»Sie sind Rufus Ashberry?«, fragte ich, als der alte Mann an meiner Seite war.
»Und Sie sind ...«, kam es schroff von ihm. Es war dieselbe raue Stimme wie am Telefon.
»Melinda Blake«, ergänzte ich seufzend. Er konnte sich meinen Namen immer noch nicht merken. Ja, das war definitiv Rufus.
»Wie auch immer«, murmelte er und schob seinen Rollstuhl Richtung Straße. »Sie haben Glück, ich wohne ganz in der Nähe. Wenn Sie mit mir mithalten können, dann folgen sie mir.« Er kicherte leise über seinen lahmen Witz.
Ich verdrehte die Augen und trat hinter ihm her. Während er rollte und ich ging, betrachtete ich ihn unauffällig. Rufus war wahrscheinlich um die Ende vierzig, wirkte mit den warmen braunen Augen aber jünger. Sein Haar war schwarz und kurz und er hatte es sorgsam hinter die Ohren gekämmt. Auf seinem Gesicht hatten sich viele Falten verirrt und ließen den Mann verbitterter wirken, als er ohnehin schon war.
Er war in der Tat schnell, ich musste fast rennen um mitzuhalten.
»Wieso sitzen Sie im Rollstuhl, Rufus?«, machte ich den Versuch auf ein Smalltalk.
»Ist beim Job passiert«, erklärte er. Er schien freundlicher zu werden. »Ich hab während einer Dämonenjagd ein Messer ins Bein bekommen. Halb so schlimm, dachte ich. Doch im Krankenhaus erzählten sie mir, ich könnte nie wieder laufen können.« Er rollte über die Straße an einigen Geschäften vorbei, ohne auf mich zu warten. Ich eilte hinter ihm her.
»Tja«, sagte er. »Manchmal hat man einfach Pech im Leben.«
Normalerweise hätte ich ihm zugestimmt und an mein Pech gedacht, aber ich hatte mir vorgenommen nicht alles so schwarz zu sehen und mich an das Gute im Leben zu konzentrieren, also hielt ich die Klappe.
Schweigend folgte ich ihm, als wir die Stadt verließen und auf den Wald zusteuerten. Wir waren kaum fünf Minuten unterwegs gewesen.
Statt in den Wald rollte er vor dem Waldstück nach links einen schmalen Weg lang. Es wirkte, als bewegten wir uns über die Schwelle zwischen Wald und Stadt. Rufus schwieg, bis der Weg nach rechts führte. Als wir abbogen nahm er das Gespräch auf.
»Sie wollen also die Geschichte über Lucía und Couper wissen«, sagte er leise und ich musste mich konzentrieren ihn über den Regen hinweg verstehen zu können. Der Sturm legte sich ganz langsam. Es war nun nicht mehr so windig, aber immer noch eiskalt und dass ich von unten bis oben klatschnass war, verstärkte die Kälte.
»Ja, Sir«, antwortete ich und hielt mit ihm Schritt. »Es ist eine interessante Geschichte. Meine Mom hat mir als Kind immer davon erzählt.«
»Das wundert mich«, erwiderte Rufus. »Sie ist nicht sehr verbreitet. Sie können froh sein, dass es jemanden wie mich gibt, der sich mit nicht allzu bekannten Legenden und Geschichten auskennt.«
»Das bin ich.« Das war ich wirklich. Wenn es ihn nicht gäbe, hätte ich nie eine Chance etwas über Sam herauszufinden. Natürlich würde Rufus mir nicht über Sam, sondern über Couper erzählen, aber da Sam und Couper etwas verband - sonst wäre er ja nicht seine Reinkarnation -, würde ich, wenn ich etwas über Couper erfuhr, auch etwas über Sam erfahren.
Aus der Ferne erkannte ich ein Haus. Wir kamen näher und nun konnte ich sehen, dass es ein kleines Häuschen aus Holz mit kleinen einfachen Fenstern und einer altmodischen kleinen Tür war.
»Da wohne ich«, teilte Rufus mit und rollte darauf zu. Auf der winzigen Veranda hatte jemand eine Rampe gebaut, die ihn zu Tür führte. Ich nahm die drei Stufen neben der Rampe und wartete, bis er aufgeschlossen hatte. Er hielt mir die Tür offen und ließ mich voran.
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Dämonenküsse
ParanormalEntweder man liebt jemanden oder man hasst ihn. Beides funktioniert nicht - es ist praktisch unmöglich. Zumindest dachte ich das immer.. Doch was, wenn man sich nicht ganz sicher ist, für welche Seite man sich entscheidet? Was, wenn ein Ereignis ode...