-Kapitel 7-

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Ich lächelte ihn dankbar an, obwohl er mich immer noch nervös machte. Er starrte mich immer noch an. War es nicht für ihn auch unangenehm?

„Könntest du aufhören, mich so anzustarren?" Fragte ich mit fester Stimme. Endlich hörte sich meine Stimme nicht mehr so an, als würde ich jeden Moment losheulen. Er musste mich bestimmt bereits für einen Schwächling halten, so leise wie ich die ganze Zeit gesprochen hatte.

„Mache ich dich nervös?" Fragte er zurück.

„Wenn du so starrst, dann schon."

Die Aufzugtüren öffneten sich und ich sah, dass wir in einer unterirdischen Halle waren.

Mein Gott, war das riesig. Es war wie ein unterirdischer Tunnel nach unten mit unzähligen Türen und mehreren Etagen. Meine Kinnlade klappte herunter, als ich an das Geländer trat und nach unten blickte. Am Grund des Tunnels konnte ich viele Menschen umher laufen sehen und viele Computer oder riesige Bildschirme. Neunzig Prozent dieses Tunnels schien komplett aus Glas zu bestehen, was mich nur noch mehr beeindruckte. Wie konnte man sowas nur bauen?

„Mr. Benson scheint nicht im Büro zu sein." Sagte Liam und stellte sich neben mich ans Geländer. „Da unten ist er!" Rief ich aufgeregt, als ich ihn ganz unten erkannte. Er stand am riesigen Bildschirm. Liam deutete auf einen gläsernen Aufzug, direkt neben dem Geländer. Wir stiegen ein und ich bewunderte diese Aussicht, die sich mir bot. Ganz unten angekommen, lief ich direkt zu Onkel Tom.

„Onkel!" Rief ich, worauf er sich überrascht umdrehte.

„Wie hast du her gefunden?"

Ich drehte mich unsicher zu Liam um, der langsam auf uns zukam. „Ich habe sie hergeführt." Onkel Toms Blick wanderte zu ihm und er nickte nur.

„Hast du dich hier schon umgesehen? Überlegst du es dir mit der Ausbildung?" „Ich will nach Hause."

Überrumpelt über meine Aussage guckte er mich entgeistert an. „Nein." Diesmal war ich diejenige, die entgeistert drein blickte. „Onkel! Ich will nach Hause." Wiederholte ich, aber er schüttelte nur den Kopf.

„Hör mal, Adele. Ich möchte nur ein Auge auf dich werfen, solange dein Vater weg ist. Außerdem kannst du dir vorstellen, wie es bei dir zu Hause aussieht? Bei euch wurde eingebrochen und Liam muss heute hin und die Lage erstmal überprüfen."

„Dann komme ich mit."

Als ich das sagte, handelte mein Mund definitiv schneller als mein Gehirn. Bevor mein Onkel wieder irgendwas dagegen sagen konnte, unterbrach ich ihn. „Onkel, mein Leben wurde in innerhalb von einer Minute zerstört! Mein Vater ist weg! Mein ein und alles! Und ich will jetzt wenigstens etwas tun, um zu helfen."

Er sagte gar nichts und musterte mich nur abschätzig. Schließich wendete er sich an Liam und steckte ihm einen Zettel zu. „Hier ist die Adresse. Fahr sie hin und bring sie sicher zurück." Erleichtert atmete ich auf und strahlte ihn dankbar an. Liam nickte nur und ging zurück zum Aufzug, worauf ich ihn nur leise folgte.

„Wann fahren wir?" Fragte ich. „Der Unterricht fängt bald an. Danach werden wir aufbrechen." Antwortete er kurz. Wir stiegen zum anderen Aufzug um und fuhren weiter nach oben.

„Warum möchtest du keine Ausbildung hier anfangen? Manche würden töten, um hier einfach so aufgenommen zu werden." Fing Liam plötzlich an. Sein Gesicht wirkte ausdrucklos und ich fragte mich, ob er das nur fragte, um Konversation zu betreiben oder ob er ernsthaft Interesse an meinem Leben hegte.

Ich räusperte mich und versuchte den Kloß in meinem Hals runterzuschlucken. „Ich glaube, ich passe einfach nicht in diese Welt rein." „Dafür, dass du noch nicht mal 24 Stunden hier bist und dir so gut wie noch nichts angesehen hast, bist du dir deiner Aussage ja ziemlich sicher."

Die Aufzugtüren öffneten sich im dritten Stock und er trat nach draußen. „In dieser Etage sind die Trainingsräume. Wenn du willst, kannst du zugucken." „Uhm, ich weiß nicht." Druckste ich herum und trat von einem Fuß auf den anderen.

„Du musst nicht. Es ist deine Entscheidung." Und damit verschwand er einfach und ließ mich alleine im Aufzug zurück. Ich fuhr in den vierten Stock und begab mich in mein Apartment. Liam. Er wirkte so kalt, aber irgendwas an seiner Art ließ mich neugierig werden.

Warum ich keine Ausbildung anfangen wollte? Ich hatte zu viele Selbstzweifel. Und ich denke, wenn man in einer Organisation wie dieser ist, hat man eine Menge Verantwortung zu tragen. Wie sollte ich sowas können? Aber mein Vater wollte, dass ich seine Welt kennen lernte und Liam hat es mir schließlich angeboten.

Ich dachte nicht mehr darüber nach und stand kurzerhand wieder im Aufzug, um in den dritten Stock zu fahren.

Als sich die Türen wieder öffneten, trat ich hinaus und blickte mich unsicher um. Das Einzige, was ich hören konnte, war das angestrengte Stöhnen von Schülern und das Einschlagen auf weiche Gegenstände, vielleicht Sandsäcke. Mehrere Gänge boten sich mir an und ich folgte der lauten Stimme, die ich beim näher kommen Liam zuordnete.

„Das hier ist kein Kindergarten und es wird garantiert hart. Wer sich dieser Verantwortung hier nicht bewusst ist, kann gleich wieder dahin, wo er hergekommen ist." Die dunkle, aber diesmal strengere Stimme von Liam drang immer lauter zu mir, bis ich vor einer geöffneten Tür stand und schließlich hindurch ging. Hier sah es komplett anders aus, als im Flur oder generell in der ganzen Villa. Diese Halle war groß, dunkel, größtenteils aus Beton. In den Ecken lagen alte Matten herum und auf der einen Seite hingen Seile von der Decke. Ich spürte Blicke auf mir, doch achtete nicht darauf und lehnte mich gegen die kalte Betonwand.

Scarlett stand mit einigen anderen Leuten, denen sie aber keine Beachtung schenkte, auf der anderen Seite der Halle und schlug auf Ledersandsäcke ein. Louis und Niall schauten zwei anderen Jungs zu, wie sie sich gegenseitig vermöbelten. Der strenge Geruch von Schweiß und Verzweiflung stieg mir in die Nase. War das hier nicht gerade mal die erste Unterrichtsstunde?

„Du bist doch gekommen." Bemerkte jemand und stellte sich neben mich.

„Sieht so aus." „Willst du es nicht auch mal probieren?" Fragte Liam, doch ich schüttelte den Kopf. „Ich kann sowas nicht." „Du meinst, du kannst nicht auf abgenutzte Sandsäcke einschlagen?" „Ich meine, ich bin kein gewalttätiger Mensch."

Mein Vater hatte oft probiert mir Kampftechniken beizubringen. Damals verstand ich nie warum, aber jetzt wurde es mir klar. „Natürlich kannst du das." Sagte er. „Du willst nur nicht." „Danke für die Information, Schlaumeier." „Bitte."

Und damit drehte er sich um und ging zu seinen Schülern, während ich immer noch wie eine bekloppte dastand und die Leute dumm anglotzte.


Bravery (Liam Payne Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt