Harrys Idee, dass er am Gang mehr Beinfreiheit hatte, erwies sich zwar als richtig, allerdings hatte er nicht bedacht, dass sich die Menschen im engen Gang an ihm vorbeidrängen würden und ihn dann, notgedrungen, berührten.
Immer wieder bekam Harry einen Ellenbogen ab, eine Handtasche oder, was am schlimmsten war, Hände. Hände, die sich einfach an seinem Sitz festhielten.
Innerlich kribbelte alles in ihm und er merkte, wie seine Hände begannen zu zittern. Außerdem war es jetzt schon so stickig, dass er kaum Luft bekam.
"Alles okay?", fragte Louis, als er Harrys Nervosität bemerkte. Mechanisch nickte dieser, doch seine wild hin und her huschenden Augen verrieten ihn. Na ja und die zitternden Hände.
"Sollen wir den Platz tauschen?"
Sofort nickte Harry dankbar und als sich Louis erhob und sich dann an ihm vorbeischob, bemerkte er vor lauter Dankbarkeit gar nicht, wie sich ihre Beine berührten.
"Danke", kam's leise von dem Lockenkopf und erleichtert atmete dieser aus, als nur noch Louis neben ihm war.
Harry lenkte sich während des Fluges mit einem Podcast ab und als sie endlich landeten, war er mehr als erleichtert. Es hatte immerhin seinen Grund, dass er nur flog, wenn es unbedingt sein musste.
"Okay, jetzt noch die Koffer und dann können wir endlich ins Hotel."
Auch Louis war geschafft. Sie waren zwar nicht lange geflogen, aber Harrys Anspannung hatte sich auf ihn übertragen und er fühlte sich wie nach einem Zwanzig-Stunden-Flug. Dabei waren es gerade mal eine gewesen.
Am Kofferband wurde Louis dann erneut mit Harrys Zwängen konfrontiert. Während er seinen Koffer einfach vom Band nahm, zog sich Harry Vinylhandschuhe über und zog mit angeekeltem Gesicht seinen Koffer vom Band. Er wollte ihn eigentlich vorher in Plastikfolie einschweißen, hatte sich dann aber nicht getraut. Er wollte nicht, dass Louis ihn für einen Freak hielt.
Die Handschuhe behielt der Lockenkopf an, bis sie im Hotel waren und während Louis für sie eincheckte, warf Harry die Handschuhe in den Mülleimer und holte ein Desinfektionsgel aus seinem Rucksack, womit er den gesamten Koffer einsprühte. Den Griff tränkte er beinahe. Kaum auszudenken, wer den alles in der Hand gehabt hatte.
Im Hotelzimmer kam dann der nächste Test für Louis' Nerven.
Sie hatten Einzelbetten, das war schonmal gut. In seinem Kopf hatte Louis schon die klischeehafte Vorstellung davon gehabt, was passieren würde, sollte es einen Buchungsfehler geben, und sie ein Doppelbett haben würden. Vermutlich hätte er dann auf dem Fußboden schlafen müssen.
"Was machst du da?"
Harry hatte erneut Handschuhe an und zog gerade die Vorhänge zu, was Louis verwundert schauen ließ. Das Licht war Gott sei Dank schon aus und als Harry dann aus seinem Rucksack ein Schwarzlicht hervorholte, musste Louis wirklich tief durchatmen.
Es dauerte eine geschlagene halbe Stunde, bis Harry das Zimmer durchleuchtet hatte und, sehr zu Louis' Glück, nichts gefunden hatte. Dieses Zimmer war sehr gründlich gereinigt worden und Louis dankte der Klinik, dass sie nicht in einem billigen Motel untergekommen waren. Bei den ganzen Flecken, die dort gewesen wären, hätte Harry sicherlich einen Nervenzusammenbruch bekommen.
"Gut, wir haben jetzt eine halbe Stunde Zeit, um die Koffer auszupacken. Dann sollten wir schauen, wo der Speisesaal ist und schon einmal den Weg zum Kongress ablaufen, damit wir morgen genau wissen, wie lange wir brauchen und wo wir hinmüssen."
"Äh..."
Das war eigentlich nicht Louis' Plan. Er wollte duschen und dann etwas essen.
"Ich wollte eigentlich erst duschen und... ähm... also ich packe meine Koffer in Hotels nie aus."
Völliges Unverständnis spiegelte sich auf Harrys Gesicht ab, als er Louis ansah, als wenn der gerade erklärt hätte, dass die Erde eine Scheibe war.
"Duschen? Jetzt?"
Louis nickte.
Harry haderte mit sich und versuchte die erneute Unruhe in sich herunterzuspielen. Er nickte also, obwohl sich in ihm alles sträubte, dass Louis jetzt duschen ging. Dieser nahm das Nicken allerdings schnell hin und sah zu, dass er ins Badezimmer kam, bevor Harry es sich anders überlegte.
Harry hatte seinen Koffer fein säuberlich ausgeräumt und alles im Schrank verstaut. Er hörte die Badezimmertür und als er sich umdrehte, fror er ein.
Louis stand dort, nur mit einem Handtuch um die Hüften. Also nackt, quasi.
"Die Dusche ist wirklich klasse. Sie hat eine von diesen Regenbrausen."
Louis schlenderte zu seinem Koffer und kramte darin herum, damit er sich eine neue Shorts nehmen konnte und merkte nicht, wie Harry ihn regelrecht anstarrte.
Er hatte noch nie einen nackten Mann gesehen. Also abgesehen vom OP. Nichtmal Niall hatte er ohne Kleidung gesehen und den kannte er seit dem Kindergarten.
Louis hatte einen schönen Körper, fand Harry. Einige Muskeln und tatsächlich einige Tattoos. Ob es sehr weh tat?
Der junge Arzt schluckte und merkte, wie sich sein Bauch zusammenzog. Er konnte den Blick einfach nicht von Louis nehmen.
"Alles okay?"
Natürlich merkte Louis den Blick und auch, dass Harry förmlich erstarrt war.
"Harry?"
"Dein Körper ist schön."
Äh...
"Danke?"
Was sollte Louis dazu sagen? Das war aus Harrys Mund ja mal ein sehr schönes Kompliment, oder? Sowas sagte der doch nicht einfach so.
"Ich ziehe mich schnell an", erklärte er und hielt seine Shorts in die Luft. Kurz überlegte er, ging dann aber doch lieber wieder ins Badezimmer. Vor jemand anderem hätte er sich einfach umgezogen, aber er glaubte, dass Harry das nicht toll finden würde. So wie der gerade geguckt hatte, wäre der vermutlich schreiend davongerannt.
Als er dann aus dem Badezimmer kam, stand Harry mit seinem Rucksack an der Zimmertür. Sein Gesicht war knallrot und er wirkte etwas durch den Wind, aber Louis traute sich nicht zu fragen, was los war. Stattdessen nahm er seinen eigenen Kram und schulterte seinen Rucksack.
"Okay, dann lass uns losgehen."
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Hallo meine Lieben,
Ich wünsche euch einen tollen Start ins Wochenende! Wir freuen uns schon sehr auf eure Rückmeldungen und hoffen, das Kapitel hat euch gefallen.🤍
All the love,
Helena xx
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I don't think so
FanfictionHarry und Louis - zwei Ärzte, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Harry, ein hochbegabter Chirurg, navigiert die Welt der Medizin mit brillanter Präzision, doch seine soziale Eigenwilligkeit stellt oft eine Herausforderung für seine Kollegen da...
