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Ich war von der Außenwelt völlig isoliert. Meine Zeit verbrachte ich oftmals Zuhause. Ich wollte hinaus, durfte aber nicht. Ich durfte nichts. Ich war gefangen in diesen vier Wänden, mit einem Menschen an meiner Seite, den ich nicht liebte. Ich fühlte mich nicht wie in meiner Heimat, ich fühlte mich wie im Gefängnis. Mohammed, mein Lebensgefährter, war wie schon geahnt, 30 Jahre alt. Er war zehn Jahre älter als ich und ich ekelte mich vor ihm. Ich ekelte mich allein nur bei seinem Anblick, auch wenn er nichts tat. Er wusste nichts von meinem Schicksal, er wusste nichts davon, warum mein Vater mich ihm gab. Er sah mich als Geschenk an, als Material.
Mohammed war streng muslimisch und ich kannte diese Welt nicht. Eine Woche verbrachte ich schon hier und wurde jeden morgen aufgeweckt, um zu beten. Er betete fünf Mal am Tag, ich nicht. Ich tat es nicht. Ich hatte den Glauben zu Gott verloren. Als meine Eltern mir das antaten, hatte ich den Glauben völlig verloren. Mohammed konnte mich nicht zwingen, er konnte so vieles noch tun, aber ich verlor jeden Schein dieser Welt.
Er behandelte mich wie Dreck. Er schlug mich, sobald ich mich weigerte zu beten. Ich gab nur nach, damit er aufhörte, aber ich betete nicht. Ich folgte nur seinen Bewegungen, aber in meinem Kopf war kein Gebet. In meinem Kopf war nur Denian.
Er machte sich sicher Sorgen um mich. Er suchte sicher schon nach mir. Und sicher war er nach Stuttgart gegangen, um mich zu suchen. Sicher hatte er schon die Polizei informiert. Sicher. Sicher. Sicher.
Aber ich wusste nichts davon. Ich wusste nicht, was Denian dachte oder machte. Ich wusste nichts. Wir hatten keinen Fernseher, keinen Radio, nur ein Telefon, das immer wieder ausging, wenn meine Schwiegermutter mit irgendjemanden telefonierte.
Der einzige Besitz, welchen ich besaß, war mein Rucksack mit meinen Klamotten. Doch die reichten bald auch nicht mehr aus. Ich brauchte neue und frische Sachen, doch Mohammed war das egal.
Er behandelte mich wie Dreck.
"Zieh das an!" Mohammed kam ins Wohnzimmer und schmiss mir ein schwarzes Gewand entgegen. Ich lachte.
"Zieh das an!" sagte er noch einmal. Ich stand auf und ging ins Bad. Natürlich hatte es keine Abriegelung, man konnte es einfach öffnen. Und das tat Mohammed auch. "Hörst du mich etwa nicht?"
"Ich will dir nicht gehorchen." sagte ich und schaute in das halbkaputte Spiegel.
Keine Sekunde später zuckte ich zusammen, als er seinen Arm meinen gewaltsam berührte. Er zog mich zurück ins Wohnzimmer. Seine Mutter saß nun auf dem Sofa und starrte uns an. Ich dachte daran, als mein Vater mich schlug und meine Mutter den Fernsehen an schaute. In diesem Moment hätte ich mir einen Fernseher in diesem Zimmer gewünscht, damit auch Mohammeds Mutter darauf schauen konnte. Ich atmete tief durch, als Mohammed wieder sagte, ich sollte das schwarze Gewand anziehen. Ich wusste was es war. Es war eine Burka. Und ich wollte es nicht anziehen. Dann blieb ich lieber in meinen verschwitzten Klamotten. Ich wollte mich nicht bedecken. Als ich mich wieder keinen Millimeter bewegte, schlug er mich. Er packte mich an den Schultern und rüttelte mich, er schmiss mich auf den Boden und schlug mit den Händen auf mich ein. "Ist es", fing ich an zu schreien. "Ist es das was Allah euch Männern befohlen hat? Uns Frauen zu schlagen!" Mohammed hörte auf. Ich schaute auf und blickte in sein zorniges Gesicht. "Zieh es an du musst einkaufen gehen." sagte er nur noch und ging.
Und so tat ich es. Nicht weil er es wollte, sondern weil ich hinaus wollte. Ich wollte die Gegend erkunden.
Mit einem schwarzen Gewand um meinen Körper und einem schwarzen Kopftuch, das nur meine Augen erblicken ließ, ging ich hinaus. Ich sollte Brot kaufen. Brot, Milch und frische Tomaten. Er sagte, ich solle die Straße entlang laufen und dann würde ich schon im Zentrum ankommen.
Die Straße war lang. Sie kam mir unendlich weit vor. Es war nicht einmal eine asphaltierte Straße, sie bestand aus kleinen weißen Steinen. Abgemagerte Hunde und Katzen kamen mir entgegen, der Müll lagerte sich an den Seiten des Weges ab und ein Traktor fuhr an mir vorbei. Ich hatte das Bedürfnis den Fahrer zu rufen, damit er mich mitnahm. Aber nicht ins Zentrum, sondern einfach nur weit weg. Keinen weiteren Tag würde ich es in dieser Familie aushalten. Mohammed schlug mich und das konnte ich nicht aushalten. Er hatte mich am dritten Tag sogar blutig geschlagen, weil ich nichts zu essen gemacht hatte. Ich hatte am ganzen Körper blaue Flecken. Vor allem tat mir aber mein rechter Arm weh, der am meisten litt. Er zog immer daran. Irgendwann würde er mir dadurch noch die Schulter auskugeln.
Mein Gewand war an den Enden schon völlig verstaubt von den Steinen. Aber mich kümmerte es nicht. Ich würde sicher wieder Schläge bekommen, wenn Mohammed das sieht.
Ich fragte mich, in welchem Dorf ich eigentlich war.
Als ich im Zentrum angekommen war, versuchte ich das herauszufinden, in dem ich Plakate las und nach Straßenschildern suchte, aber ich fand keine. Die Menschen drängelten sich an mir vorbei und schauten mich von oben bis unten an. Sie waren es wohl nicht gewohnt so jemanden zu sehen. Genau so wie ich es nicht gewohnt war so rumzulaufen. Jede Minute wollte ich mein Gewand in der Menschenmenge ausziehen, doch ich beließ es bei der Sache. Innerlich hoffte ich, dass ich jemanden fand, den ich kannte. Jedes Jahr war ich hier gewesen, aber diese Gegend war mir unbekannt. Als ob mein Vater mich auch in einer für mich bekannten Stadt verheiraten würde. Niemals.
Ich lief direkt zu einem Gemüsestand zu, und kaufte frische Tomaten. Die alte Frau hinter der Kasse, strahlte eine so wohlbefindliche Energie aus, dass ich vor hatte ihr mein Schicksal zu erzählen. Ich wollte dass mir jemand hiflt. Ich wollte zu jemanden hinrennen und erzählen. Aber wer würde mir schon helfen? Sie würden mich schräg anschauen und weiter laufen. Ich wusste nicht was ich tun sollte, so kaufte ich meine Sachen ein und ging wieder die lange Straße zurück. Ich hatte keine andere Wahl.
Ich war nicht schwach. Ich hatte nur keine andere Wahl.
Irgendwann wird mich Denian hier rausholen, dachte ich. Dorentina machte sich doch bestimmt auch Sorgen, sie und Denian würden mich suchen. Sie waren bestimmt schon bei meinen Eltern und nun auf den Weg hier her. Ich hing an diesem Funken Hoffnung fest. Denian und Dorentina waren meine letzte Chance. Oder Halil! Halil machte sich Sorgen, wenn ich auch nur einen Tag in der Uni nicht da war. Und nun fehlte ich eine ganze Woche. Er würde mich zu 100% suchen!
Bald käme ich hier raus, dachte ich.
Zuhause angekommen, stellte ich die gekaufte Ware in die Küche und ging ins Wohnzimmer, um sofort mein Gewand ausziehen. Mohammed und seine Mutter waren wohl nicht da. Doch da hatte ich mich geirrt. Keine Sekunde später, stürmte Mohammed ins Wohnzimmer. Ich schrie auf, da ich nur in Unterwäsche vor ihm stand. Schnell suchte ich mit meinen Augen meinen Rucksack ab und fand ihn in der Ecke. Ich ging hin, kramte hinein und zog mir ein Shirt heraus. Ich spürte Mohammeds Blick auf meine nackte Haut und fing an nervös zu werden. Ich hatte Angst.
"Komm her", sagte er. Doch ich stand nur schnell auf, um mein Tshirt anzuziehen. Er kam und riss es mir aus der Hand. "Wenn ich dir sage, dass du her kommen sollst, dann kommst du auch her." Ich schluckte. Ich hatte Gott verdammt nochmal Angst. Höllische Angst und mir kamen die Tränen in den Augen. Mohammed berührte meine blaubefleckte Haut. "Was habe ich dir nur angetan." fragte er sich mehr selbst, statt mich. Ich schaute ihm ins Gesicht. Er hatte nun eine ganz normale Stoffhose und ein Shirt an. "Was habe ich meiner Liebsten nur angetan?" fragte er wieder und blickte mir in die Augen. Ich hatte meine Hände vor die Brust gelegt. Ich hatte mich geschämt. "Aber du verzeihst mir doch, oder?" fragte er mich und wartete auf eine Antwort. Doch ich antwortete nicht. "Oder?" schrie er mir ins Ohr und sofort nickte ich mit dem Kopf.
Noch nie hatte ich mich selbst so erlebt. Ich war ein Haufen Elend. Meine Gedanken waren leer, selbt mein komplettes Inneres war leer. Erst in diesem Moment begriff ich eigentlich was passiert war. Ich wollte ein Leben mit Denian, stattdessen hatten meine Eltern mir mein Leben genommen und es verschenkt. Sie verschenkten mich einem strengmuslimischen Menschen in der Heimat und ich hatte keine Chance zu entkommen. Ich wollte zurück in mein altes Leben. Hätte ich das alles gewusst, hätte ich nie mein Projekt im Militär gemacht, ich hätte nie angefangen Journalismus zu studieren, ich wäre nie nach Düsseldorf gegangen. Ich wäre vermutlich Zuhause bei meinen Eltern geblieben und hätte Medizin oder Jura studiert. Ja, wenn ich gewusst hätte, was mein Schicksal mit mir vorhatte, hätte ich das gemacht. Dann hätte ich nie auf Denian getroffen und mir wäre das nie passiert.
Mohammeds Hand zwang meine Arme hinunter fallen zu lassen. Widerwillig hingen sie an meinen Seiten. Er schaute mich an, von oben bis unten. Ich fühlte mich schrecklich. Er hob langsam seine Hand und strich an meinem Bauch entlang, ich zuckte kurz zusammen, schloss meine Augen und spürte Denians Nähe, wie er meinen Bauch liebkostete. Wie er meinen Bauch abwärts küsste und mir dabei immer in die Augen sah. Als ich die Hand an meiner Brust spürte, schlug ich sie weg.
Ich schaute Mohammed mit einem zornigen Blick an, doch er schien ebenfalls wütend. "Das hast du dir erlaubt?" fragte er mich und kam noch einen Schritt näher auf mich. Ich versuchte nicht meine Angst zu zeigen, denn somit zeigte ich Schwäche. "Ich bin keine Puppe." sagte ich, nahm meinen Rucksack und wollte mich an ihm vorbeidrücken, doch ihm gefiel das gar nicht. Er packte mich so grob an meinen Hände, dass ich mich nicht wehren konnte. Er zog mich in sein Schlafzimmer und schloss die Türe hinter sich zu. Ich war für einen kurzen Moment frei und rannte so Richtung Fenster. Doch Mohammed kam mir zuvor und packte mich wieder, er schmiss mich auf sein Bett und ich schrie: "NEIN!" ich schrie es immer wieder. Immer und immer wieder. "NEIN! NEIN! NEIN!" Er zog seine Hose und seine Unterwäsche aus. Mein Herz begann zu rasen, ich rannte zur Türe und versuchte sie aufzumachen. Vergebens. Ich entdeckte den Schlüssel, nahm ihn, steckte ihn hinein, konnte es aber vor zittern nicht drehen. Mohammed packte mich an meine Haare und ich fiel zu Boden. Er zog mich auf Knie und steckte mir sein Glied in den Mund. Ich schlug ihm auf die Beine und versuchte mich zu befreien. Ich versuchte aufzustehen, doch er war viel zu stark. Er bewegte sich in mich und mir kam das kotzen hoch. Doch davor lies er mich los und ich fiel zu Boden. Ich fing an zu weinen und zu schluchzen und nach Luft zu holen. Ich hatte keine Kraft. Meine Stärke war verflogen, ich war schwach. Ich ließ es mit mir machen und weinte nur. Ich konnte nicht mehr. Ich konnte nicht anders.
Während ich auf den Boden lag, zog mich Mohammed aus. Ich hatte mich nicht gewehrt, ich sah das als Ende. Und als er in mich gewaltsam hineindrang, schrie ich nur so voll Verzweiflung, Trauer, Schmerzen und Hoffnungslosigkeit.

Nicht ohne DichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt