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Studentenfutter. Tiefkühlpizzen, alles Tiefkühl. Obst und Gemüse. Ich liebte Früchte. Ich schob den Einkaufswagen vor mich hin und durchsuchte die Regale mit meinen Augen ab. Ich war schnell beim Einkaufen. Beim Einkaufen und selbst beim Shoppen. Ich nahm nur das, was ich wollte, suchte oder mir gefiel und stand nicht fünf Stunden vor einer Ware oder einem Produkt, um zu überlegen, ob ich es doch kaufe oder was anderes finde. Ich hasste das.
Bei der Gemüseabteilung überlegte ich nicht lang. Ich nahm Tomaten, Gurken und Paprika, mehr nicht. Als ich die Tomaten abwiegen wollte, wartete ich darauf, bis die junge Frau mit dem Abwiegen von Erdbeeren fertig war. Als sie wegging, entdeckte sie mich und entschuldigte sich für das lange Warten. "Kein Problem." antwortete ich.
Ich legte meine Tomaten auf die Wage und gab die Nummer ein. Kurzerhand schrie jemand "Tereza! Du bist es!" auf. Ich zuckte zusammen und drehte mich um. Die Frau, die kurz davor vor mir stand, war keine fremde junge Frau, sondern eine alte Freundin.
"Dorentina!" wir umarmten uns. Zuletzt hatte ich sie vor paar Monaten gesehen. Ich wusste, sie lebte ihn Düsseldorf, doch wir kamen nicht dazu uns zu treffen. Sie war nämlich auch am studieren, so wie ich.
"Schön, dass du dich auch mal meldest." sagte Dorentina. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Oft meldete sie sich bei mir, aber ich mich sehr selten bei ihr. So gut wie nie. Ich wusste selbst nicht warum. Ich war nicht so der Mensch, der jeden Tag den Kontakt zu einer Person aufsuchte. Außer bei Denian.
"Tut mir leid." sagte ich.
"Du bist ein Arschloch." sagte sie im Spaß, doch ich wusste, sie meinte es auch ernst, aber ich hatte es ihr nicht übel genommen.
"Wir könnten ja jetzt etwas unternehmen, wenn du möchtest?" schlug ich vor.
"Sehr schlecht, muss gleich wieder los. Aber wann anders, okay?" sie umarmte mich wieder.
"Du hast ja meine Nummer", sagte ich.
"Klar, bis irgendwann!"
"Man sieht sich!"
Dorentina war ebenfalls Albanerin. Ich kannte sie seit sechs Jahren. Wir haben uns über einer meiner Cousinen aus Düsseldorf kennengelernt. Anfangs haben wir uns nur Emails, oder SMS'n geschickt. Später, als wir älter waren und auch einen Führerschein, fuhr ich mal nach Düsseldorf und übernachtete bei ihr, oder sie kam nach Stuttgart und übernachtete bei mir.
Unser Kontakt ging immer auf und ab. Mal konnten wir nicht ohne einander, mal sprachen oder schrieben wir Wochen nicht. Aber keiner war auf den anderen böse. Doch jetzt hatte ich einfach ein schlechtes Gewissen. Ich war eine schlechte Freundin. Ich hatte ehrlich gesagt gar nicht an sie gedacht. Meine Gedanken waren hauptsächlich dem Studium und Stuttgart gewidmet. Oder Denian. 
Als ich mit dem Einkauf fertig war und ich im Auto auf dem Parkplatz saß, schaute ich auf mein Handy. Aber Denian hatte nicht geschrieben. Frustrierend lehnte ich mich zurück. Er hat auch besseres zu tun, sagte ich in mir drin, er hat nicht ständig Zeit für dich, so wie du nicht ständig Zeit für ihn hast. Ich fuhr los.

*

"Das wir eine glatte eins in unserem Projekt haben war sowas von klar." sagte Simon und setzte sich neben mich. Halil, Simon und ich waren in einem kleinen Café.
"Was anderes kann man von uns nicht erwarten." meinte Halil und trank von seinem Cappuccino.
Ich hasste Kaffee, Cappuccino oder sonst was dergleichen. Ich blieb bei meiner heißen Schokolade.
Ich spürte mein Handy in meiner Hosentasche vibrieren und holte es raus. Es war Denian.

Hast du Zeit?

Gerade nicht schrieb ich zurück.

Halil und Simon unterhielten sich weiter über unser Projekt.

Schade, hätte nämlich Lust was mit dir zu unternehmen

Ich biss mir auf die Unterlippe. Ich konnte jetzt nicht einfach so von Halil und Simon weggehen, immerhin war ich mit ihnen verabredet.

Wie wäre es mit morgen?

Ich nahm einen Schluck von meinem Kakao.
Denian.

Also so beschäftigt müsstest du ja momentan auch nicht sein, sonst würdest du mir ja nicht gleich antworten.

"Wieso lächelst du so?" ich schaute auf in Halils Gesicht.
"Darf ich etwa nicht?" fragte ich lachend.
"Mit wem schreibst du da?" er beugte sich über mein Handy rüber. Sah Denians Namen und schaute mich nur an. Er sagte nichts mehr.
In diesem Moment hatte ich das Gefühl, Halil würde eventuell etwas für mich empfinden. Doch ich sagte nichts.

Am Abend legte ich mich nach einer Dusche erschöpft auf die Wohnzimmercouch. Ich wollte gerade den Fernsehen einschalten, als es an der Tür klingelte. Ich verdrehte etwas die Augen, rieß mich aber schließlich zusammen. Mit knappen Hosen und einem Oversize Shirt öffnete ich die Türe. Vor mir stand eine verheulte kleine Dijana.
"Was führt dich denn hier her? Was ist passiert?" fragte ich und zog sie rein in meine zwei Zimmer Wohnung. "M-M-Milaaaan!" schluchzte sie und fing darauf wieder an zu weinen.
"Oh Gott, bist du jetzt den ganzen weiten Weg hier her gefahren?" ich holte etwas Wasser und gab ihr das Glas, sie nahm es an.
"J- J- Ja." sie weinte wieder los.
Ich sagte nichts mehr. Sie war von Stuttgart bis nach Düsseldorf gekommen, nur um sich bei mir auszuheulen. Ich nahm sie in den Arm und wartete bis sie sich beruhigt hatte. Doch nicht nur ich war kaputt, auch sie, woraufhin wir beide einschliefen.

*

Der nächste Tag begann und Dijana weckte mich mit einem rießen Grinsen auf und brachte mich zu dem kurzen Weg auf den kleinen Esstisch.
"Ich habe Pfannkuchen gemacht", sagte sie wie ein kleines Kind und nahm das Nutellaglas.
Ich nahm eine Erdbeere in die Hand und wunderte mich daraufhin woher sie eigentlich kam. Denn ich hatte keine Erdbeeren gekauft.
"Die hab ich mitgebracht." ich schaute von den Erdbeeren auf und entdeckte Dorentina, die gerade aus der Toilette kam. Ich stand auf und umarmte sie. "Dijana hat mich gerufen und bin kurzerhand hier her."
Ich lächelte. "Einen schönen Morgen erstmal!" sagte ich. "Setz dich, Dorentina!" sie nahm Platz und ich tat es ihr nach. Wir aßen zuerst schweigend, bis ich das Wort ergriff: "Dijana was war gestern los?"
"Ach, Milan und ich hatten nur Streit."
"Weshalb?" fragte Dorentina.
"Wegen der Hochzeit."
"Komm zum Punkt, Dijana." sagte ich und biss genüßlich in meinem gerollten Pfannkuchen mit Nutella und Erdbeeren hinein.
"Er sagte, er will keine Albaner auf unserer Hochzeit."
Ich verschluckte mich.
"Bitte?" fragte Dorentina. "Du hast vorhin noch zu mir gemeint, ich kann kommen."
"Du kommst auch!" sagte Dijana sofort. "Und du auch, Tereza! Mir ist es sowas von egal, was er sagt. Nur weil sich Albaner und Serben nicht leiden können, dürfen meine albanischen Freundinnen auch nicht mit auf meine Hochzeit? Nein, soetwas gibt es bei mir nicht!"
"Und deshalb hast du gestern so geweint?" fragte ich.
"Ja, ich habe überreagiert."
Wir schwiegen.
"Aber ihr seid trotzdem eingeladen! Hört nicht auf Milan!" sagte sie sofort.
Dorentina und ich schauten uns an. "Das fängt ja schon mal gut an." sagte sie.

Nachmittags beschlossen wir ins Kino zu gehen. Wir verbrachten den ganzen Tag miteinander und hatten schon lange nicht mehr so viel Spaß. Eine Freundschaft muss gepflegt werden, und dieser Tag hatte der Freundschaft sehr gut getan. Am Abend verabschiedeten Dorentina und ich uns von Dijana, die wieder nach Stuttgart fuhr. Kurz darauf sagte auch Dorentina, sie ginge nun nach Hause. Wir waren in einem Park und trennten somit unsere Wege. Ich beschloss sofort ins Bett zu gehen, wenn ich Zuhause ankam.
Doch mein Schicksal sah das ganz anders.

Nicht ohne DichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt