Sam und ich gingen spazieren. Es war so ein wundervolles Wetter. Auch wenn es Anfang März war, schien die Sonne und machte die Frische Luft angenehm.
Ich war so aufgeregt. Ich wollte Sam so schnell wie möglich von meiner Schwangerschaft – an dieses Wort hatte ich mich immer noch nicht gewöhnt – erzählen und war gespannt wie er darauf reagieren würde. Aber besonders Angst hatte ich nicht, Sam wirkte für mich wie ein Mann, der sich nichts lieber wünschte als eine Familie und Kinder. Er würde ein wunderbarer Vater werden, da war ich mir sicher.
»Ich muss dir was erzählen«, sagte ich geradewegs. Wir liefen an einem kleinen, verlassenen aber noch wunderschönen Park entlang. Der Frühling stand vor der Tür und die Vögel zwitscherten.
»Ich wollte heute auch mit dir sprechen«, erwiderte Sam mit einem Lächeln.
Aber ich hörte ihn kaum in meiner Aufregung. »Ich hab keine Ahnung wie du reagieren wirst«, quasselte ich nervös. »Aber ich will, dass du weißt, dass ich unglaublich glücklich bin, mit dir, mit ...«
»Warte.« Sam blieb stehen und unterbrach mich mitten in meiner einstudierten Rede. »Lass mich zuerst«, meinte er und ehe ich mich versah kniete er auf der Wiese und hielt eine kleine Schachtel in seiner Hand.
Ich starrte ihn perplex an.
»Melinda Rovena Blake«, formten seine wunderbaren Lippen. »Du bist die Liebe meines Lebens und ich will den Rest meines Lebens mit dir verbringen. Willst du meine Frau werden?«
Mein Gehirn brauchte einige Sekunden, bis es die Worte empfing. Aber noch bevor es sie registrierte rief ich schon: »Ja! Ja ich will deine Frau werden!«
Überglücklich und über beide Ohren strahlend stand er auf und schob mir den wunderschönen und teuer aussehenden Ring an den Finger. Er war besetzt mit einem kleinen Smaragd. Er hatte die Farbe seiner Augen.
»Ich bin schwanger!«, rief ich plötzlich. Ich konnte mich nicht mehr beherrschen. So viel Freude und Überraschung, dass mein Hirn nicht mehr denken brauchte, weil ich ganz genau wusste, was mein Herz wollte. Was ich wollte.
Ich beobachtete gespannt seine Reaktion und war so froh darüber, dass er noch immer lächelte und rief: »Was? Oh mein Gott!«
Ich kam mir vielmehr vor wie in einem kitschigen Liebesfilm als in der Realität.
Und zum ersten Mal in meinem Leben freute ich mich darüber.
Es war so überwältigend – so viel Freude und Glück hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht empfunden.
Strahlend und mit Schmetterlingen im Bauch, wie an dem Tag, an dem ich Sam kennengelernt hatte, fielen wir uns in die Arme und küssten uns.
Oh Mann, wie ich diesen Mann liebte!
»Achtung«, sagte Sam plötzlich und ich drehte mich um.
Mit einem Mal war die Freude weg.
Vor uns stand ein junger Mann mit schmutzigem Haar und schmutzigen Klamotten. In seiner zittrigen Hand hielt er eine Pistole.
»Brieftaschen her, aber sofort!«, forderte seine nervöse Stimme. Man sah ihm an, dass er das zum ersten Mal tat und er niemanden verletzen wollte.
»Ganz ruhig«, entgegnete Sam und trat einen Schritt auf ihn zu. »Sie wollen doch niemanden wehtun.«
Die Hand des Fremden zitterte noch stärker. »Ich sagte Brieftaschen her!«
»Keine Sorge«, sagte ich und öffnete meine Handtasche langsam. Mit der anderen Hand fühlte ich mein Messer an meiner Taille. Ich hatte nicht vor es herauszuholen, aber ich wollte auf Nummer sicher gehen, falls er vor hatte etwas dummes zu tun.
Sam überreichte ihm währenddessen sein Portemonnaie.
