Kapitel 9 Mein Retter vor dem Untergang - Teil 2

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Wenige Minuten später schlichen wir in einer Gasse an einem Obdachlosen vorbei. Sam trat vor mich und bedeutete mir links abzubiegen. Die Gasse war eng und es war eisig kalt - vor allem, wenn man keine richtige Jacke trug -, aber wer unbedingt mitten in der Nacht Sport treiben wollte, musste da durch.

Nun trug mein Partner ein lockeres graues Shirt und eine lässige Jogginghose. Er hatte sich angezogen, nachdem ich ihn dazu überreden konnte, das Training unbedingt jetzt zu absolvieren.

Der Weg vor uns war dreckig. Überall lag Müll und hin und wieder begegneten wir ein paar Obdachlosen.

»Wo zum Teufel gehen wir hin?«, fragte ich leicht gereizt, als ich in einen Haufen Müll trat. Es war nicht das erste Mal, dass ich fragte.

»Lass dich einfach überraschen«, war Sams lässige Antwort, während er weiter trottete. Als wir die nächste Kurve nahmen, entdeckte ich das erste Gebäude weit und breit. Es war eine große Lagerhalle. Sie schien seit Jahren verlassen zu sein.

»Was ist das?«

Sam steuerte auf dieMetalltür zu und tippte eine Zahlenkombination in ein Nummernfeld ein. »Das ist unserer eigener Kampfort. Hier testen wir unsere Neulinge.«

Ich ignorierte das Wort ›Neulinge‹ und nickte nur.

Sam trat einen Schritt zurück und die massive Tür sprang nach innen auf.

»Darf ich bitten?«, meinte er lächelnd und machte eine einladende Bewegung mit dem Arm.

Ebenfalls lächelnd musste ich den Kopf schütteln. Er konnte so albern sein, aber die Wahrheit war, jede Frau stand auf höfliche Männer. Deshalb betrat ich die verdunkelte Halle ohne ein Kommentar.

Hinter mir hörte ich, wie Sam einen Schalter bestätigte und sich die Eingangstür wieder schloss. Über uns leuchteten lange Neonlampen auf und gaben ein Summen von sich. Der Gang in dem ich stand war lang - und leer.

»Wie gemütlich«, meinte ich sarkastisch.

Sam ging vor und auf eine weitere Tür zu. Er blieb davor stehen und drehte sich zu mir um. »Sollte es jemand irgendwie schaffen hier einzubrechen, haben wir vorgesorgt.« Mit diesen Worten legte er seine Hand auf einen biometrischen Handscanner. Als ein grünes Licht aufblinkte, öffnete sich die stabile Tür mit einem zischendem Geräusch. »Willkommen.«

Ich zuckte bei dem Wort zusammen, da mich das an den Traum erinnerte, trat allerdings widerwillig ein.

Im Gegensatz zu dem leeren Gang, war diese Halle voll. Der Boden war ausgestattet mit vielen Matten, in denen in der Mitte des riesigen Raumes ein großer Boxring Platz nahm, und an den Wänden standen hohe, breite Schränke, wie ich es aus der GSW kannte. Ebenfalls wie in meiner alten Schule besaß man hier allerlei Schwerter, Messer und andere Waffen wie jegliche Fechtausrüstungen, oder Kissen und sonstiges, wie man sie in Selbstverteidigungskursen sah. Auch mittelalterliche Waffen konnte ich in einem geöffneten Schrank erkennen, genauso wie Pflöcke, Weihwasserfläschchen oder Handfeuerwaffen, Wurfsterne, Armbrüste, Macheten, und, und, und.

»Na?«, fragte Sam, als er meinem Blick quer durch den Raum folgte. »Was meinst du?«

Ich zog den Reißverschluss meiner Kapuzenjacke runter und zog sie aus. »Wir haben eine Menge zu tun.«


Wir trainierten drei Mal die Woche. Selbstverteidigung, Fechten, Boxen, Taekwondo, Kick-Boxen, ... und noch mehr. Wir wiederholten alles, was ich in der Ausbildung zur DAB-Agentin gelernt hatte.

Es war unglaublich langweilig und doch aufregend.

Das lag daran, dass meine Kampfpartner nie so attraktiv und sexy gewesen waren wie Sam. Und noch nie hatte ich mich so angezogen gefühlt wie zu ihm. Es war verrückt. Ich kannte diesen Mann doch gar nicht, doch jedes Mal, wenn ich ihm nur nahe kam, oder er mich mit diesen warmen kristallgrünen Augen ansah, schmolz mein Herz dahin. Diese Wärme, die er ausstrahlte, beherrschte jede Faser meines Körpers und mir blieb nichts anderes übrig, als damit klarzukommen. Wenn ich bei ihm war, konnte ich meinen Körper oder meinen Verstand nicht unter Kontrolle halten und mein Gehirn schien anders zu denken.

Außerdem passierte in seiner Nähe etwas, was ich noch nie gehabt hatte; ich wurde verlegen. Ich weiß wie das jetzt klingt. Aber so etwas war mir wirklich noch nie passiert.

Irgendwie fühlte ich mich mit diesen Mann verbunden, wie ich nicht mal mit Danie verbunden war. Es war unglaublich seltsam und ich konnte es einfach nicht beschreiben. Sicher war ich mir allerdings, dass dies nicht normal sein konnte.

Ich stützte meine Hände in diesen Moment - gerade mal die elfte Trainingsstunde - an meinen Oberschenkel ab, während ich stoßweise atmete. Auch Sam sah erschöpft aus und versuchte ebenfalls seinen Atem zu normalisieren.

»Das war echt gut«, keuchte er und hob beeindruckt die Brauen.

»Freut mich, dass ich dich zum Schwitzen bringen konnte«, entgegnete ich und deutete auf die Schweißflecken an seinem Shirt. Ich griff zur halbvollen Wasserflasche und leerte sie mit einem Zug. »Mann, hab ich einen Hunger.«

»Das kannst du laut sagen«, stimmte er mir zu. »Wie wär's, wenn du nachhause fährst, um zu duschen und dich umzuziehen und wir uns dann bei mir zum Essen treffen. Wir könnten uns zusammen etwas kochen.«

Wow.

»Klingt gut« ,antwortete ich, überrascht darüber, dass ein Jäger und Mann wie er, kochen konnte.

»Super.« Er schien begeistert. »Dann bis später.«




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