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Multimedia : Mark Eliyahu - Journey

Es ist nicht leicht für Menschen, die in der Vergangenheit sehr viel leiden mussten, zurückzublicken. Man will vieles vergessen, aus dem Gedächtnis löschen um sich an diese Ereignisse nicht zu erinnern. Doch das Gedächtnis ist wie ein Käfig. Es ist umzingelt mit Metallstangen. Keine Kraft schafft es, etwas aus dem Gedächtnis rauszukriegen. Nur eine winzig kleine Tat reicht aus und sie ist für immer drinnen. Sei es etwas Gutes oder Schlechtes. Im Gegensatz zu den schlechten Erinnerungen helfen die Guten einem, ein Lächeln in das Gesicht zu zaubern. Doch die Schlechten begleiten dich. Sie begleiten dich während dem Schlaf. Sie begleiten dich in den Träumen. Sie begleiten dich auf bekannten Wegen auf bekannten Straßen. Sie begleiten dich auf bekannten Gesichtern. Sie begleiten deine Vergangenheit und sie begleiten deine Gegenwart. Schlechtes hängt an der Person. Man traut sich nicht die Gitter des Käfig's anzufassen, weil man Angst hat, dass die Erinnerungen wie ein Schlag einem treffen werden. Und genau das, wovor man am meisten Angst hat passiert einem.

Auch wenn sie die Flashbacks und die Erinnerungen an jenem Ereignis, in den letzten Monaten nicht immer zu sehen bekam, war sie dennoch nicht vollkommen befreit von diesen.

Und jetzt hatte sie wieder eines dieser Albträume, wo sie das Geschehene wieder und wieder erleben musste...

Zarina wachte völlig geschwitzt aus ihrem Schlaf auf. Sie atmete unregelmäßig und versuchte sich zu beruhigen.

"Es war nur ein Traum", so würde man jemanden trösten, der von einem Albtraum aufwachen würde nicht wahr? Aber es war kein Traum. Es war die Wirklichkeit.

Trotz des Traumes war es so echt. Selbst jetzt spürte sie die widerlichen Hände auf ihrem Körper.

Sie wischte fast schlagend die Bereiche in ihrem Körper, die von diesen grausamen Kreaturen angefasst wurde. Öfters und mehrmals, bis ihre Haut an diesen Stellen rot wurde.
Sie schloss ihre Augen und öffnete sie in gleicher Sekunde wieder. Tränen flossen eines nach dem anderen. Sie wusste genau, wieso sie das wieder erlebte. Nachdem sie sich von Halil verabschiedet hatte, blieb sie nicht viel dort und kehrte gleich nachhause. Mit den Gedanken daran, dass er alles Mirzan erzählen werden wird, konnte sie kaum etwas anderes machen, als ihre Augen zu zu drücken. Zarina wollte einfach von dieser Welt verschwinden und indem Moment wieder zurückkehren, wo alles vorbei war.

Sie atmete tief aus und legte sich wieder ins Bett zurück. Sie war schon gewöhnt an diese Träume, daher wusste sie, wie sie in kurzer Zeit wieder zu sich kommen kann. Dennoch schlug sie einmal fest auf ihrer Brust, als würde sie die imaginäre Hand von dort entfernen wollen. Sie nahm ihr Handy in die Hand und kontrollierte, ob sie einen Anruf von Mirzan versäumt hatte. Aber nichts außer ein paar Benachrichtigungen von manchen Applikationen war zu sehen. Halil müsste ihm alles schon erzählt haben. Wieso rief er dann sie nicht an ? Sie wollte sich nicht bei negativen Gedanken verlieren. Nicht bevor sie mit Mirzan geredet hatte.
Enttäuscht legte sie das Handy wieder weg und richtete sich auf. Die Sonne ging längst schon auf, vielleicht nicht für sie, aber für den Rest der Welt.

Sie ging mit ihren Pyjamas in das Wohnzimmer und drehte den Fernseher an. Es war noch viel zu Früh, sodass keiner aus der Familie wach war. Auch wenn sie bei einer Sportsendung blieb, achtete sie nicht auf diese. Ihre Gedanken waren immer noch bei Mirzan. Hatte Halil es ihm schon erzählt? Wenn ja, wie hatte er reagiert? Sie rechnete mit der schlechtesten Reaktion, wieso sollte er dann sie nicht anrufen? Der Mirzan, den sie kannte, würde sofort zu ihr rennen egal um welche Uhrzeit und sie zwischen seine sicheren Arme nehmen.

Aber, es schien, dass sie sich geirrt hatte.

Mit dem Handyklingel zuckte sie leicht und wurde von ihren misstrauischen Gedanken getrennt. Sie wischte ihre Tränen weg, die sie gar nicht davor bemerkt hatte und nahm ihr Handy zur Hand.

'Mirzan ruft an'

Ein erleichtertes Lächeln ging auf ihrem Gesicht auf. Nie zuvor war sie so glücklich wie jetzt gewesen. Ohne viel nachzudenken hob sie ab.

"Mirzan", sagte Zarina in gleicher Sekunde. Da sie, bevor sie den Anruf ab gehoben hatte, gelächelt hatte, kam ihre Stimme glücklich bei ihm an.

"Ich warte vor der Tür", antwortete Mirzan und legte auch sofort wieder ab.

Die schlimmen Gedanken, die sie vor einigen Minuten noch weg trieb, kamen wieder ans Licht. Sie kannte Mirzan in und auswendig. Zarina wusste, dass er, sie deswegen nicht verurteilen würde. Doch trotzdem, konnte sie nicht anders als darüber zu denken, wie es wäre, wenn er doch nicht die erwartete Reaktion von sich gab. Als sie merkte, dass sie noch immer mitten im Wohnzimmer stand, lief sie schnell in ihr Zimmer um eine Weste zu holen. Danach nahm sie ihre Schlüssel und ging leise aus dem Haus. Das bekannte Motorgeräusch von Mirzan's Auto war zu hören. Gleich danach sah sie auch das Auto. Zarina holte tief Luft und begann in Richtung des Autos zu gehen. Eine Sache war ihr klar, ganz egal was Mirzan's Reaktion sein würde, sie war bereit alles zu akzeptieren.

Als sie beim Auto ankam, machte sie die Tür auf und stieg gleich ein. Ohne etwas zu sagen, fuhr Mirzan gleich los. Zarina drehte unwillkürlich ihre Blicke zu ihm, doch es schien so, als ob Mirzan noch nicht bereit war zu reden. Zarina nahm es zur Kenntnis und leistete ihm bei seiner Stille Gesellschaft.

Sie fuhren so lang bis sie an der Grenze von Canyal standen. Die ganze Fahrt lang sprach keiner von ihnen. Keiner wendete einen Blick zu dem anderen. Es fühlte sich alles so bekannt und auch wieder so fremd an. Als das Auto anhielt, atmete Zarina aus und in gleicher Sekunde holte Mirzan tief Luft ein. Beide lebten für den anderen, doch es war beiden nicht bewusst. Nichts konnte ihre Gefühle erklären. Keine Worte, keine Taten, einfach nichts.

Mirzan ging raus und Zarina folgte ihm. Durch die Strahlen des Morgengrauens, bemerkte Zarina, dass Mirzan's Oberteil voller Blutflecken war. Sie machte einen Schritt zu ihm, doch Mirzan kam ihr zuvor und drehte sich um. Er hob seinen Kopf und Zarina hielt ihren Atem. Tränen flossen durch Mirzan's graue Augen. Tränen, die seit Jahren nie ihren Ort verlassen hatten.

Nun waren sie dort, wo sie ganz am Anfang standen. Beide in der Stille. Beide verletzt und beide hilflos.

Die Stille hatte vieles von Zarina genommen. Ihre Tränen wurden mit der Stille abgewischt. Ihre Schreie wurden durch die Stille getäubt. Ihre Schmerzen in der Stille gemildert. Sie hatte alles was sie besaß, mit der Stille geteilt. Doch es hatte nicht genug. Die Stille wollte auch das einzige von ihr, was Zarina nur für sich hatte. Mirzan.

Nun nahm die Stille auch Mirzan zu sich.

FTSAYSL

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#UNSCHULD - Wir sind zurück ! Tut uns Leid, dass es so lange gedauert hat. Aber in den Ferien waren wir leider fast nie zusammen. Und nach den Ferien haben wir ein bisschen gebraucht, um uns an das gewöhnliche Tempo anzupassen. Mit diesem Kapitel geht's weiter mit Unschuld 🍃.

Was denkt ihr:

* Wie wird Mirzan reagieren ?

* Wieso ist er so still ?

* Wird Mirzan die Wahrheit nicht ertragen können und verlässt Zarina ?

* Was denkt ihr, was passiert in den nächsten Kapiteln?

Wir haben euch sehr vermisst ! Hoffentlich habt ihr das auch :).

Unschuld - Serie 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt