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Die Stille im Badezimmer war nun nicht mehr nur beruhigend, sondern auch voller Hoffnung, trotz der Dunkelheit, die sie draußen wartete. Doch in diesem Moment war die Dunkelheit weit entfernt, und nur sie beide zählten – und die Tatsache, dass sie nicht alleine waren.
Die Sonne ging gerade unter und tauchte die Stadt in ein warmes, goldenes Licht, das die Straßen und Gebäude in ein fast unwirkliches Licht hüllte. Doch für Liana gab es keine Ruhe, keine Harmonie in der Szene vor ihr. Ihre Welt war dunkel und gefährlich, auch wenn das Sonnenlicht versuchte, die Dunkelheit zu vertreiben. Der Auftrag war klar, und sie wusste, dass sie keine Wahl hatte.

Sie schlüpfte in ihre schwarzen Ledersachen, die vertraute, kalte Haut des Materials um ihre Gelenke und den Körper, der sich immer mehr zur Waffe selbst verwandelte. Das war die Rolle, die sie einnahm, Tag für Tag. Eine Mörderin, die in der Stille der Dämmerung jagte.

Der Auftrag war nicht einfach. Es war ein Geschäftsmann, der tief in dunkle Geschäfte verwickelt war, ein Mann, der in den Schatten lauerte. Und heute Abend war er ihr Ziel. In einem Lagerhaus an den Rändern der Stadt sollte sie den Vertrag beenden, den er unterzeichnet hatte – mit seinem Leben.

Die Fahrt mit dem Motorrad war der einzige Moment, in dem sie sich ein kleines Stück Freiheit fühlte. Der Fahrtwind wehte ihr durch das dunkle Haar, die letzten Strahlen der Sonne fielen wie Gold über die Straßen, die immer leerer wurden, je näher sie dem Ziel kam. Ihr Blick war scharf, ihre Gedanken fokussiert. Sie musste schnell sein, präzise, und vor allem: keine Spuren hinterlassen.

Sie erreichte das Lagerhaus. Die Sonne war gerade untergegangen, und die letzten Reste des Himmels begannen, in tiefes Blau und Violett zu versinken, als Liana die Motorradkette einrasten ließ und sich an die Tür des Lagerhauses schlich. Sie prüfte das Schloss, zog einen kleinen Schlüssel heraus und öffnete es leise. Der Duft von feuchtem Holz und Staub drang ihr in die Nase. Sie trat ein.

Innen war es dunkel und still, nur das entfernte Geräusch von tropfendem Wasser hallte in den Ecken des Raumes. Ihr Ziel war in der hinteren Ecke des Gebäudes, saß an einem Tisch und betrachtete nachdenklich ein Glas Whiskey, das er in der Hand hielt. Der Raum war spärlich erleuchtet, nur schwache Lichtquellen von außen fielen durch die vergitterten Fenster.

Liana konnte ihn sehen, konnte den Mann erkennen, der in den dunklen Geschäften des Kartells verwickelt war. Sie wusste, was er getan hatte, wusste, dass er keine Gnade verdiente. Doch auch in dieser Klarheit, die sie fühlte, war da etwas anderes – ein kleines Zögern, das sie versuchte, abzuschütteln. Es gab keine Zeit für Zweifel.

Sie zog das Messer aus der Scheide an ihrem Oberschenkel. Der Stahl glänzte im schwachen Licht. Ihre Hand hielt es fest, ihr Körper bewegte sich schnell und zielgerichtet, ohne einen Moment zu verlieren. Der Mann hatte nicht bemerkt, dass er nicht alleine war.

Als sie ihn fast erreicht hatte, drehte sich der Geschäftsmann plötzlich um, seine Augen weiteten sich in einem Moment der Überraschung, bevor er schnell nach seiner Waffe griff. Doch Liana war schneller. Sie stieß das Messer in seinen Hals, ein schneller, präziser Schnitt. Blut spritzte in alle Richtungen, und er fiel mit einem dumpfen Schlag zu Boden, das Glas aus seiner Hand rollte über den Boden.

Liana trat zurück, atmete tief ein und nahm einen Moment, um sich zu sammeln. Es war schnell gegangen, vielleicht zu schnell. Doch der Job war erledigt.

Der Raum schien plötzlich noch stiller, der Tod des Mannes lastete schwer in der Luft. Doch der Moment des Triumphs war nur von kurzer Dauer. Aus den Schatten trat eine Gestalt, ein weiterer Mann, den sie nicht erwartet hatte. Er war nicht Teil des Plans – doch er war hier, mit einer Waffe in der Hand.

„Du dachtest wohl, du könntest einfach verschwinden", sagte er mit kalter, höhnischer Stimme und richtete die Pistole auf sie.

Liana zog die Waffe, die sie an ihrer Seite trug, ein schneller Reflex. Ein Schuss – ein gezielter Treffer. Doch der Mann feuerte schneller. Ein lautes Krachen, und der Schmerz explodierte in ihrem Oberschenkel. Sie taumelte, aber sie behielt die Kontrolle und drückte ab, das Geräusch des Schusses hallte in der Stille des Raumes wider. Der Mann ging zu Boden, das Leben verließ ihn, genauso schnell wie das des Geschäftsmanns.

Sie spürte den Schmerz in ihrem Bein, das Blut, das sich in Strömen sammelte, während sie sich zurück an die Wand lehnte. Die Welt um sie herum begann zu verschwimmen, aber sie wusste, dass sie noch nicht sicher war. Sie musste verschwinden, schnell und ohne Spuren zu hinterlassen. Die Tür war hinter ihr, und sie konnte noch nicht zulassen, dass sie entdeckt wurde.

Mit der letzten Kraft, die sie aufbringen konnte, zog sie ihre Handschuhe aus und begann, die Spuren zu verwischen. Das Messer, die Waffe, alles musste sauber sein. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, und der Schmerz in ihrem Bein machte das Laufen nahezu unmöglich, aber sie musste es tun.

Sie verließ das Lagerhaus mit einem letzten Blick auf die Leichen hinter ihr. Das Motorrad wartete in der Gasse, der Motor brüllte wieder auf, als sie sich darauf setzte. Der Regen hatte begonnen, die Straßen waren rutschig, und das Blut in ihrem Bein war eine ständige Erinnerung an das, was sie gerade getan hatte – und das, was noch kommen würde.

Kill me BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt