Kapitel 7

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Ich weiß nicht warum ich mich in seinen Armen so geborgen fühlte. Es fühlte sich an wie ein Schutz, ein Schutzschild rundherum um meinen Körper. Ich vergaß was er getan hatte, denn ich wollte es verdrängen oder gar vergessen. Ich fühlte keine Liebe, aber ich fühlte Freundschaft und ich wusste das dies der erste Moment war in dem er genauso fühlte wie ich es tat. Wir saßen eine ganze Weile so da. Die Dämmerung hatte eingesetzt und die genaue Sicht wurde mit zunehmender Sekunde schlechter. "Danke, dass du für mich da bist.", sagte ich. "Holly du bist eine richtig gute Freundin für mich geworden", entgegnete er und darauf verließ er das Wohnzimmer, zog sich seine ausgetretenen Converse an die einmal blau waren doch aufgrund des Dauereinsatzes nun grau. "Bis dann", rief er und ich hörte nur noch wie er die Haustür zuzog. Dies war die erste Nacht nach meinem Unfall in der ich gut schlief und die erste Nacht nach langer Zeit in der ich wieder träumte. Träume die von alten und neuen Zeiten handelten.

Noch eine Woche. Eine Woche und dann würde sich Mias großer Traum erfüllen. Sie sprach seit Tagen von nichts anderem, rief jeden Abend an. Ich verbrachte die nächsten Tage mit büffeln für die Schule. Da ich aufgrund des Unfalls eine ganze Woche in der Schule gefehlt hatte musste ich einiges nacharbeiten. Schule fiel mir nicht besonders schwer. Im Gegensatz zu den Meisten bekam ich mit relativ wenig Aufwand recht gute Noten. Schule war mir jedoch nicht besonders wichtig. Ich tat das Nötigste dafür und mehr nicht. Als ich am Donnerstagabend über den Mathaufgaben grübelte, erklang der Klingelton meinens Handys. "Hallo?". "Hey Holly. Ich bins Mia. Hättest du Lust Morgen nocheinmal in die Stadt zu fahren? Ich brauche für Samstag noch ein Geschenk für Niall und neue Wimperntusche", sagte Mia. "Ehm, ja klar. Nur Mittags habe ich noch den Termin im Krankenhaus. Dann erfahre ich endlich ob ich das Bein wieder ganz belasten darf.", entgegnete ich. "Ach stimmt. Wir können ja danach fahren. Hoffentlich darfst du wieder richtig auftreten, damit du Samstag fit bist. Ich geh jetzt duschen. Bis morgen in der Schule. Schlaf gut Holly". "Ja, du auch. Bis Morgen.", beendete ich das Gespräch und versuchte mich weiter an den Matheaufgaben. Ich weiß nicht wieso doch ich konnte mich nicht konzentrieren. Meine Gedanken schweiften ab und zu meinem verwundern zu Samstag. Im Gegensatz zu Mia hatte ich mir weder Gedanken um meine Frisur noch um mein Outfit gemacht. Ein schlechtes Gewissen überkam mich. Ich wollte Mia schließlich nicht blamieren. Das würde sie mir nie verzeihen. Sie erwartete sicher eine coole, topgestylte Freundin. Ich würde schließlich nicht nur als Begleitung dienen sondern auch als Einblick in ihren Freundeskreis. Ich stand vom Schreibtischstuhl auf und öffnete die Tür meines weißen IKEA- Holzkleiderschrankes. Meistens trug ich relativ schlichte Fraben und dementsprechend sah auch mein Kleiderschrank aus. Ich wollte mich Samstag nicht verstellen doch sich jetzt schon über ein Outfit Gedanken zu machen wäre sicherlich nicht schlecht. Ich entschied mich für eine dunkelblaue skinny Jeans, einen pastellrosafarbenden Strickpullover und meine geliebten Lederschnürschuhe. Da das Wetter für Samstag sowieso regnerisch sein sollte, dachte ich dieses Outfit wäre nicht nur bequem sondern auch äußerst praktisch. Ich legete die Anziehsachen gefaltet auf meine Kommode und beschloss die Matheaufgaben für heute zu vernachlässigen. Stattdessen schaltete ich meinen Laptot ein und laß mich durch ein paar Fakten über One Direction. Ich wollte wenigstens etwas Ahnung haben. Wer weiß, was am Samstag auf mich zukommen würde.

Meine Augen wurden langsam müde und draußen war es stockduster. Ich schaute auf die Uhranzeige rechts unten auf dem Bildschirm meines Laptops. Zu meinem verwundern zeigte diese fünf Minuten nach eins an. Verdammt dachte ich. Morgen stand schließlich die Matheklausur an. Auf Zehenspitzen schlich ich mich ins Badezimmer, damit weder meine Mutter noch meine Schwester erfuhren das ich noch wach war. Ich putze mir schnell die Zähne, wusch mein Gesicht und wechselte meine Jeans und meine Bluse gegen ein T-shirt. Im Bett schlief ich sofort ein.

Am nächsten Morgen war ich zu meiner eigenen Verwunderung erstaunlich fit. Die Matheklausur war zum Glück ziemlich einfach und ließ den Schulmorgen schnell vorübergehen.

Ich saß im Wartezimmer des Krankenhauses. Neben mir meine Mutter. Rechts von mir die dunkelblauen Krücken. Ich hoffte mir sehnlichst diese heute endlich abgeben zu dürfen. Auch wenn ich die letzten Tage ohne sie laufen durfte, war es mir jedoch nicht erlaubt mein rechtes Bein vollkommen zu belasten. Holly Cromwell bitte in Zimmer 402, ertönte der Lautspreche über der Tür des Wartezimmers. Meine Mum schaute mich sorgenvoll an. "Ich komme mit Holly", sagte sie. Zusammen standen wir auf. SIe ging voran und ich humpelte hinter ihr her richtung Zimmer 402. Ich muss zugeben, dass ich ein wenig aufgeregt war. Der morgige Tag werde für Mia schließlich von großer Bedeutung sein und da wolle sie sicherlich keine Krüppelfreundin dabei haben. Ich setze mich auf die Liege des Behandlungszimmers. Der Arzt trat ein und schüttelte mir kräftig die Hand. Er war groß und kräftig und sein Händedruck dementsprechend kraftvoll. Meine Hand schmerzte deutlich nachdem er sie nach einer gefühlten Ewigkeit aus seiner befreite. "So. Dann wollten wir uns ihren Fuß mal ansehen. Gab es besondere Beschwerden während der letzten Tage", fragte er. "Nein. Soweit ist alles in Ordung.", unterbrach ihn meine Mutter. Aufgrund seines kritischen Blickes fügte ich hinzu: "Ja. Keine weiteren Beschwerden." Ich zog meinen dunkelblauen Van aus und schämte mich sofort für meine blau-weiß geringelte Socke. Dr. Kempel, wie ich dem Namensschild entahm, tastete mein rechtes Bein von der Mitte des Fußes bis hin zur Unterseite der Kniescheibe ab. Nachdem ich ein paar Übungen absolviert hatte, wartete ich neugierig auf das Ergebnis während Dr. Kempel einige Dinge in meine Krankenakte notierte.

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