Der Typ – er war vielleicht erst Zwanzig Jahre alt – musterte mich eindringlich und fuchtelte ungeduldig mit der Waffe herum. »Machen Sie schon!«
Ich holte meine Brieftasche gerade heraus, als er meine andere Hand bemerkte.
»Machen Sie keine falsche Bewegung!«, rief er nun mit festerer Stimme. Trotzdem hatte er unglaublich Angst.
»Ganz ruhig«, erwiderte Sam wieder und stellte sich beschützend vor mich.
In diesem Moment passierten mehrere Dinge gleichzeitig. Zum einen erschreckte sich der Mann durch Sams ruckartigen Bewegung und betätigte den Abzug seiner Pistole. Gleichzeitig schrie ich auf.
Erstmal dachte ich er hätte Sam verfehlt, er stand ganz still da.
Dann sah ich das Blut auf den Boden tropfen.
Es kam mir vor, als sei die Zeit gar nicht vergangen, als sei nichts passiert. Doch plötzlich war da so viel Blut.
Wir alle waren in einer Starre, es wirkte alles wie in Zeitlupe.
Dann plötzlich schrie der Räuber: »Oh Gott!! Das wollte ich nicht!! Es tut mir so leid !!«
Das schüttelte mich wach. Ich schrie immer noch, als Sam auf einmal zu Boden fiel. Ich versuchte ihn aufzufangen, aber er war zu schwer und riss mich mit ihm nach unten.
»Gehen Sie!«, brüllte ich den Mann an. »Holen Sie Hilfe!! «
Er lief.
»Nein, nein, nein, nein...« Tränen versperrten mir die Sicht. »Nein, Sam, du darfst jetzt nicht sterben. Das kannst du nicht machen.« Ich legte ihn auf meine Beine und drückte auf die Wunde, die zu nah an seinem Herzen war.
So viel Blut.
Es hörte nicht auf zu strömen.
»Nein! Nicht hier. Nicht jetzt ! Nein, vor allem nicht jetzt!«
Sam war noch immer nicht in der Lage zu reagieren. Er starrte nur zum Himmel, während immer mehr Blut aus seiner Brust durch meine Hände strömte.
Ich presste stärker auf die Blutung. Dann legte ich ihm seine eigenen Hände auf die Brust.
»Komm heile dich. Ich weiß, dass du das kannst. Heile dich selbst«, sagte ich immer wieder.
Nichts passierte.
Immer noch zu viel Blut.
Es wurde immer mehr.
»Wir wollten doch heiraten«, schluchzte ich. »Wir erwarten ein Baby. Du kannst mich jetzt nicht alleine lassen, Sam! Ich liebe dich! Oh du liebe Götter, ich liebe dich so sehr!« Mein Tränen kullerten auf Sams blutenden Körper.
»Ich -« Sam öffnete den Mund. » - liebe – dich.«
»Oh ja, ich weiß«, weinte ich, nickte heftig und versuchte zu lächeln. »Und ich liebe dich.«
Es war das das erste Mal, dass ich diese Worte zu ihm sagte.
Und wahrscheinlich das letzte Mal...
Sams Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln.
Ich hatte es gesagt. Er hatte gewusst, ich würde es eines Tages zu ihm sagen..
Auch ich lächelte und wischte meine Tränen weg. »Ich liebe dich. Ich liebe dich!«, sagte ich immer wieder. »Ich liebe dich!«
Tränen sammelten sich immer wieder in meinen Augen und liefen meine Wangen hinunter.
Mit der einen Hand drückte ich noch auf die Wunde, mit der anderen wischte ich meine Tränen weg und verschmierte dabei mein Gesicht mit seinem Blut.
Als ich Sam wieder sehen konnte war der Glanz in seinen Augen bereits erloschen...
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Dämonenküsse
ParanormalEntweder man liebt jemanden oder man hasst ihn. Beides funktioniert nicht - es ist praktisch unmöglich. Zumindest dachte ich das immer.. Doch was, wenn man sich nicht ganz sicher ist, für welche Seite man sich entscheidet? Was, wenn ein Ereignis ode...