dann, nichts weniger als ein Happy End für uns, versprochen.“
Lena sah Sara an, wie sie sich mit der Fernbedienung abmühte, und musste unwillkürlich lächeln. Es war vielleicht das erste Weihnachten in ihrem Leben, das sich wirklich so anfühlte, wie sie es sich immer erhofft hatte. Sie war nicht allein. Sie hatte jemanden, der sie verstand, der bei ihr war, und das gab ihr ein Gefühl von Ruhe, das sie so lange vermisst hatte.
Während der erste Weihnachtsfilm auf dem Bildschirm flimmerte und Sara sich wieder zu ihr auf das Sofa kuschelte, legte Lena ihren Kopf an Saras Schulter und flüsterte leise: „Das ist das beste Weihnachten, das ich je hatte.“
Sara lächelte in die Dunkelheit hinein und drückte Lena sanft an sich. „Und es wird nicht das letzte sein, das verspreche ich dir.“
Und in diesem Moment wusste Lena, dass Sara es ernst meinte. Egal, was die Zukunft brachte, sie würde dieses erste gemeinsame Weihnachten nie vergessen – das erste, an dem sie sich endlich nicht mehr allein fühlte.
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