Louis war bei Harrys Blinddarm-OP dabei. In der Regel war es immer so, dass zwei Chirurgen im OP-Saal waren. Es konnte ja immer mal einen Zwischenfall geben.
Zudem war Louis neugierig. Er wollte sehen, wie Harry arbeitete. Von seiner fachlichen Kompetenz konnte er sich ja nun mehr als einmal schon überzeugen.
Aber auch als Chirurg machte Harry einen verdammt guten Job.
Seine Griffe waren routiniert und ruhig. Sein Blick stets konzentriert und es machte nicht den Anschein, als wenn Harry bei irgendeiner Handbewegung zögern musste.
Gut, eine Blinddarm-OP war jetzt kein Vergleich zu einer OP am offenen Herzen, aber man konnte dennoch viel aus der Beobachtung erkennen.Nach der OP gönnte sich das Team eine kleine Pause, bevor die Nächste anstand. Dieses Mal würde Louis operieren. Ein Kreuzbandriss. Auch nichts Spannendes.
"Da du ja vorhin solch ein Interesse an meinem Privatleben hattest... wie sieht es denn bei dir aus?", traute sich Louis zu fragen und nippte an seinem grünen Tee.
Harry starrte auf seinen Teller, sah Louis mal wieder nicht an, antwortete dann aber wenigstens.
"Ich habe eine Zweizimmerwohnung. Die sieht vermutlich aus, wie jede andere."
Louis zog irritiert die Stirn in Falten.
"Was?"
"Was?"
"Ich meine dein Privatleben, Harry."
Himmel. Konnte ja keiner ahnen, dass Harry ihn so wörtlich nehmen würde.
Der junge Arzt mit den Locken zuckte auf diese Aussage allerdings nur mit den Schultern.
"Hast du eine Frau? Kinder?"
Wenn Harry das so raushauen durfte, durfte Louis das doch wohl auch.
Aber sehr zu seinem Erstaunen verzog Harry angewidert sein Gesicht.
"Nein."
Okay, das würde schwer werden.
"Und warum nicht? Wegen des Jobs?"
Wieder ein Schulterzucken und betretendes Schweigen. Das Gespräch war wohl beendet.Nach der Kreuzband-OP hatten sie Feierabend.
Louis freute sich schon auf seinen Balkon und ein kühles Bier. Es waren solch kleine Momente, die ihn wieder runterkommen ließen. Die ihn nach stressigen Tagen im Krankenhaus durchatmen ließen.
Vor dem Krankenhaus traf er dann erneut auf Harry, welcher ziemlich verloren aussah. Überfordert sah der Lockenkopf auf sein Handy, murmelte vor sich hin und schüttelte immer wieder seinen Kopf.
"Alles okay?"
Der junge Arzt zog seine Schultern ein und sah auf seine Füße.
"Niall muss länger arbeiten."
"Okay?"
"Er fährt mich immer."
Öffentliche Verkehrsmittel waren für Harry ein Ding der Unmöglichkeit. Die Geräusche waren das Eine, die ganzen Keime und Bakterien das Andere. Zudem rochen Menschen. Meistens nicht nach Vanille und Lavendel.
"Soll ich dich fahren?"
Sofort schüttelte Harry seinen Kopf.
"Das ist aber wirklich kein Problem, Harry."
Zögerlich sah der Lockenkopf auf, musterte Louis nachdenklich. Er haderte mit sich. Niall würde noch mindestens eine Stunde brauchen. Er musste also hier warten. Oder zu Fuß gehen.
Vielleicht...
"Kann ich dein Auto sehen?"Gemeinsam gingen sie über den Parkplatz und als sie vor Louis' schwarzen Volvo stehenblieben, umrundete Harry diesen mit kritischem Blick.
"Kein Unfall."
Louis nickte.
"Noch nie. Ich habe auch noch nie ein Knöllchen bekommen."
"Kannst du die Tür öffnen?"
Der Ältere hinterfragte einfach mal nicht, warum Harry das nicht selbst tat und öffnete die Beifahrertür.
Vorsichtig sah Harry in den Innenraum.
"Sauber, keine Flecken auf den Sitzen, kein Schmierfilm auf den Armaturen."
Äh...
"Die Fußmatten sind sauber."
"Ich pflege mein Auto."
Wirklich, dieses Ding war so teuer gewesen, dass Louis schon beinahe peinlich penibel mit dem Teil war.
"Ich denke, das wird gehen."
Louis biss sich auf seine Zunge und schluckte den bissigen Kommentar herunter.
Harry meinte es nicht so, das musste er sich einfach nur immer und immer wieder vor Augen halten.Der Lockenkopf nannte Louis dann seine Adresse und der Ältere stellte fest, dass sie gar nicht mal so weit auseinander wohnten. Lediglich eine Querstraße trennte sie voneinander.
"Wohnt Niall hier auch in der Gegend?"
Sofort schüttelte Harry seinen Kopf.
"Er und Liam wohnen am East End."
Überrascht sah Louis einmal kurz zu Harry, dann wieder auf die Straße.
"Und er holt dich jeden Tag ab und bringt dich nach Hause?"
Harry nickte.
Dann machte Niall täglich einen Umweg von 30 Minuten. Pro Strecke.
"Ähm... also ich wohne hinten rechts die Straße rein. Wenn du möchtest, kann ich dich auch gerne mitnehmen. Dann muss Niall nicht erst hierher und dann wieder zurück Richtung Krankenhaus."
Woher dieser Vorschlag kam?
Louis wusste es auch nicht.
War aber auch egal, als er sah, wie Harry sich verkrampfte und sofort seinen Kopf schüttelte.
"Wir machen das immer so. Seit Jahren", erklärte Harry und deutete dann plötzlich auf ein rotes Klinkerhaus.
"Anhalten, bitte."
Louis musterte das Haus und sah dann, wie Harry zögerlich die Türklinke anfasste und dann die Tür öffnete.
"Uhm... danke. Bis Morgen."
Und dann eilte der Lockenkopf davon.Am nächsten Tag hatte Louis Spätschicht.
Umso überraschter war er, als um 6:00 Uhr in der Früh sein Handy klingelte.
"Tomlinson?"
Er gähnte und machte das kleine Nachtlicht auf seinem Beistelltisch an.
"Louis, hier ist Niall."
Überrascht setzte sich der Arzt aufrecht hin und unterdrückte ein Gähnen.
"Hi."
"Tut mir leid für den Überfall. Zayn hat mir deine Nummer gegeben."
"Schon okay."
Vielleicht konnte er dann die frühe Zeit gleich einfach zum Joggen nutzen.
"Jedenfalls... ich bin krank. Habe ich gestern schon bemerkt, aber heute Nacht hat es richtig zugeschlagen. Meine Mandeln sind so dick wie Walnüsse und meine Temperatur steigt auch immer weiter."
Jetzt, wo Niall es sagte, konnte Louis auch die Kloßstimme erkennen.
"Das tut mir leid. Brauchst du etwas?"
Niall lachte und hustete anschließend.
"Danke, aber Liam kümmert sich um mich. Ich rufe dich an, wegen Harry."
Nun war die Neugierde in Louis geweckt. Wegen Harry?
"Er hat mir erzählt, dass du ihn gestern mitgenommen hast. Danke dafür, erstmal."
Louis nickte, was Niall nicht sehen konnte. Aber der sprach eh schon weiter.
"Jedenfalls... kannst du ihn heute wieder mitnehmen?"
"Natürlich."
Aber wieso fragte Harry ihn das nicht selbst? Und warum so früh?
"Okay, dann müssen wir wie folgt vorgehen... Ich schreibe Harry gleich eine Nachricht, in der ich ihm sage, dass ich Migräne habe. Das wird ihm zwar übel aufstoßen, ist aber die harmloseste Sache, die ich gerade parat habe. Dann sage ich ihm, dass ich dich kontaktiert habe und du ihn um Punkt 12:00 Uhr abholen wirst und ihn dann auch wieder mit nach Hause nimmst. Er wird sich dagegen sträuben, aber bis 12:00 Uhr bekomme ich das hin. Das allerwichtigste bei der Sache ist aber, dass Harry nicht erfahren darf, dass ich krank bin."
Louis sah vermutlich ziemlich verwirrt aus.
Solch ein Aufwand?
"Ähm... okay, aber warum?"
"Weil er dann durchdrehen wird. Immerhin habe ich ihn gestern Morgen mitgenommen und im Krankenhaus hatten wir Kontakt. Er wird sich einschließen, alle drei Minuten seine Temperatur messen und seine gesamte Kleidung kochen. Dann wird er das Haus für mindestens fünf Tage nicht mehr verlassen und sich einreden, dass er ebenfalls krank wird."
Die Bakterien und Viren, schoss es Louis durch den Kopf.
"Okay. Ich sage ihm nichts."
"Ich nehme gleich Antibiotika und dann sollte ich in drei Tagen nicht mehr ansteckend sein. Harry werde ich mit einer harmlosen Geschichte vertrösten und wenn was sein sollte, wende dich bitte an Liam. Der weiß, was in solch einer Ausnahmesituation zu tun ist."
Louis nickte.
Niall war wirklich ein wundervoller Freund für Harry.
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I don't think so
FanfictionHarry und Louis - zwei Ärzte, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Harry, ein hochbegabter Chirurg, navigiert die Welt der Medizin mit brillanter Präzision, doch seine soziale Eigenwilligkeit stellt oft eine Herausforderung für seine Kollegen da...