𝟥𝟪 | 𝘂𝗻𝗲𝘅𝗽𝗲𝗰𝘁𝗲𝗱 𝘃𝗶𝘀𝗶𝘁

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K I A N A

DER FILM war gerade dabei, an Fahrt aufzunehmen, als es plötzlich an der Tür klopfte. Ich hatte mich so in die Geschichte vertieft, dass ich einen Moment brauchte, um überhaupt zu registrieren, was gerade passierte. Liora hatte sich schon längst mit einer Decke in die Sofaecke gekuschelt, und Max war auf dem Sofa neben mir, sein Arm über die Lehne gelegt, sodass unsere Hände sich immer wieder berührten.

» Wer kann das sein? « , murmelte ich und stand langsam auf, um zur Tür zu gehen.

Als ich sie öffnete, stand Amara plötzlich vor mir – Gott, wie oft denn noch? Konnte sie nicht endlich mal verschwinden und uns in Ruhe lassen? Sie klebte förmlich wie eine Klette an uns, die man nur schwer los wurde. Ihr Lächeln war kalt und ihre Haltung irgendwie steif, als sie sich vor mir aufbaute. » Hallo, Kiana « , sagte sie mit einem kleinen, fast künstlichen Lächeln. » Ich hoffe, ich störe nicht. Ich muss dringend mit Max sprechen.«

Ich stockte für einen Moment, bevor ich mich aus der Tür schob und ihr Platz machte. » Moment, ich rufe ihn gleich. « Am liebsten hätte ich ihr gesagt, dass sie störte. Doch vielleicht gab es einen wichtigen Grund, wieso sie hier auftauchte.

Wenig später stand Max in der Tür, der eine Mischung aus Überraschung und genervt wirkender Miene hatte. » Was gibt's, Amara? « Seine Stimme war freundlich, aber ich konnte den leichten Unterton von Unbehagen darin hören.

» Ich bringe die Zimmerkarte « , sagte Amara ohne Umschweife, ihre Worte schnell und knapp. Sie hielt die kleine Plastikkarte, die für die Kabine auf dem Schiff galt, in der Hand, als wäre es das Einfachste der Welt. » Ich ziehe in die Kabine von Ruben, bis wir in Monaco sind. «

Ich merkte, wie sich mein Herz für einen Moment zusammenzog. Ich wusste nicht, was genau ich erwartet hatte, aber irgendwie kam mir diese Szene gerade absurd vor. Max blickte mich für einen Augenblick an, und in seinem Blick war etwas, das mir sagen wollte, dass ich gehen könnte – es wäre in Ordnung. Aber ich wusste, dass er es wahrscheinlich nur sagte, um die Situation für mich zu entschärfen.

Doch statt mich zurückzuziehen, blieb ich einfach stehen und starrte Amara an, die nun die Karte in die Hand von Max legte. Sie gab mir einen flüchtigen Blick, sagte aber nichts. » Ich wünsche euch noch einen schönen Abend « , fügte sie dann hinzu, als sie sich umdrehte und die Kabinentür hinter sich zuzog.

Ich konnte spüren, wie Max sich aufrichtete, als wäre eine lastende Spannung von ihm abgefallen, aber er wirkte auch irritiert. » Das war... seltsam « , sagte er dann leise und drehte sich zu mir um. Ich sah die Verwirrung in seinen Augen, doch ich spürte auch eine Art Erleichterung – als ob er diese Sache endlich abgeschlossen hatte.

Ich hoffte, dass es ihm langsam gelang Amara hinter sich zu lassen. Natürlich war dies kein einfacher Weg, denn es hatte einiges mit ihm gemacht, was sie ihm angetan hatte,  aber ihm war mit Sicherheit selber klar, dass er daran nicht für immer festhalten konnte und nach vorne blicken musste.

» Ja...« , sagte ich, als ich die Tür hinter mir schloss und mich neben ihm an die Wand lehnte. » Das war wirklich... merkwürdig.«

Wir standen einen Moment lang schweigend da, bevor ich das Wort ergriff: » Brauchst du... ein bisschen Abstand von der Situation? Soll ich dir etwas Zeit geben?«

Max drehte sich zu mir und schüttelte den Kopf. » Nein. Ich brauche dich hier. Ehrlich gesagt, hätte ich nie gedacht, dass sie einfach so auftaucht und...« Er machte eine abfällige Geste, die seine Frustration verriet. » Sie nimmt einfach an, sie kann alles wieder rückgängig machen, als wäre nichts gewesen.«

» Liebling, du hast Recht « , sagte ich sanft. » Das war echt seltsam..." Ich strich ihm beruhigend über den Arm. » Aber du bist mit mir hier, und du bist nicht mehr mit ihr zusammen. Du musst nicht mit ihr sprechen, wenn du das nicht möchtest. Du musst sie nicht mehr wieder sehen. Du kannst einen Schlussstrich ziehen. «

Max sah mich dankbar an. » Ich weiß. Und es tut mir leid, dass du in all das hineingezogen wirst. «

» Ach, Quatsch « , erwiderte ich. » Es ist doch nicht deine Schuld, dass sie aufgetaucht ist. Ich bin froh, dass ich hier bin. Aber vielleicht sollten wir... uns ein bisschen mehr um uns kümmern und sie vergessen, jetzt, wo wir offiziell zusammen sind.«

Er grinste und zog mich näher an sich heran. » Ja, ich glaube, du hast recht.« Seine Lippen berühren sanft meine Stirn und hinterließen ein warmes, angenehmes kribbeln.

Als wir wieder zurück ins Innere zurückgingen, fand Liora uns inmitten einer kurzen Stille. Der Film war gestoppt und das Standbild erhellte den Raum. Sie sah uns mit einem hochgezogenen Augenbrauen an. » Was war das denn? «

» Amara hat mir den Kabinen Schlüssel zurück gebracht « , erklärte Max mit einem Seufzen. » Sie zieht mit Ruben in dessen Kabine.«

Liora lachte trocken. » Na toll. Das heißt also, dass ihr dort einzieht, richtig? Dann bin ich endlich wieder die einzige, die nicht mit einem Liebespaar in einer Kabine ist. Ich bin echt gespannt, wie es sein wird, wenn ich nachher sturmfrei habe. Da kann ich endlich machen, was ich will. «

Ich konnte nicht anders, als zu lachen. » Du bist ja so eine Verrückte, Liora. «

Ich wusste ganz genau, dass sie es genossen hatte Max ebenfalls als Gesellschaft hier zu haben. Denn sie und Max verstanden sich nicht nur gut, sondern waren in meinen Augen auch irgendwie mehr oder weniger zu Freunden geworden — was ich wirklich toll fand. Denn es war wichtig für mich, dass meine Schwester und mein Freund sich untereinander gut verstanden und miteinander aus kamen.

» Sturmfrei! « rief sie noch einmal aus, als sie sich von der Couch erhob. » Ich werde die Zeit nutzen, um mein eigenes Leben zu genießen. «

Ich schüttelte grinsend den Kopf. » Ja, ja, ich hab's verstanden. Du kannst endlich tun und lassen, was du willst. «

Max und ich schauten uns an, als Liora bereits in der kleinen Nische verschwand, um ein Glas Wasser zu holen. Wir lächelten uns an, aber es war noch etwas Unausgesprochenes in der Luft – etwas, das zwischen uns stand.

» Ich glaube, wir sollten langsam packen « , sagte ich schließlich.

» Stimmt « , erwiderte Max und strich sich durch die Haare. » Liora hilft uns dabei, oder?«

» Oh, klar! « , rief sie, » ich packe schon mal ein paar Sachen für euch, damit ihr schneller weg seid und ich sturmfrei habe. «

Während wir mit Liora zusammen die Sachen zusammenpackten, stellte ich fest, wie selbstverständlich sich das alles anfühlte. Max und ich gingen zusammen in eine neue Kabine, und ich wusste, dass diese Veränderung ein weiterer Schritt war, den wir beide bewusst und mit einem Lächeln gingen.

Als wir schließlich in die Kabine rüberzogen und die Tür hinter uns ins Schloss fiel, schien alles in diesem Moment genau richtig zu sein.

𝐚𝐜𝐜𝐢𝐝𝐞𝐧𝐭𝐚𝐥𝐥𝐲 𝐢𝐧 𝐥𝐨𝐯𝐞 ✓ | 𝐌𝐚𝐱 𝐕𝐞𝐫𝐬𝐭𝐚𝐩𝐩𝐞𝐧Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt