11. Spieleabend

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Als Harry Niall erzählt hatte, dass er Louis zu ihrem Spieleabend eingeladen hatte, war ihm eigentlich nur herzlich zum Lachen gewesen.
„Sehr witzig", hatte er gesagt. „Du hast noch nie jemanden irgendwohin eingeladen."

Als es am Freitagabend dann allerdings an der Tür klingelte, staunte Niall nicht schlecht. „Du hast ihn wirklich mitgenommen?"
In Louis' Blick spiegelte sich Unsicherheit. „Ist das ein Problem?"
Niall schüttelte energisch den Kopf. „Nein, um Gottes Willen", verneinte er und schenkte dem Chirurgen ein einladendes Lächeln. „Kommt rein."

Die beiden Männer zogen sich die Schuhe aus, und als Louis die Wohnung betrat, staunte er nicht schlecht. Die Möbel waren in schlichten, doch eleganten Braun- und Schwarztönen gehalten und schienen perfekt aufeinander abgestimmt zu sein.
Die große Glasfassade im Wohnzimmer unterstrich das gemütliche Ambiente im Inneren. Draußen dämmerte es langsam.
Als Liam die beiden begrüßte und sich lässig gegen die Kochinsel lehnte, wurde Louis erst bewusst, dass er in der Küche seines Chefs stand.
Wie war er hier nur wieder gelandet?
„Wollt ihr etwas trinken?", erkundigte der Oberarzt sich und blickte gut gelaunt in die Runde.
„Der neue Esstisch ist schön", kommentierte Harry, ohne auf seine Frage einzugehen.
Niall verdrehte die Augen. „Bist du jetzt zufrieden?"
Harry grinste. „Solange ihr ihn nicht wieder kontaminiert."
Kontaminiert?
Hatte Louis sich gerade verhört?
Irritiert zog er seine Augenbrauen zusammen. „Warum sollte der alte Esstisch kontaminiert gewesen sein?"
Niall schlug sich innerlich gegen die Stirn und massierte sich mit den Fingern die Schläfe. „Bitte sei jetzt einmal in deinem Leben nicht ehrlich."
Hätte er besser mal die Klappe gehalten.
Harry zuckte die Schultern, als wäre überhaupt nichts Ungewöhnliches daran. „Niall und Liam hatten Sex auf ihrem alten Küchentisch und ich habe versehentlich dabei gestört. Dann habe ich ihnen erklärt, dass ich an diesem Tisch nichts mehr essen werde und sie haben sich einen neuen gekauft."
„Oh mein Gott", machte Louis und vergrub das Gesicht in den Händen. Er wäre am liebsten im Erdboden versunken und seine Wangen färbten sich blutrot.
„Danke, Harry", sagte Liam mit ironischem Unterton. „Das wollte Louis bestimmt wissen."
„Ich glaube auch", überlegte der Chirurg. „Das Thema scheint ihn sehr zu interessieren."
Während Liam ihm einen fragenden Blick zuwarf, traute Louis sich wieder, die Hände aus dem Gesicht zu nehmen.
Diese Bilder würde er doch nie wieder aus dem Kopf bekommen.
„Warum siehst du denn jetzt so sauer aus?", fragte Harry seinen neuen Kollegen. „Du hast diese Woche gesagt, ich soll herausfinden, ob du auf Männer stehst."
Niall, der sich eigentlich zusammenreißen wollte, konnte sich ein Lachen nicht mehr verkneifen.
Louis konnte einem schon echt leidtun.
„Nein", erklärte er zornig. „Du hast mich gefragt, ob ich auf Männer stehe. Daraufhin habe ich zu dir gesagt, du sollst es doch herausfinden, wenn es dich so interessiert. Das war ein Witz."
„Du und deine Witze", verdrehte Harry die Augen.
Niall entschloss sich, Louis zu erlösen. „Harry kann die Dinge manchmal etwas wörtlich nehmen."
„Was du nicht sagst", murmelte Louis und nahm das Weinglas an, das Liam ihm lächelnd reichte.
Diese Situation war an unangenehmen Gefühlen nicht zu übertreffen.
Louis wollte nicht wissen, wo sein Chef Sex hatte. Und noch viel weniger hatte er wissen wollen, wer eigentlich das Urheberrecht für Shakespeare's Werke besaß.
Das hatte ihm Harry auf dem Weg hierher genauestens erläutert.
„Oh mann", seufzte Niall. „Das kann man doch keinem erzählen. Wenn das hier so weitergeht, kommt Louis nie wieder."
Louis spürte, wie seine Gesichtsfarbe sich langsam wieder normalisierte. „Für die Arbeit lasse ich mir dann einfach einen gelben Schein geben."
„Das habe ich überhört", witzelte Liam und dirigierte die Männer auf das Sofa. „Jetzt macht es euch bequem, ich hole eben das Telefon."
„Willst du Telefonscherze machen?", zwinkerte Niall seinem Freund zu und kniff ihn scherzhaft in die Seite.
„Klar", kam es grinsend zurück, „Ich bestelle dir eine Pizza mit extra Ananas."
Niall verzog angewidert das Gesicht und schüttelte sich.
Dann zog er aus dem Wohnzimmertisch die Karte der Pizzeria, die bei ihnen um die Ecke lag.
„Sucht euch was aus", flötete er und hielt Louis die Karte entgegen. „Liam bezahlt. Habe ich gerade beschlossen."
Louis war erleichtert, für eine Sekunde einen Vorwand zu haben, sein Gesicht verstecken zu können.
Er hatte von vorne herein nicht erwartet, dass seine erste Arbeitswoche mit einem Glas Wein auf dem Sofa seines Vorgesetzten enden würde.
Aber wenn ihm jemand prophezeit hätte, dass er ungewünscht solche Informationen erhalten würde, hätte er ihn ausgelacht.
Niall schien die ganze Sache Gott sei Dank nicht unangenehm zu sein.
Harry sowieso nicht.
An Niall's Stelle hätte er seinem besten Freund wahrscheinlich den Kopf abgerissen.
Wieder rief er sich ins Gedächtnis, dass Harry die Dinge, die er sagte, oft nicht so meinte. Niall schien das zu wissen und sich nichts weiter dabei zu denken.
Als Liam wieder zurückkam, reichte er Niall das Telefon und Harry ein Glas Rotwein.
Louis warf ihm einen überraschten Blick zu.
Harry und Alkohol?
Das hätte er so nicht erwartet. Immerhin war er doch sonst so bedacht darauf, immer alles unter Kontrolle zu haben.
Dann allerdings wand er seinen Blick ab und erinnerte sich daran, dass ihn das eigentlich auch gar nichts anging.

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