Denian stand angelehnt an meiner Wohnungstüre. Als er mich entdeckte schaute er langsam vom Boden auf in mein Gesicht. "Hey", sagte er mit heißerer Stimme. Er ging ein Schritt auf mich zu. Ich war überrascht darüber, dass er vor meiner Türe stand. Vor allem war heute Donnerstag und er müsste in der Kaserne sein.
"Hey", sagte ich etwas leise und schaute ihn an. Ich krallte die Schlüssel in meiner Hand noch fester zusammen.
"Ich warte schon seit einer Stunde."
Sofort riss ich meine Augen weit auf. "Wieso wartest du immer so lange?"
"Weil ich dich nicht verpassen will, aber du bist ja immer unterwegs."
"Jetzt bin ich hier." sagte ich.
Ruhe. Ich blinzelte auf den Boden und schüttelte kurz meinen Kopf. "Äh, wir können auch rein gehen."
"Hört sich nicht schlecht an", lachte er. Ich lächelte leicht.
Ich öffnete die Türe und ging vorraus. Das mit dem Duschen konnte ich jetzt erstmal knicken. "Hast du nicht Training?" fragte ich und ging ins Wohnzimmer. Denian setzte sich auf die Couch und lehnte sich zurück. "Doch eigentlich schon, aber hatte keine so große Lust heute."
"Oh", sagte ich nur und ich ging kurz zur Küche um ihm was zu trinken zu bringen.
"Muss morgen wahrscheinlich zur Strafe erstmal gefühlte 200 Liegestützen machen", lachte er kurz. Ich musste nicht lachen, denn ich wusste, er müsste etwas als Strafe machen, aber ich sagte nichts.
"Wie kommt es, dass du nie Zuhause bist?" fragte er mich als ich mich neben ihm setzte.
"Oh, ich bin oft Zuhause. Du bist immer nur zur falschen Zeit hier." sagte ich.
"Heute aber nicht."
"Naja, du hast eine Stunde auf mich gewartet", lachte ich.
"Was kann man schon machen, ich wollte dich sehen, Tereza."
Ich lächelte kurz. "Hat mich da jemand vermisst?" neckte ich ihn.
"Ja", sagte er ernst und schaute mir tief in die Augen. "Ich habe dich wirklich vermisst."
Ich schaute von seinem Gesicht weg. Ich konnte ihm nicht in die Augen schauen. Ein Junge, der mir gefiel, saß in meiner Wohnung. Er war alleine nur mit mir. Und er war nicht gekommen um mit mir für das Studium zu lernen, und er war auch nicht gekommen, weil er was für das Studium brauchte. Nein, er war wegen mir gekommen, da er mich näher kennenlernen wollte. Ich hatte ein komisches Gefühl. Einerseits wollte ich ihn bei mir haben und ihn selbst kennenlernen, andererseits war er nicht der Typ Junge, den ich mir in einer Lebensbeziehung vorstellte. Denian war Deutscher. Ich war Albanerin, mit einem patriotischen Vater. Was hätte ich in dieser Situation machen sollen? Denian nach Hause schicken und sagen "Hey, tut mir Leid. Aber mein Vater würde dich nicht akzeptieren, deshalb können wir nie heiraten". Erstens würde es komisch rüber kommen, dass ich schon daran denke ihn meinen Eltern vorzustellen und zweitens käme es noch komischer schon über Heirat zu sprechen. Ich wollte nicht heiraten. Ich war mir sicher, ich werde nie heiraten. Denn Heirat bedeutet auch gleich Kinder und Kinder wollte ich so gut wie möglich vermeiden. Ich wollte mich nur auf meine Karriere konzentrieren. Heirat bedeutete Frau bleibt Zuhause, putzt, kocht und passt auf die Kinder auf. Naja, immerhin war das so bei albanischen Familien. Und soetwas wollte ich nicht, deshalb wollte ich nie einen Albaner als meinen Zukünftigen. Aber eine andere Nationalität käme nie in Frage für meinen Vater. Und das war auch schon der zweite Grund nie zu heiraten.
"Alles okay?" Denian brachte mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
"Ja, tut mir Leid." sagte ich und lehnte mich ebenfall auf die Couch zurück.
Es war falsch von mir ihn neben mir sitzen zu lassen, und vor allem war es falsch von mir ihn in meine Wohnung rein zu lassen. Am Ende führte mich das alles Irre. Falls es mit Denian und mir doch funktionieren würde, würde mein Vater dennoch nicht damit einverstanden sein. Er war eben ein Deutscher.
"Hast du mich auch vermisst?"
Und wie ich ihn vermisst hatte, Gott unbeschreiblich sehr! "Ein wenig." sagte ich.
Ein wenig? Ein wenig viel! Ich hatte Sehnsucht nach ihm! "Ich hatte Sehnsucht nach dir." ich stoppte meinen Atem. Hatte ich das ernshaft gesagt? Ich schaute ihn an um seine Reaktion zu definieren. Er schaute mir sehr intensiv ins Gesicht und ich spürte wie er es studierte und an meinen Lippen festhing. Er beherrschte sich. "Ich hatte auch Sehnsucht nach dir, deshalb stand ich auch so oft vor deiner Haustüre." Er schaute mir wieder in die Augen. "Du bist so anders." sagte er und biss sich auf die Unterlippe. "Schon seit wir das erste Mal so intensiv miteinander geredet haben. Und was wir miteinander schreiben. Du bist wie ich nur in weiblich. Du hast die gleichen Ansichten wie ich. Und dein Aussehen erst. Gott, Tereza, ich finde dich so verdammt heiß."
Ich schluckte. Noch ein Mal: Ein junger gutaussehender Mann, saß neben mir auf meiner Couch und er sagte mir gerade, wie heiß er mich doch fand. Ich schluckte nocheinmal.
Wieso fand ich es nicht einmal abstoßend, dass er mich heiß genannt hatte? Lag es wirklich daran, dass es Denian war? Sobald mich jemand anderes heiß nannte oder mich mit seinen Blicken auszog, spürte ich Ekel und Scham, doch bei Denian war das überhaupt nicht so. Mir gefiel es sogar.
"Tereza, ich war noch nie in einer Beziehung." sagte er. Ich schaute ihn daraufhin komisch an.
"Du lügst", meinte ich.
Er verdrehte die Augen. "Ich lüge nicht. Ich habe mich damals nur auf die Schule konzentriert und jetzt nur auf meine Arbeit, da hatte ich keine Zeit für Beziehungen." Genau wie ich.
"Ich war noch nie in einer Beziehung", sagte er wieder. "Und ich will auch weiterhin keine Beziehung."
Ich schluckte. Das tat weh. Auch wenn ich wusste zwischen mir und ihm würde es nie klappen. Einen kleinen Stich spürte ich dennoch im Herzen. "Ich habe Angst davor", flüsterte er und schaute mich an.
Ich sagte nichts, sondern ließ ihn einfach reden. "Ich habe bis jetzt nur ein Mädchen an mich rangelassen und sie ist gegangen. Ich hab Angst, dass du das gleiche machst. Aber bei dir habe ich so ein anderes Gefühl. Du bist so anders. Du bist mir so vertraut, vor dir brauch ich mich für nichts zu schämen. Du bist so perfekt für mich."
"Du bist zum verlieben." schwärmte ich ihn an.
Er schaute mir tief in die Augen. Schwieg und sagte dann: "Ich kann keine Beziehung mit dir führen. Noch nicht. Vielleicht später irgendwann, aber jetzt nicht."
"Du bist zum verlieben." sagte ich wieder.
"Bitte, verlieb dich nicht in mich."
"Du bist zum verlieben, Denian."
Er schüttelte den Kopf. "Hör auf die Sache noch schwerer zu machen. Verlieb dich jetzt nicht in mich."
"Habe ich bereits, Denian."
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Nicht ohne Dich
RomanceWünsche sind unerwünscht. Du bist wie eine Marionette geführt von den Menschen, die deine Entscheidung nicht akzeptieren. Du folgst deinem Herzen und möchtest an die bevorstehenden Probleme erst gar nicht denken. Doch kaum gehst du deinen Weg, steh...