Kapitel 12 Trauer - Teil 2

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Als ich sie wieder flatternd öffnete, fand ich mich in einem Raum wieder. Verwirrt blinzelte ich und versuchte herauszufinden, so ich war. Vor mir ragte eine weiße Decke. Ich hob den Kopf und sackte sofort wieder in ein weiches Kissen. Mein Kopf - er dröhnte furchtbar und war auf einmal so schwer wie ein Sack Zement.

Ich stieß einen schmerzerfüllten Seufzer aus und drehte mich statt aufzustehen nur auf die Seite. Das tat weitaus weniger weh. Ich entdeckte stilvolle hölzerne Kommoden und einen großen Kleiderschrank. Dazwischen befand sich ein modernes Panoramafenster, aus dem ich den langsamen Sonnenaufgang erkennen konnte. Das Zimmer war ordentlich und außer ein paar Möbel aus Rotholz war es, bis auf das Bett, auf dem ich lag, leer. Mir kam dieser Raum bekannt vor, doch ich kam nicht darauf weshalb.

Eine Welle der Übelkeit fuhr durch meinen Körper. Mein Kopf fühlte sich an wie nach einem Hammerschlag und mein gesamtes Gesicht brannte. Doch ich kämpfte gegen all das an und setzte mich auf.

Ich hatte alles nur geträumt!, dachte ich. Alles war nur ein böser, böser Albtraum!

Doch meine linke Hand sackte in dem Moment zusammen und rief mir den Kampf von gestern Nacht ins Gedächtnis. Es war also doch kein Traum gewesen. Ich erinnerte mich an gewaltige Werwölfe, Danie in meinen Armen und dann nur noch an viele Gläschen Wodka und an Sam.

Sam!

Plötzlich fiel mir ein, wo ich war. Sam hatte mich zu sich nach Hause gebracht. Es war sein Zimmer, in dem ich war. Es war sein Bett, indem ich nun lag.

Und es war sein Boden, den ich gleich vollkotzen würde.

Ich presste mir die unverletzte Hand an den Mund, zog die Decke weg und raste, so schnell wie es ging ohne umzufallen, in das Bad nebenan. Der Alkohol und mein gesamter Mageninhalt rutschten mir die Speiseröhre hoch. Ich hatte es gerade noch geschafft den Klodeckel hochzuklappen, bevor mein Frühstück mir Guten Morgen wünschte. Heiße Flüssigkeit tropfte ins Toilettenwasser, während ich wie eine Verrückte würgte. Mein Haar fiel mir in Strähnen in das Erbrochene, das aus meinem Mund tropfte und blieb an meinem Schweiß überströmten Gesicht kleben.

Wenige Minuten angestrengtes Würgen später, spürte ich, wie mir die Haare aus dem Gesicht gehalten wurden. Eine Hand tätschelte liebevoll meine Schulter. Als nichts mehr als bittere Galle herauskam, wischte ich mir mit zittriger Hand über den Mund.

Nachdem ich die Stärke aufgebracht hatte mich aus der Hocke zu erheben, richtete ich mich auf und ließ mich von Sam auf den Badewannenrand hochhieven. Die Welt drehte sich immer noch und selbst das Sitzen strengte unglaublich an, so schwer fühlte sich mein Körper an.

Lange saß ich so da und versuchte mich zu beruhigen. Immer wieder spürte ich den Druck von Sams Hand an meiner. Das erinnerte mich an gestern.

»Sag mal«, krächzte ich. »Was ...« Ich traute mich kaum daran zu denken, aber ich musste es wissen. »Was hab ich gestern alles ...«

»Gesagt? Getan?« Sam lachte mit seiner tiefen Samtstimme auf. »Na ja ...« Verlegen biss er sich auf die Unterlippe.

»So schlimm?«

»So würde ich es nicht nennen.«

»Wie sonst?«

»Ich weiß nicht, vielleicht ... ungewohnt?«

Ich stöhnte auf. »Was hab ich getan?«

Er lächelte sein atemberaubendes Lächeln. »Du hast mich betatscht. Die ganze Zeithast du mein Gesicht berührt und etwas von Engeln gemurmelt.« Er unterdrückte ein Lachen. »Dann bist du zusammengebrochen und ich fing dich auf und trug dich nach draußen. Als ich dich in den Wagen gesetzt hatte, hast du gesagt, du wärst noch nicht müde und dass du noch hellwach wärst und du ...« Er schwieg und kicherte.

DämonenküsseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt