The loss of Control

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Ich zerdrückte den Löffel in meiner Hand, bis er nur noch ein unbrauchbares Stück Silber war. Wieder atmete ich mehrmals durch, doch der Hosenscheißer hielt die Klappe einfach nicht.

„Du bist nichts weiter als ein würdeloser, alter Mann der für einen Jungen springt, weil man ihm viel Geld in den Arsch schiebt. Du kannst nichts. Du bist nur. Ein. Butler. Menschenwürde hast du nur, wenn ich sie dir gestatte." Ganz bewusst hatte der Kleine das Fass zum Überlaufen gebracht.

Jetzt schiss ich aber ganz gewaltig auf Attitüde, Job und alles weitere. Drei Monate hatte ich mir den Mist gefallen lassen, das hatte ich nicht nötig! Ich riss geradewegs den Tisch von seinen Füßen und knallte ihn quer durch den Raum.

Dann drückte ich die Lehne des Jungen auf den Boden, er saß noch immer im Stuhl, bewegte sich nicht, war sichtlich überrascht.

„Jetzt hör mir mal zu, du vorlautes, kleines Arschloch: Nur weil dein Daddy Unmengen an Geld besitzt, brauchst du dich nicht für was besseres zu halten, ja? Was hast du dreckiges Balg bisher in deinem Leben erreicht, außer Leute zu quälen und Dad's Kreditkarte zu belasten? Nichts."

Ich riss ihn jetz aus dem Stuhl raus, drückte ihn gegen die Glaswand, die ein wenig zu zersplittern schien, ein kurzes Aufkeuchen von ihm.

„Du, Eren Jaeger, bist nicht sonderlich gut in deinem Unterricht, du schubst die Leute herum, präsentierst dich vor deinen Freunden wie der Geilste und was hast du in zehn Jahren davon, oder gar, wenn Daddy das Geld ausgeht, hm?" Ich schlug ihn gegen die Wand, sah in die rebellierenden Augen.

„Dann sitzt du auf der Straße. Einen Job wirst du nicht finden. Niemand wird eine hochnäsige Rotznase einstellen wollen. Deine Highscores im Zocken werden dir auch nicht viel helfen." Ich ließ ihn fallen, er blieb einfach an der Wand liegen.

„Wenn aus dir noch was werden soll, dann würde ich an deiner Stelle lernen Menschen mit Respekt zu behandeln. Oder lies dir zumindest etwas Hirn an, Wichser."

Ich schmiss die Handschuhe auf den keuchenden Jungen und verließ den Raum. Nun suchte ich mir einen Balkon, auf welchem ich mir die italienische Landschaft, und besonders das Meer ansehen konnte.

Drei Monate. Du hast es nur drei Monate geschafft. Gott, Levi war das armselig. Wegen so ner billigen Anmache rastest du aus und wirfst diesen unglaublich bezahlten Job weg? Wie dumm bist du bitte?

Ich schrie, zertrümmerte das nächste Fenster, was meine Hand zum Bluten brachte. Nun lehnte ich mich auf die Lehne, sah dem Wasser beim Glitzern zu. Er hatte es mal verdient, egal, ob ich dadurch jetzt meinen Job verlor, das war es mir wert gewesen.

„Eren? Levi!" Petra kam angerannt. Als sie wohl das Fenster sah, war sie entsetzt, fragte mich, was passiert sei. Ich gab keine Antwort.

„Oh Gott, deine Hand. Da müssen wir uns sofort drum kümmern!" Sie zog mich sofort in die Küche, dort drückte sie mich auf einen Stuhl. Auch meine Proteste halfen nicht viel, sie zwang Mike dazu, mich festzuhalten, während sie Verbandszeug zusammen suchte.

Auch Oulo stieß dazu, er meint er habe Lärm gehört.

„Geht erstmal zu dem Jaeger. Der braucht euch jetzt mehr. Sorry, Oulo. Den Wintergarten musst du wohl komplett neu machen." Fragend sahen alle drei mich an, dann eilte Petra aus der Küche, während Mike ein paar Glassplitter aus meinen Fingern zog und Oulo das Blut wegwischte.

„Eren!" hörte man einen spitzen Schrei aus dem Wintergarten bis hier her schallen. Die anderen beiden hoben den Kopf, gingen dann auch aus der Küche heraus. Endlich hatte ich einen Moment allein.

Verfickte Scheiße, dachte ich und legte den Kopf in die Hände, die Schmerzen ignorierend. Ich hatte ja nicht nur mir Probleme gemacht. Oulo musste den zerstörten Wintergarten erklären, Petra das Mobiliar und Mike... na ja... der kam gut weg.

Vielleicht fand der Kleine auch was. Er könnte sagen dass das Essen mich dazu gebracht hätte, weil es so schlecht war, was es nicht war. Es war göttlich gewesen.

Hier rumsitzen und heulen würde keinem weiterhelfen. Ich sollte dem Bengel wenigstens noch hoch helfen, nicht dass ihm irgendwas passiert war. So verquer es auch klingen mag, er war mir nicht ganz egal... denke ich.

Also wickelte ich mir einen provisorischen Verband um und ging zurück in den Wintergarten. Petra schien ein wenig zu weinen, Oulo und Mike räumten bereits auf und ich? Nun ja... ich half Petra dabei, den Jungen auf die Beine zu kriegen.

Egal wie sehr mir das jetzt an die Würde ging, ich war noch immer hier angestellt und es ging Eren schlecht. Meine Pflicht bestand nun darin, dafür zu sorgen, dass es ihm besser ging.

Die Putzfrau zu meiner Seite wischte sich die Tränen vom Gesicht und meinte „Musstest du das wirklich tun? Er ist doch noch ein Kind!"

Als hätte er auf diese Worte gewartet, klappte Eren nun vollständig zusammen, wurde wohl ohnmächtig. Petra schaffte es nicht ihn zu halten. Ich nahm ihn deshalb auf meine Arme, blickte ihn an. Es sah aus als würde er schlafen. Er war so ruhig, so friedlich, so unschuldig.

„Ich bringe ihn in sein Schlafzimmer." meinte ich nur und tat, was ich gesagt hatte. Die ganze Zeit über sah ich ihn an, den reichen, verzogenen Bengel, der sich alles erlaubte. Ihn so nah an mir zu haben ließ mein Herz schneller schlagen. Vielleicht war das auch nur die Aufregung, der Stress. Es war auch das Gefühl der Freiheit. Ich war endlich alles los, alles, was sich die Zeit über langsam aufgestaut hatte war jetzt weg. Ich hatte alles an ihm ausgelassen.

Wenn ich alles Glück der Welt hatte, dann würde er mich vielleicht nicht feuern. Dazu hatte ich ihm bestimmt zu viel an den Kopf geworfen, wobei es nur eine minimale Retourkutsche von dem war, was er mit mir gemacht hatte.

Ich seufzte, als ich die Tür zu seinem Schlafraum öffnete. Ein großes, modernes Zimmer mit hellem Steinboden, ein paar dunklen Glasmöbeln und einem Doppelbett blickte mir entgegen. Die Fensterfront, die den Balkon vom Zimmer trennte schien mir zu meiner Linken entgegen, in der rechten hinteren Ecke war die schwarze Tür, die zum Bad führte.

Nun legte ich ihn auf dem Bett ab, deckte ihn zu. Dann betrachtete ich ihn. Das Licht von draußen schien ihn zu stören, er kniff die Augen zusammen. Also ging ich zu den Fenstern, warf noch einen Blick nach Draußen, bevor ich die Vorhänge komplett zu zog. Der Raum verdunkelte sich jetzt, ich wusste nur noch wo Eren lag, weil die Tür noch halb offen stand und das Licht aus dem Flur hinein drang.

Mit schweren Schritten ging ich zum Bett zurück, ließ mich auf seiner Kante nieder. Mein Daumen strich über die Wange. Jetzt sah er wirklich so aus, als könne er keiner Fliege etwas zuleide tun. Er war ein Engel, wenn er schlief. Oder Bewusstlos war, aber das machte ja gerade keinen Unterschied.

Seine Haut war so unglaublich weich und makellos, ein wenig gerötet vielleicht. Ich meinte ein paar getrocknete Tränen in seinen Augenwinkeln zu sehen. Er hatte geweint? Ich hatte zuvor noch nie erlebt, dass Eren weinte.

Sachte drückte ich meine Lippen auf seine Stirn, hielt kurz inne und wich dann von ihm. Ich stand auf, ging auf die Tür zu. Im Türrahmen stehend und den Kopf nach ihm umwendend murmelte ich, mehr für mich selbst, als für ihn „Was machst du bloß mit mir, Jaeger." 

OBEYWhere stories live. Discover now