Kapitel 19

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Am nächsten Morgen fühlte ich mich vollkommen unausgeschlafen. Ich hatte das Gefühle als ob mich in dieser Nacht ein drei tonnen schwerer Laster überrollt hätte. Völlig verschlafen ging ich unter die Dusche und versuchte mich so gut es ging zu beeilen was sich als äußerst schwierig herausstellte. Gott sei Dank würde ich nur zwei Unterrichtstunden vor mir haben bis ich erstmal frei haben würde. Doch aus irgendeinem Grund fieberte ich dem Treffen mit Harry nicht besonders freudig entgegen. Vielleicht lag es daran, dass ich ihn heute für die nächsten Tage erstmal das letzte Mal sehen würde oder es lag daran, dass ich mir in meinem Handeln und dieser gewissen Sache die sich da im Moment zwischen uns abspielte immer noch nicht wirklich sicher war.

Konnte ich ihm wirklich vertrauen? Wie würde das werden sich auf längeren Zeitraum nicht zu sehen?

Vor allem musste ich damit rechnen, dass er mir früher oder später weh tun würde. Er könnte jederzeit meine Gefühle verletzen mit jeglicher Art von Gerüchten oder aber letztendlich mit der Wahrheit. Ich hatte ihm gestern mein Wort gegeben, wenn es auch nur ein unsicheres gewesen war.

Ich blickte zurück auf den Schreibblock der vor mir auf dem Tisch lag. Im Kursraum war es leise. Es schien als würden alle arbeiten doch ich konnte mich keineswegs konzentrieren. Ich sollte einen Aufsatz über Weltansichten schreiben. In Bezug auf Religion und Atheismus. Ich mochte diese Art von Aufsätzen nicht. Man durfte seine eigenen Ansichten nicht mit einfließen lassen und dazu neigte ich leider jedes Mal.

Schon früher wollte ich den Leuten zeigen was ich über ein gewisses Thema dachte. Wie ich dazu stand und das jeder meine Meinung zu akzeptieren hatte. Nur auf diese Weise konnte ich mich mit einem Thema auseinandersetzen. Ich schaute auf meine braune Lederarmbanduhr. Noch fünf Minuten, dann würde die Stunde endlich enden. Leider aber auch nur noch fünf Minuten bis zu unserem gemeinsamen Frühstück. Da ich in dem Aufsatz gerade sowieso keinen Sinn mehr sah verschob ich ihn auf später und steckte den Kulli zurück in meine Federmappe. Den Block verstaute ich in meiner Umhängetasche und verbrachte die letzten Minuten damit mich auf die nächsten zwei Stunden vorzubereiten. Die laute Schulklingel riss mich aus meinen Gedanken. Ich nahm meine Tasche vom Boden und wollte gerade den Raum verlassen als ich spürte wie sich eine Hand auf meine linke Schulter legte. Ich dreht mich um.

"Paul.", sagte ich etwas verwundert.

"Hey Holly. Lust auf nen Kaffee bei Starbucks?"

"Tut mir leid ich kann nicht."

"Oh schade. Dann ein anderes Mal, ok?", antwortete er und blickte etwas verlegen auf das graue Linoleum unter unseren Füßen.

"Ja klar.", sagte ich und ging die Tür hinaus. Hoffentlich würde er mich nicht daran erinnern, denn ich hatte im Moment wirklich keine Lust auf ein Tasse Kaffe mit Paul.

***

Ich stand auf dem Bürgersteig vor dem Schulgelände und war dabei die Straße zu überqueren. Auf der gegenüberliegenden Seite stand der Range Rover und an der Fahrertür lehnte ein gutaussehender braunhaariger Mann. Ein kleiner Windstoß wehte meine Haare in meinen Nacken. Heute war der erste Tag dieses Sommers an dem die Hitze auszuhalten war.

"Hallo Schönheit.", begrüßte er mich als ich an seinem Wagen angekommen war.

"Hey.", lächelte ich. Ich freute mich wirklich ihn zu sehen und verdrängte für einen kurzen Moment meine Zweifel.

"Und wie waren die ersten zwei Stunden?"

"Super.", sagte ich mit ironischem Unterton und kniff ihn leicht in die Seite.

Plötzlich hörte ich von der anderen Straßenseite jemanden meinen Namen rufen.

"Holly!"

Ich dreht mich zum zweiten Mal an diesem Morgen verwundert um und sah Paul auf der anderen Straßenseite mit der rechten Hand wedeln in der er ein Blatt Papier hielt.

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