Kapitel 5

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Völlig ausgelaugt schleppte ich mich in die Schule, ging in den Klassenraum, in dem ich gleich Unterricht haben würde und setzte mich in die hinterste Reihe. Alle anderen Schüler waren noch lange nicht hier, immerhin hatten wir noch 15 Minuten bis zum Unterrichts Beginn. Ich bettete meinen Kopf auf die Tischplatte und starrte nach draußen, ich bemerkte nicht wie die Tür aufging und eine Person herein trat. Bis ich spürte wie sich jemand neben mich setzte, ich machte mir gar nicht erst die Mühe aufzublicken, denn die einzigen Personen die sich überhaupt wirklich in meine Nähe trauten waren die neuen Schüler. ,,Morgen!", trällerte die gut gelaunte Stimme Geraldines in mein Ohr. Warum konnte sie mich denn nicht einfach in Ruhe lassen? ,,Geraldine", sagte ich leise, hob meinen Kopf und blickte sie mit müden Augen an. ,,Was willst du von mir? Was erwartest du von mir?" Vollkommen überrumpelt blickte sie mich an ,,Ich erwarte doch gar nichts von dir! Ich will dir doch nur helfen!" Ich sog scharf die Luft ein. ,,Ich weiß nicht von was du sprichst.", sagte ich bestimmt, sie durfte nicht hinter mein Geheimnis kommen, es würde mir bloß Probleme machen.

,,Gott jeder Idiot sieht das das eben nicht stimmt!", sagte sie bestimmt. Kurz schloss ich die Augen und versuchte so viel Entschlossenheit wie nur möglich in meinen Blick zu legen, dann hob ich den Kopf und blickte sie an ,,Mir geht es gut. Es gibt nichts worüber du dir Sorgen machen müsstest.", sagte ich ruhig, obwohl das mehr als nur gelogen war, war es dennoch besser so. Jedenfalls für sie, denn ich wusste nicht zu was mein Vater alles fähig war wenn er befürchten müsste das sein Geheimnis aufflog. Sie jedoch schüttelte nur den Kopf ,,Das glaube ich dir zwar nicht, aber ich verstehe wenn du es mir jetzt noch nicht sagen möchtest." Sie lächelte. Ich verstand sie nicht ,,Warum gibst du dir solche Mühe? Es lohnt sich nicht Geraldine.", sagte ich und wieder klang die Traurigkeit in meiner Stimme mit. ,,Sag das nicht! Außerdem ist es doch vollkommen klar warum ich das hier mache. Ganz einfach, ich würde gerne deine Freundin sein."

Sie wollte meine Freundin sein? Ich wünschte mir schon seit langer, langer Zeit wieder jemanden mit dem ich reden konnte, doch ich wusste das es zu gefährlich war. Jeder der mir nahe stand war in Gefahr und ich wollte niemanden in Gefahr bringen, ich wollte niemanden mehr leiden sehen. Das konnte ich nicht mehr ertragen, nicht nachdem ich meine Mutter so leiden gesehen hatte. Nicht nachdem es sie in den Tod getrieben hatte. Also blieb mir nichts anderes übrig, sodass ich sie einfach nur kalt anstarrte und mit monotoner Stimme sprach ,,Ich brauche keine Freundin, ich habe früher keine Freundin gebraucht und das hat sich bis jetzt auch nicht geändert." Vor Schmerz zog sich alles in mir zusammen, es tat mir Leid das ich sie anlügen musste. Es tat mir Leid das ich sie verletzen musste. Geraldine schluchzte leise auf und ich sah Tränen in ihren Augen glitzern, krampfhaft versuchte ich den Selbsthass in mir zu unterdrücken, als ich sah was ich angerichtet hatte.

Doch ich wusste das der Schmerz den sie jetzt spürte nichts gegenüber dem Schmerz war, den sie spüren würde, wenn mein Vater heraus bekam das ich Freunde hatte. Sie wandte sich ab und setzte sich an einen anderen Tisch, erleichtert seufzte ich auf, es war besser so für sie.

Der Unterricht begann und ich versuchte mich auf den Stoff zu konzentrieren, was mir leider überhaupt nicht gelang. Ich seufzte, ich würde mich wohl später bei ihr entschuldigen müssen sonst würde ich mich schlecht fühlen oder eher gesagt ich hasste es ein schlechtes Gewissen zu haben. Da ich mich immer schlecht fühlte, und sich das wahrscheinlich auch niemals mehr ändern würde.

Es klingelte, endlich nach einer gefühlten Ewigkeit, und ich sprang sofort auf und lief zu Geraldine, die immer noch auf ihrem Platzt saß und vor sich hin starrte. Ängstlich trat ich zu ihr ,,Geraldine?", fragte ich leise, sie reagierte nicht. Vielleicht hatte sie mich nicht gehört? Immerhin sprach ich immer sehr leise, wenn ich denn überhaupt sprach. Ich versuchte es erneut, diesmal etwas lauter ,,Geraldine?" immer noch keine Reaktion. Ich seufzte und fuchtelte mit meiner Hand vor ihrem Gesicht herum. Sie blinzelte und blickte mich vollkommen überrascht an. Na endlich! ,,Ich... also ... es tut mir Leid das...-" Weiter kam ich gar nicht, da war sie schon aufgesprungen und mir um den Hals gefallen. Ich erstarrte, wie ein Mantra sprach ich den Satz in meinen Kopf immer und immer wieder Sie ist nicht ER, Sie ist nicht ER, Sie ist nicht ER, dann löste sie sich wieder von mir und strahlte mich glücklich an.

Wow und das nur weil ich mich entschuldigt hatte ,,Schon vergeben. Das braucht dir nicht Leid tun. Ich freu mich ja so, dass du mich nicht hasst, weil das gerade eben echt so aussah. Wir können ja mal was zusammen unternehmen. Und wir können meinen Bruder mit nehmen.... oder doch lieber nicht, der würde nur die Stimmung versauen und uns auf die Nerven gehen." Sie plapperte das alles in einer derartigen Geschwindigkeit herunter, dass ich einfach nur da stehen und sie mit offenen Mund anstarrten konnte. ,,Ich hasse dich nicht, aber hör zu, es ist nicht gut für dich wenn-" Und sie plapperte wieder dazwischen ,,Achhhhh so ein Unsinn was soll denn schon passieren?" Mein Vater könnte dich foltern oder töten, er könnte deine Familie zerstören, dir dein Glück nehmen oder gar noch schlimmer dich so weit zerstören, wie er es mit mir getan hatte. Mir schauderte, sie redete immer noch weiter ,, Was sollte denn passieren wenn wir mal was zusammen unternehmen?", fragte sie mich. Das konnte ich ihr jedoch nicht sagen, denn wenn ich das tat würde ich alles nur unnötig verkomplizieren oder vielleicht sogar beschleunigen. Seufzend gab ich nach ,,Auf deine Verantwortung, aber sage nicht ich hätte dich nicht gewarnt."



Broken Heart Rette mich wenn du kannstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt