Kapitel 23 - Die Wahrheit

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Ich kam mit Claire vor der Eingangshalle des Krankenhauses an und blieb stehen, damit sie sich sammeln konnte. Auf ihren eh schon schlappen Körper setzte sich nun noch zusätzlich die Qual einer Reise. Sie stützte sich an der nächsten Wand ab und schloss die Augen. "Drinnen wird es besser. Du bist raus Claire." meinte ich leiser um vielleicht ein wenig helfen, gar ablenken zu können. Ein Glück, dass wir sie gefunden hatten, wer wusste wie lang sie dort oben in der Klemme gesessen hätte, wären wir nicht aufgetaucht. Julien war nicht zu sehen, weswegen ich Claire stützte. Mit meiner Hilfe schafften wir es durch die große Tür.

Von ihren Lippen kam ein leises Danke, doch ich schnaubte leicht. "Hör auf mir zu danken." Für mich war das selbstverständlich, egal wie tödlich das enden könnte. "Nein!" Ihre Stimme war fester, als ich erwartet hätte, aber ich hatte noch etwas dazu zu sagen. "So kann ich gut machen was ich bin. Also nein." Von rechts wurde Claires Name ausgesprochen und ich sah mich um.
Ich hasste Krankenhäuser und müsste so oder so auf das Treffen zurück. Heute konnte ich meinem Verlobten vielleicht ausweichen, aber die nächsten Wochen, Monate, wahrscheinlich Jahre nicht. "Ich sollte weg..." meinte ich daher leise zu Claire, die aber leicht den Kopf schüttelte. "Du bleibst hier." Als die Ärzte kamen, musterte mich eine junge Heilerin skeptisch, half dann aber Claire in Empfang zu nehmen und als sie mit einem der Männer sprach, schnappte ich auf, dass sie ihm sagte, ich müsse bleiben. Er nickte darauf nur und ich war nicht ganz sicher, woher die Beiden sich kannten. "Gut ich bleibe Claire. Geh jetzt aber mit. Du bist draußen." meinte ich schließlich und sie ging mit.

Es dauerte eine ganze Weile, bis die Tür des Zimmers aufging, in dem Claire nun lag. Auch sehr interessant in einem knappen schwarzen Kleid und High-Heels in einem Krankenhaus zu warten. Rechts neben mir hatte ein alter Zauberer mich gefragt, ob ich auf einer Hochzeit gewesen wäre, doch ich schüttelte den Kopf und meinte, dass ich auf einem Familientreffen war. Er fand es schön, dass ein so junges Ding wie ich etwas aus sich machte und auch in diesen Zeiten noch für die Familie da war. Ich hatte es so stehen gelassen und als ich angesprochen wurde erhob ich mich, nickte dem Heiler zu und ging in den Raum. Das Klackern der Schuhe erinnerte mich daran, wo ich eigentlich sein müsste. Bei den Todessern, bei Mördern.

"Nate hat gesagt, dass ich nicht mehr viel länger durchgehalten hätte." Claire riss mich aus den Gedanken, als ich schon die Tür automatisch geschlossen hatte. Ich war vollkommen angespannt. "Du bist raus. Das zählt..." Leicht biss ich mir auf die Unterlippe. Claire setzte sich auf und meinte, dass ich mich setzen sollte, weswegen ich stumm einen Stuhl näher zog. Die erste Frage wäre wahrscheinlich warum ich mich angeschlossen hatte, doch da lag ich falsch und trotzdem trafen ihre Worte mich irgendwie, da sie die Frage mit einem starken Schlucken stellte. "Die Frage mag etwas aufdringlich klingen aber...woher kennst du ihn?" Julien. Ich dachte kurz an den Abend in der Bar, dachte an dieses Gefühl zu jemandem zu passen, gar zu gehören und dennoch kam mir das Verhalten von Claire merkwürdig vor. Es verhieß nichts Gutes.

"Ich hab viel durchgemacht und war einen Abend in einer kleinen Bar. Es war Zufall, aber..." Ich brach ab und sah sie direkt an. "Woher kennst du ihn Claire?" - "Das ist eine lange Geschichte." Sie senkte den Blick und sah mich nicht weiter an, was mein schlechtes Bauchgefühl nur bestärkte. "Ich will es aber wissen, weil da was zwischen uns ist." brachte ich dennoch hervor und strich mir durch die braunen Locken. "Es begann vor einigen Jahren. Ich hab ihn auf einem Treffen kennen gelernt, dass von meiner Familie organisiert wurde. Daher kenne ich ihn...naja besser gesagt glaubte ich ihn zu kennen" - "Glaubtest?" Ich sah sie an, versuchte mich zu entspannen, aber es ging einfach nicht und mein Herz pochte. "Ja ich glaubte. Denn als wir in Hogwarts waren fing das Drama mit ihm erst an. Erst hat er versucht mich von allen zu trennen, damit ich alle da stehe. Fast hätte er es auch geschafft. Er...er gehörte zu einem Puzzel, welches mit der Vergangenheit meiner Familie zu tun hatte. Und war von einem Geist besessen, weshalb er versuchte mich zu töten." Bei der Erzählung, die einfach nicht sein konnte, begann sie zu zittern. Ich wusste irgendwie, dass es stimmte, dass sie die Wahrheit sprach. Warum sollte sie auch lügen. "Was?" kam es dennoch unbewusst und verwirrt über meine Lippen.
"Das ist noch nicht alles. Nachdem sein Versuch gescheitert war, verschwand er. Doch irgendwann fing ich an Briefe zu erhalten in denen er mir drohte. Und als er wieder auftauchte war alles anders. Er sagte mir, dass der Geist von ihm Besitz ergriffen hatte und er nicht mehr er war. Ich versuchte ihm zu helfen doch...er wurde umgebracht. Von dem Geist der von ihm Besitz ergriffen hatte. Er starb in meinen Armen." Ich hörte Claire zu, aber es war so unrealistisch...Nur ihr Verhalten sagte mir, dass es stimmte. "Dann...könnte er nicht leben Claire. Dann hätte ich ihn nicht kennen lernen können..." Meine Stimme bebte viel zu sehr. Ihr Auflachen ließ mich verstummen und ihr Blick sagte mehr als tausend Worte. Sie wollte mir das nicht wirklich erzählen, weil sie merkte, dass es mich quälte. Wie konnte es sein, dass der Junge den ich liebte, in den Armen einer guten Freundin starb, so sah ich Claire nämlich im Bezug auf unsere Verbindung."Die Geschichte ist ja auch noch nicht zu Ende. Er kam mich immer wieder besuchen. Als Geist. Und zwei Jahre nach seinem Tod haben Lucy und ich einen Weg gefunden ihn zurückzubringen und wir haben es geschafft. Doch als er wieder vor uns stand hatte er keine Erinnerung mehr an nichts. Er hat sich in den letzten beiden Jahren alles komplett neu aufgebaut." Ich hörte ihr zu, schüttelte dann den Kopf und vergrub diesen schließlich in meinen Knien, die ich auf dem Stuhl an den Körper zog. "Das kann nicht sein...Das..." Ich schnappte Luft und registrierte die Tränen, die meine Wangen hinab flossen. Warum hatte er nichts gesagt? Immerhin hatte er doch Bruchstücke erwähnt, warum hatte er nicht irgendeine Chance genutzt und mir alles erzählt. "Ich wusste nur, dass er sich an etwas nicht erinnern kann...Das ist zu viel."

Claire ließ mir etwas Zeit, doch eins hauchte sie in die Stille und ich war ihr irgendwie dankbar. "Cassie..es tut mir leid, dass du das so erfahren musstest." Vor allem aber war ich ihr dankbar, dass sie es mir gesagt hatte. Julien hatte mir damit verdammt weh getan, indem er nichts gesagt hat. "Ich dachte einen einzigen Punkt außer Alaric habe ich, aber nein Claire. Ich bin eine verfluchte..." aussprechen wollte ich das Wort nicht. "...ich hab das zugelassen für das meine Tante und mein Onkel gestorben sind, hab Dean und alle zurück gelassen um die zu werden, deren Name ich nun tragen muss. Ich hab alles verloren Claire. Das einzige was mir einen Lichtblick gibt ist, dass ich vielleicht als Verräterin etwas erreichen kann und im richtigen Moment sterbe um jemanden zu schützen." Natürlich brach das alles mein Vertrauen zu ihm, aber ich könnte ihn auch nicht einfach loslassen. Er gehörte einfach zu mir, hielt mich aufrecht. Claire konnte mir am ehesten etwas sagen.

"Danke Claire. Ich musste es so oder so erfahren." Ich ahnte, dass sie sich fertig machte und wusch meine Tränen weg. "Aber Claire. Beantworte mir eins bitte ehrlich: Hätte es irgendeinen Sinn ihm wieder zu vertrauen? Ich mein ich...liebe ihn und..." - "Ja es macht sinn. Besonders, wenn du ihn wirklich liebst. Ihr braucht einander." Ein kleines Nicken kam von mir, aber keine wirkliche Antwort. Erst nach einer Minute murmelte ich etwas, sah Claire aber nicht an. "Dennoch ist alles auf eine Lüge aufgebaut Claire. Ich kann nicht noch mehr gebrauchen was mich fertig macht..." - "Tu das was du für richtig hältst, aber du musst auch auf dein Herz hören"

Ich stand auf und setzte mich leicht auf die Bettkante. "Auf mein Herz hören, dass ich abschalten müsste Claire. Ich bin verlobt seit heute. Ich..." Doch ich brach ab und legte meine Arme sanft um Claire, blieb vorsichtig, da sie so geschwächt war. Sie erwiderte die Umarmung und gab mir wenigstens kurz etwas Halt. "Alles wird gut werden. Früher oder später." Ja früher oder später Claire. Bei mir wohl eher später. "Danke trotzdem Claire. Ich mein es ernst." Sie hatte mir etwas gesagt, was ich niemas für möglich gehalten hätte. Doch was war in diesen Zeiten überhaupt noch echt und was eine Lüge? "Du brauchst mir nicht zu danken." - "Trotzdem Claire. Aber du solltest jetzt ruhig machen. Ich würde ja sagen, dass du dich melden sollst aber in diesen Zeiten. Ist einfach zu gefährlich..." Mir war bewusst auf Julien zu treffen, aber ich wüsste, dass ich es beenden würde. Heute wo es eigentlich beginnen sollte. Der Gedanke schmerzte.

"Ich weiß Cassie. Aber tu mir einen Gefallen und versuch wenigstens auf dich aufzupassen. Auch wenn es schwer wird." Ich nickte leicht, doch meien Worte waren eigentlich eine Lüge. Mir war es inzwischen ziemlich egal, ob ich starb. Ich wollte das Wann nur sehr stark hinauszögern.
"Werde ich Claire. Allein schon wegen Ric, aber ich werde dennoch bald endgültig Verräterin sein." Damit stand ich auf und sah sie mit einem knappen Lächeln an. "Auf Wiedersehen Cassie." - "Werd wieder Fit Claire. Bye." Damit verließ ich den Raum.



Cassie Kentwell [3] - The lost Lestrange ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt