- kapitel 5 -

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Als ich mit dem Bus zum eigentlich vereinbarten Ort fuhr, wurde mir doch ein wenig mulmig bei der Sache.
Es war so leichtsinnig wie von einer Klippe zu springen und zu hoffen zu überleben.
Doch lieber tat ich etwas Leichtsinniges, bereue es und komme wieder, als nicht die Chance zu nutzen und hier zu vergammeln.
Der Bus hielt an und ich stieg mit meiner kleinen Tasche heraus und erkannte sofort Logan, der an einer alten Laterne lehnte.
Diese Gegend Philadelphias kannte ich nur aus Katalogen und Reportagen im Fernsehen.

Die ganzen sauberen Alleen mit den hellen, viktorianischen Reihenhäusern und gepflegten Pflanzen waren das komplette Gegenteil von meinem Zuhause.
«June Cooper, das neue Gesicht Hollywoods!», begrüsste mich Logan und wollte mich freundlich umarmen, doch ich wich zur Seite.

«Hören Sie, ich möchte weder an ihren reichen Schicki-Micki-Leben teilhaben noch irgendwas Fremdschämendes tun, deshalb-», doch diesmal unterbrach mich Logan und sagte ruhig: «June, entspann' dich. Lass es einfach auf dich zukommen, aber das geht nur, wenn wir uns gut verstehen.»

Ich seufzte.
«Okay.»

Logan hatte seine vorgestrige Lederjacke durch einen Strickcardigan umgetauscht und seinen Bart abrasiert, sodass er fast einem Lehrer als einem Produzenten glich.
Er legte seine Hand auf meinen Rücken und wir gingen ein Stück die saubere Allee entlang.
«Bevor wir deine ganze Zukunft planen, musst du natürlich den Vertrag unterschreiben. Wir gehen ihn in Ruhe in mein Büro durch und wir können verhandeln.»

Ich hatte so viel Erfahrung mit Verträgen, wie mit Elternliebe.
Rein gar keine.
Wir blieben schliesslich vor einem grossen Backsteinreihenhaus stehen und Logan schloss die hohe Eingangstür auf.

Ich trat in den mit Bodenfliesen bedeckten Flur und schaute mich kurz um. Eine schmale Holztreppe führte in den ersten Stock, eine riesige Flügeltür befand sich zu meiner rechten, und weiter geradeaus befand sich noch eine schmalere Tür.
Logan öffnete die Flügeltür und sofort befanden wir uns in seinem Büro. «Stell deine Tasche einfach ab. Ist das alles was du hast?»

Ich nickte nur schwach und betrachtete sein hochwertig aussehendes Büro.

«Setz dich doch June», sagte Logan und zeigte auf einen schwarzen Stuhl, der vor seinem Schreibtisch platziert war.
Er liess sich derweil in seinen Ledersessel fallen und rollte näher an den Tisch.
«Wollten Sie mich mit dem Geld bestechen?», fragte ich ihn, schaute in ein paar Vitrinen, bevor ich mich seelenruhig auf den Stuhl setzte.

Er lachte kurz und leise, bevor er meine Frage beantwortete: «Sagen wir mal so, es war ein kleiner Vorgeschmack für dich. Oder ein Willkommensgeschenk, wie du es nennen willst.»
«Also waren Sie sicher, dass ich einwilligen würde?»
«Nein, ganz im Gegenteil. Am Abend hast du sehr entschlossen gewirkt, aber um dich vielleicht ein wenig weich zu machen, das Geld.»

«Also haben Sie mich wohl bestochen.»
«Du bist ganz schön clever, June.»
«Ich weiss», sagte ich wieder völlig einschüchternd. Ich mochte es, wenn ich die Kontrolle und das letzte Wort hatte.
Schliesslich kramte Logan irgendwas aus seiner Schublade heraus. Nach einer Weile zog er ein geheftetes Bündel Papier heraus und legte es mir vor die Nase.
«Lies es in Ruhe durch, wenn du fertig bist, ruf mich, ich bin nebenan arbeiten», sagte er, bevor er aufstand und in einen anderen Raum verschwand.
Ich seufzte kurz auf, griff vorsichtig nach dem Vertrag und las ihn mir in Ruhe durch.

Die meisten Wörter die im Text vorkamen, kannte ich noch nicht einmal, was mich ein wenig unsicher machte.
Aber im Grossen und Ganzen verstand ich alles.

Ich willigte mit dem Vertrag ein, dass ich nach beliebiger Zeit kein Künstler mehr sein konnte, meinen neuen Wohnsitz fast niemanden anvertraue, ich nichts Schlechtes über das Management und andere in der Öffentlichkeit sagen solle und dass ich erst auf alle Anweisungen meines Produzenten hören solle, bevor ich irgendwelche Entscheidungen treffen solle.
Letzteres würde für mich nicht ganz so einfach sein.
Ich wusste nicht genau, ob es gute oder schlechte Anforderungen waren, doch schliesslich griff ich nach einem Kugelschreiber und unterschrieb die letzte Seite.
Ich rief nach Logan, der nach ein paar Sekunden im Büro eintraf und die unterschriebene Seite entdeckte.
«Das ging aber schnell», sagte er lächelnd, griff nach dem Vertrag, unterschrieb diesen auch und heftete ihn in eine Mappe ab, die auf seinem Schreibtisch lag. Danach überreichte er mir noch zwei Kopien, die wir beide erneut unterschrieben.
Ich seufzte, stand auf und bevor ich irgendwas sagen konnte, fing Logan an: «Ich werde dann gleich den Flug buchen, sodass wir morgen früh schon nach Los Angeles fliegen können.»

Jenna / PAUSIERT /Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt