Kapitel 11 Verluste - Teil 1

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Da im Internet nichts zu finden war, suchten Sam und ich in der großen Bibliothek im Keller der GSW nach Informationen über Lucía und ihre Gabe der Verbundenheit zu Couper.

Da wir bei ihm nicht zum Essen gekommen waren, fuhren Sam und ich in seinem Wagen - einem schwarz glänzendem Lexus LF-A - und hielten an einem Hotdog-Stand um schließlich gemütlich in den Sitzen des Wagens Mittag - obwohl es fast schon sechs Uhr war - zu essen.

Die Bibliothek war ein etwa hundert Quadratmeter großer Raum. Er bestand aus tausenden riesigen Regalen, in denen Millionen alte Bücher ordentlich nebeneinander aufgestellt worden waren. Die Bücher waren bereits einige Hundert Jahre alt und deshalb nicht mehr im neusten Zustand, weshalb sich viele Bibliothekaren um die Sorgfalt kümmern mussten. Die GSW besaß die historische Bibliothek über das Übernatürliche, die es in diesem Jahrhundert gab.

Gydeon war nicht nur Leiter der DAB, ihm gehörten auch die ganzen Bücherabteilungen. Als wir in den riesigen Raum traten, lief er uns entgegen.

»Ich hab euch schon einige Bücher zur Seite gelegt«, erklärte er und führte uns mit hastigen Schritten an den zehn Meter hohen Regalen an einen runden Tisch, auf dem zwei große Stapel dicker Bücher lagen.

»Wow«, entfuhr es mich. »Das sollen wir alles lesen, Gyd?«

Er zuckte die Schultern. »Ist doch gar nicht so viel.« Wenn ich ihn nicht besser kenne würde, wäre mir nie aufgefallen, dass er noch immer über Nancy trauerte. Seine Maske war wirklich gut, doch die Art, wie er seine Schulter hochzog, offenbarte den Kummer, den er noch immer in sich trug.

»Du machst wohl Witze. Hast du nicht eine kurze Zusammenfassung?« Ich blickte ihm flehend in die Augen, da er nur streng die Augenbrauen hob. Gelesen hatte ich nie gern. »Bitte?!«

Gydeon seufzte. »Na schön. Setzt euch.«

Sam und ich nahmen am Tisch Platz und blickten Gydeon an, der sich lehrerhaft vor uns aufbaute.

»Also ich habe alle Bücher über Märchen und uralte Geschichten ausgegraben«, erklärte er. »In keinem davon stand die ganze Geschichte. Nur Bruchteile wurden kurz erwähnt. Ihr habt euch da aber eine Legende ausgesucht...« Er deutete auf den Bücherstapel. »Was ich in diesen Büchern herausgefunden habe, ist, dass es nichts Gutes für euch bedeutet.«

»Wie meinst du das?«, fragte ich ihn. Ich warf Sam einen Blick zu, der nur interessiert zu Gydeon blickte.

»Einer Legende nach zufolge würde es eine zweite Lucía und einen zweiten Couper geben,viele Jahrhunderte später. Diese zwei würden dieselben Fähigkeiten erlangen. Ihre Liebe würde so stark sein, dass sie keiner mehr entzweien könnte. Doch das Liebespaar würde eine schreckliche Zukunft erleiden, wie auch Couper und Lucía. Man sagt sich, die beiden hätten das fürchterlichste Leben vor sich, das es je geben könnte. Dauernd würden sie in Lebensgefahr schweben und nie könnten sie ein normales Leben führen.«

Ich unterbrach ihn: »Aber das Leben der Jäger ist immer so. Wir sind alle in ständiger Gefahr und das Übernatürliche will uns töten. Außerdem: Sam und ich, wir sind weder ein Paar, noch verliebt.«

Sam ignorierte meine Aussage und sah Gydeon an. »Warum sollte es Nachfahren von Lucía und Couper geben?«

»Weil etwas nicht vollendet wurde, würde ich sagen.« Gydeon hob ein großes dunkelrotes Buch auf, das sehr, sehr alt zu sein schien. »Diese Frage habe ich mir nämlich auch gestellt. In diesem Buch habe ich leider nur ansatzweise etwas über den Sinn des ganzen herausgefunden. Man sagt sich jemand habe etwas mit den beiden vorgehabt, was nicht eingetroffen sei. Ich denke deshalb gibt es Reinkarnationen.«

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